Krise nicht vergessen Deutschland stockt Syrienhilfen um eine Milliarde auf
15.06.2023, 18:29 Uhr Artikel anhören
Fast fünfeinhalb Millionen Syrer sind in Nachbarländer geflüchtet.
(Foto: picture alliance/dpa/AP)
Krieg, Dürre und Erdbeben - die Menschen in und aus Syrien brauchen weiter Hilfe. Bei der siebten Geberkonferenz stockt Berlin die deutschen Zusagen auf mehr als 17 Milliarden Euro auf. Von dramatischen Finanzproblemen berichtet derweil das Welternährungsprogramm - für zwei Millionen Menschen reicht es nicht mehr.
Bei der Geberkonferenz für Syrien in Brüssel hat die Bundesregierung insgesamt 1,05 Milliarden Euro zugesagt, um die Flüchtlingskrise in Syrien und der Region zu bewältigen. "Es wäre ein fataler Fehler, die Syrienkrise jetzt zu vergessen", erklärte Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze. Die "zerstörerische Mischung aus Bürgerkrieg, Massenflucht, Dürrekatastrophe und Erdbeben" habe "katastrophale Folgen". Die Europäische Union sagte ihrerseits weitere Hilfsgelder in Höhe von 560 Millionen Euro bei dem Treffen zu.
Damit habe Deutschland seit 2012 insgesamt mehr als 17 Milliarden Euro zugesagt, um Menschen in Syrien und den Nachbarstaaten zu unterstützen, sagte die SPD-Politikerin weiter. Die bei der zum siebten Mal stattfindenden Konferenz zugesagten Gelder aus Deutschland kommen den Angaben nach aus dem Entwicklungsministerium und dem Auswärtigen Amt.
Es sei wichtig, so zu investieren, dass die Betroffenen sich selbst helfen könnten, gab Schulze an. "Mit unserer Zusage finanzieren wir zum Beispiel die Reparatur von Trinkwasserleitungen, statt Trinkwasser in Kanistern zu liefern", fuhr sie fort. "Wir unterstützen Landwirte beim Anbau von Getreide, damit sie keine Lebensmittelhilfe mehr brauchen." Auch investiere Deutschland etwa in Schulen für Kinder in Flüchtlingslagern.
500.000 Tote im Bürgerkrieg
"Unglücklicherweise gab es in den vergangenen Jahren wenig Fortschritte, sehr wenig Fortschritte, hin zu einer Lösung des Syrienkonflikts", sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell bei der Konferenz. Er unterstrich, dass die Gelder für die syrische Bevölkerung bestimmt seien - nicht für die von Machthaber Baschar al-Assad geführte Regierung in Damaskus. Die EU hatte in diesem Jahr bereits im März bei einer separaten Konferenz im Nachgang des katastrophalen Erdbebens in der Türkei und Syrien 950 Millionen Euro für die syrische Bevölkerung zugesagt.
In dem 2011 nach der Niederschlagung von Protesten einsetzenden Konflikt in Syrien wurden bis heute mehr als 500.000 Menschen getötet. Nach Angaben der UNO wurden mehr als zwölf Millionen Syrer vertrieben, die meisten innerhalb der Landesgrenzen. 5,4 Millionen Menschen leben als Flüchtlinge in den Nachbarländern. Das verheerende Erdbeben Anfang Februar traf Syrien zusätzlich schwer.
Assad hatte sich mit russischer und iranischer Unterstützung an der Macht gehalten. Vormals international geächtet, war die Wiederaufnahme Assads in die Arabische Liga im Mai ein großer symbolischer Erfolg für den Machthaber in Damaskus.
Welternährungsprogramm kürzt Hilfen - Geld fehlt
Die Zusagen kamen kurz nachdem das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) mitgeteilt hatte, seine Lebensmittelhilfen in Syrien wegen fehlender Finanzmittel drastisch kürzen zu müssen. "Eine beispiellose Finanzierungskrise" zwinge das WFP in Syrien dazu, statt der bedürftigen 5,5 Millionen Menschen künftig nur noch 3 Millionen Menschen mit Grundnahrungsmitteln zu versorgen, hatte die Organisation mitgeteilt.
Die Entscheidung sei getroffen worden, "nachdem alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft wurden". Die "extrem begrenzten" Mittel des WFP sollten gestreckt werden, um den "drei Millionen Syrern zu helfen, die es ohne Lebensmittelhilfe nicht von einer Woche zur nächsten schaffen". Wenn das WFP weiterhin 5,5 Millionen Menschen versorge, seien die Vorräte bis Oktober vollständig aufgebraucht. "Eine weitere Verkleinerung der Rationen ist unmöglich. Unsere einzige Lösung ist, die Zahl der Empfänger zu verkleinern", sagte der WFP-Vertreter in Syrien, Kenn Crossley.
Quelle: ntv.de, jwu/AFP/dpa