Politik

Abschottung im Norden und Osten Deutsche Nachbarn machen Grenzen dicht

Tschechien hat seine Grenzen inzwischen geschlossen.

Tschechien hat seine Grenzen inzwischen geschlossen.

(Foto: imago images/CTK Photo)

Es ist der Kern des Schengen-Raums - offene Grenzen. Doch in Zeiten der Corona-Pandemie rücken viele Länder davon ab. So soll eine weitere Verbreitung gebremst werden. Die EU ist von der Aufgabe der Grenzfreiheit wenig begeistert. Frankreichs Präsident Macron ringt um Alternativen.

Immer mehr Nachbarn Deutschlands schließen ihre Grenzen. Nach Tschechien haben nun auch Dänemark und Polen entsprechende Schritte angekündigt. Damit solle einer weiteren Ausbreitung von Sars-CoV-2 entgegengewirkt werden. In Deutschland hat Baden-Württemberg stärkere Kontrollen an der Grenze zu Frankreich angekündigt. "Es gehört jetzt auch dazu, dass wir dort, wo es notwendig ist, den internationalen Grenzverkehr stärker kontrollieren", sagte Innenminister Thomas Strobl. Auch im Saarland gibt es Kontrollen. EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen kritisierte die einseitige Einführung von Einreisestopps oder Grenzkontrollen in der EU. "Was wir tun können und sollten, ist, Gesundheitschecks durchzuführen", sagte sie. Sie kündigte dafür Leitlinien an.

Dänemark wird am morgigen Samstag um 12 Uhr seine Grenze zu Deutschland und Schweden schließen sowie im geringeren Umfang auch die Übergänge nach Norwegen. Die Maßnahme gilt zunächst bis Ostern, wie Ministerpräsidentin Mette Frederiksen sagte. Es würden Grenzkontrollen durch Polizei und Militär eingeführt. Touristen und andere Ausländer ohne konkreten Grund für eine Einreise kämen nicht mehr ins Land. Für Lastwagenfahrer, die Waren über die Grenze bringen, gilt das nicht, wie Justizminister Nick Hækkerup sagte. Dänen könnten jederzeit in ihr Heimatland zurückkehren. Außenminister Jeppe Kofod sagte: "Die Dänen, die im Ausland sind und dort leben, dürfen dort gerne bleiben. Dänen im Urlaub werden aber aufgefordert, jetzt nach Hause zu kommen."

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Dänemark hatte als eines der ersten Länder Europas bereits am Mittwochabend die Schließung seiner Schulen und Kindertagesstätten angekündigt. Inzwischen haben viele Staaten Europas nachgezogen. Kommende Woche etwa kommt der Kita- und Schulbetrieb in Deutschland zum Erliegen.

Zuvor hatte sich die Zahl der bestätigten Infektionsfälle in Dänemark drastisch erhöht. Frederiksen sprach von 801 bestätigten Infektionsfällen. 23 Menschen liegen demnach im Krankenhaus, vier davon auf der Intensivstation. Zwei befänden sich in einem kritischen Zustand.

Polen fährt das öffentliche Leben herunter

Wenig später kündigte Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki an, das Land lasse von Sonntag an keine Ausländer mehr einreisen. Zudem sollen Polen, die in ihr Heimatland zurückkehren, zwei Wochen unter Quarantäne gestellt werden. Die Maßnahmen gelten nach Angaben der Regierung zunächst für zehn Tage, könne aber um weitere 20 Tage verlängert werden. Polen hatte am gestrigen Donnerstag den ersten Todesfall in dem Land durch das Coronavirus bekanntgegeben. Landesweit haben sich bislang 68 Menschen mit dem Erreger infiziert.

Polen wird außerdem alle Geschäfte in Einkaufszentren schließen - mit Ausnahme von Lebensmittelläden und Apotheken. Kneipen, Bars, Spielcasinos und Restaurants bleiben ebenfalls geschlossen. Lokale dürften aber einen Lieferservice betreiben, sagte Morawiecki. Ebenso werden Veranstaltungen mit mehr als 50 Teilnehmern untersagt. "Dies sind schwierige Entscheidungen, aber mit ihnen können wir noch härtere Zeiten vermeiden."

Tschechien: Vorsätzliche Gefährdung ist Straftat

Tschechien hat derweil seine Maßnahmen erneut verschärft und riegelt wegen der Coronavirus-Gefahr seine Grenzen fast vollständig ab. Das Kabinett in Prag beschloss, dass allen Ausländern die Einreise untersagt wird, nicht mehr nur denjenigen aus Risikogebieten. Zugleich werden allen tschechischen Staatsbürgern und Ausländern mit Daueraufenthalt in dem EU-Mitgliedstaat ab Montag Reisen ins Ausland verboten.

Die vorsätzliche Gefährdung von Menschen durch die Krankheit soll zur Straftat erklärt werden. Sonderregelungen gibt es für Arbeitspendler in einem Streifen von 50 Kilometern Tiefe beiderseits der Grenze zu Deutschland und Österreich, für Lkw-Fahrer und für Diplomaten. Ausländer mit festem Wohnsitz in Tschechien dürfen zwar noch einreisen, aber bis auf weiteres nicht wieder ausreisen. In Tschechien gilt inzwischen der Ausnahmezustand.

Zudem wurden die Quarantänemaßnahmen ausgeweitet. Menschen, die aus Deutschland, der Schweiz, Österreich und 12 weiteren sogenannten Risikogebieten zurückkehren, müssen sich ab sofort für zwei Wochen in häusliche Absonderung begeben.

Die scharfen Kontrollen an den Grenzen des EU-Mitgliedstaats beginnen in der Nacht zu Samstag. Laut Innenminister Jan Hamacek werden mehr als 2000 Soldaten und mindestens ebenso viele Polizisten eingesetzt. In Tschechien gab es bis zum Morgen 117 bestätigte Infektionen mit dem neuartigen Coronavirus.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron spricht sich in der Debatte für strengere Kontrolle und Einreisebeschränkungen an den Grenzen des Schengenraums aus, nicht aber für Grenzschließungen. Dies habe er von der Leyen vorgeschlagen, wie Élyséekreise bestätigten. Ziel sei es, die Reiseströme aus Gebieten, in denen das Virus verstärkt auftritt oder künftig auftreten wird, sowie aus Drittländern zu begrenzen. So soll Druck von den Gesundheitssystemen der Länder im Schengenraum genommen werden. Diese Maßnahme werde derzeit geprüft, die Gespräche zwischen den europäischen Partnern würden am Wochenende fortgesetzt, hieß es weiter.

Das Schengener Abkommen garantiert seit 1995 Reisefreiheit in Europa. Grenzkontrollen finden grundsätzlich nur an den Außengrenzen des Schengenraums aus 26 Staaten statt. Neben Bürgern profitiert auch die Wirtschaft: Güter können schneller und besser planbar zu Abnehmern gebracht werden, was auch die Kosten senkt.

Neben 22 EU-Ländern einschließlich Deutschlands gehören dem Schengenraum auch Norwegen, Island, die Schweiz und Liechtenstein an. Von den EU-Mitgliedern entschied sich Irland gegen einen Beitritt. Zypern, Rumänien, Bulgarien und Kroatien wollen beitreten.

Quelle: ntv.de, jwu/rts/dpa/AFP

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