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Biden durchwachsen bei NATO "Das ist der schlechtestmögliche Ausgang für die Demokraten"

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Bidens Auftritt bei der PK war keine Katastrophe, brachte die Zweifler aber auch nicht zum Verstummen.

Bidens Auftritt bei der PK war keine Katastrophe, brachte die Zweifler aber auch nicht zum Verstummen.

(Foto: IMAGO/Kyodo News)

US-Präsident Bidens Pressekonferenz zum Ende des NATO-Gipfels war ein Test. Kann er auch ohne Teleprompter einigermaßen flüssig reden? Das Medien-Echo fällt einigermaßen eindeutig aus.

Keine neue Superkatastrophe, aber auch nicht wirklich überzeugend - so könnte man das US-Medienecho auf die Pressekonferenz von US-Präsident Joe Biden zum Ende des NATO-Gipfels in Washington zusammenfassen. Ja, er hat sich wieder zwei, drei Fehltritte geleistet. Zum Beispiel bezeichnete er Donald Trump als seinen Vizepräsidenten, das blieb hängen. Zuvor hatte er schon Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj ausgerechnet mit Wladimir Putin verwechselt. Immerhin bemerkte er beide Fehler umgehend selbst und korrigierte sich.

Solche Patzer lassen sich allerdings noch einigermaßen weglächeln. Denn Biden war schon immer gut für Fettnäpfchen, sein Ruf eilt ihm dabei voraus. Diese Kritik verfolge Biden seit er sich 1988 das erste Mal um die Präsidentschaftskandidatur beworben habe, schrieb TV-Moderator und Ex-Politiker Joe Scarborough bei X. "Aber alles, was er tut, wird jetzt durch die Linse des ersten TV-Duells gesehen". Scarborough saß einst für die Republikaner im Repräsentantenhaus, moderiert seit Jahren die viel gesehene Sendung "Morning Joe" bei MSNBC, deren Kommentatoren meist pro-demokratisch argumentieren.

Seit dem TV-Duell bröckelt die Unterstützung für Biden. 17 Abgeordnete aus dem Repräsentantenhaus und ein Senator haben ihn mittlerweile zum Rückzug aufgefordert. Aber auch Hollywood-Star George Clooney ist von ihm abgerückt, was er medienwirksam via Gastbeitrag in der "New York Times" begründete.

Zweifel bleiben

Überhaupt die Medien - auch sie gehen auf Distanz. Die großen Zeitungen und TV-Sender lassen sich meist recht eindeutig einer politischen Richtung zuordnen. Die "New York Times" beispielsweise ist eindeutig pro-demokratisch. Ausgerechnet sie bringt seit dem TV-Duell einen Kommentar nach dem anderen, in denen Biden zur Aufgabe animiert wird. Auch bei der "Washington Post", ebenfalls überwiegend pro-demokratisch eingestellt, häufen sich entsprechende Beiträge. Die Debatte kreist um die einfache Frage: Ist Biden zu alt? Viele beantworten die Frage mit "ja". Übrigens auch der bereits erwähnte Moderator Scarborough. Bei "Morning Joe" forderte er Biden nach dem TV-Duell zum Rückzug auf.

Viele Journalisten scheinen wie in Lauerstellung: Wie lange hält Biden noch durch? Schafft er es, die Kritiker zu beruhigen? Vor diesem Hintergrund war die Pressekonferenz beim NATO-Gipfel spannend. Würde Biden es schaffen, mal ohne Teleprompter sich einigermaßen kohärent zu äußern? Das ist ihm tatsächlich gelungen. Aber Zweifel zu zerstreuen, das gelang ihm offenbar weniger.

Rachel Maddows, Kommentatorin beim eher linken Sender MSNBC, sagte in ihrer Sendung, Biden sei ein Meister der Außenpolitik. Das habe er als Senator, Vizepräsident und Präsident bewiesen. Er untergrabe diese Fakten aber durch sein Auftreten. Er unterbreche sich selbst, lasse Dinge weg und spreche teils mit leiser, monotoner Stimme. "Es gibt ein großes Missverhältnis zwischen seinem Präsentationsstil und seiner wirklich meisterhaften Beherrschung des Themas der Außenpolitik", sagte sie nach der Pressekonferenz.

David Axelrod, einst Berater von Präsident Barack Obama und mittlerweile Kommentator bei CNN und Podcaster ("Hacks on Tap"), schien ebenfalls nicht überzeugt. "Wenn es stimmt, was er am Ende der Pressekonferenz sagte, hat Bidens Team ihm offenbar nicht deutlich gemacht, was die Daten zeigen: Das Thema Alter ist riesig und möglicherweise unüberwindbar". Bidens Chancen auf einen Wahlsieg sei "sehr, sehr klein". Biden hatte in der Pressekonferenz gesagt, seine Berater hätten ihm keine Umfragen gezeigt, nach denen er keine Chance auf einen Wahlsieg mehr hätte. Gäbe es die, würde er möglicherweise ausscheiden, sagte der Präsident.

Mit dieser Äußerung beginnt die "New York Times" eine Analyse der Rede. Darin heißt es, Biden habe eine kompetente Präsentation abgeliefert, "fesselnd" sei die hingegen nicht gewesen. "Aber es blieb zweifelhaft, ob das genug war, um die Blutung schwindender demokratischer Unterstützung zu stoppen, die zu einem Blutsturz zu werden droht." Nur Minuten nach dem Ende der Pressekonferenz sei das "Tropf-Tropf-Tropf" von Kongressmitgliedern weitergegangen, die ihn zur Aufgabe drängen. Drei Abgeordnete forderten Biden kurz nach dem Termin zum Rückzug auf.

Kann er "Neurologe" sagen?

Im Bericht der "Washington Post" heißt es, Biden habe "Momente der Sprachkompetenz und Kontrolle" gezeigt, aber er sei auch über Worte gestolpert, habe Namen verwechselt und zum Teil "mäandernde Antworten" gegeben. Das Ergebnis sei eine "gemischte Performance" gewesen. Die Demokraten blieben "im Fegefeuer" - also zwischen Gut und Böse, ohne Klarheit, wie es weitergeht.

"Politico" titelt: "Biden macht Boden gut, aber sieht sich weiteren Rückzugsforderungen ausgesetzt". Das Portal zitiert den Abgeordneten Steve Cohen aus Tennessee mit den Worten: "Ich denke, er hat viele Leute davon überzeugt, dass er im Rennen bleiben sollte."

Die konservativ geprägte Boulevard-Zeitung "New York Post" ging ausführlich darauf ein, wie versteinert führende Minister wie Anthony Blinken und Lloyd Austin während der PK gewirkt hätten. Biden habe außerdem Probleme gehabt, das Wort "Neurologe" auszusprechen - was die Zeitung in Verbindung mit dem Verdacht bringt, der Präsident könnte an Parkinson leiden.

Der konservative Sender Fox News zitiert den ebenfalls konservativen Podcaster Josh Holmes ("Ruthless") mit den Worten: "Das ist der schlechtestmögliche Ausgang für die Demokraten. Mehrere verbale Fettnäpfchen. Nichts, um die Nerven zu beruhigen. Aber auch nicht genug, um seine Kandidatur zu stoppen."

Quelle: ntv.de

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