Kommunalwahlen in NRW Die AfD sendet eine Botschaft wie ein Faustschlag


Das Ergebnis der Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen legt eine Stabilität nahe, die sich noch als trügerisch erweisen kann. Das starke Wachstum der AfD ist ein Schlag auf den Tisch. Union und SPD muss das aufrütteln.
Ein bisschen wohlige Wärme war am Wahlabend in Nordrhein-Westfalen zu spüren. Was für ein Ergebnis! Fast schon ein Kurzurlaub von bundesweiten Umfragen: Die CDU über 30 Prozent, die SPD über 20, die AfD unter 20, Grüne locker zweistellig - was will man mehr? Der Westen bleibt stabil. Oder?
Nicht ganz. Denn die AfD verdreifachte ihren Wert von den Kommunalwahlen 2020. Sie bestätigte ihr starkes Ergebnis von der Bundestagswahl in Nordrhein-Westfalen. Eine wachsende Zahl von Menschen wendet sich auch im tiefen Westen von den etablierten Parteien ab und wählt die AfD. Das gleicht einem Faustschlag auf den Tisch.
Wobei man fragen muss: Hat sich die AfD nicht inzwischen auch etabliert? Der Bundesvorsitzende Tino Chrupalla sagte gar, die AfD sei Volkspartei geworden. Fakt ist: Die Wahlergebnisse sind auch in den meisten alten Bundesländern konstant zweistellig. In Nordrhein-Westfalen kommt sie nun auf 15 Prozent und liegt damit auf dem Niveau ihres Ergebnisses, das sie bei der Bundestagswahl im bevölkerungsreichsten Bundesland einfuhr. Sogar etwas darunter.
Damit war zu rechnen, man konnte durchaus mehr befürchten. Bei Kommunalwahlen geht es natürlich um die Themen vor Ort und die Menschen, die kandidieren. Aber bei mehr als 13 Millionen Wahlberechtigten lässt sich auch von einem Stimmungstest für den Bund sprechen.
Probleme gehen nicht weg
Zumal viele Probleme in den Städten und Gemeinden nur von der Bundesregierung angepackt werden können. Wie die Schrottimmobilien im Ruhrgebiet. Verfallende Häuser, die irgendwem gehören, und die die Städte nicht enteignen können. Dafür aber das Lebensgefühl in ganzen Stadtteilen ruinieren. Die zum Sinnbild für einen handlungsunfähigen Staat werden. Genau wie die Abschiebungen, die zu selten gelingen. Die öffentliche Sicherheit, die durch tödliche Messerangriffe infrage gestellt wird. Zu viele Schulkinder, die nicht richtig Deutsch sprechen können. Dazu die teuren Lebensmittel, steigende Mieten.
Und zugegeben, es ist ja nicht falsch: Dieser Stimmungstest ging einigermaßen glimpflich für Schwarz-Rot aus. Das ist eine gute Nachricht für alle, denn es nimmt Union und SPD ein wenig den Druck, sich ständig öffentlich aufzuplustern und aufzuspielen. Weil man meint, man müsse das tun angesichts schwacher Umfragen. Stattdessen bietet sich die Chance, auf Bundesebene konzentriert weiterzuregieren.
Aber natürlich gilt ebenso: Wenn es ein Stimmungstest für den Bund war, war es auch ein Stimmungstest für die schwarz-grüne Landesregierung. Und da brachen die Grünen ein, während die von Hendrik Wüst geführte CDU stabil blieb. Falls Bundeskanzler Friedrich Merz am Sonntagabend einen Stoßseufzer der Erleichterung ausstieß, kann er sich auch bei dem beliebten Ministerpräsidenten bedanken.
Doch gerade in diesen Krisenzeiten reicht es nicht, das Ausbleiben von Hiobsbotschaften als Erfolg zu feiern. Die AfD hat in NRW nicht abgeräumt, aber die Probleme bleiben.
Nächstes Jahr fünf Landtagswahlen
Die Botschaften des Wahlergebnisses sind deutlich. Die Partei, die gegen Zuwanderung und Klimaschutz ist, gewinnt massiv. Die Partei, die für Familiennachzug und das Heizungsgesetz ist, verliert fast ebenso massiv. Die AfD ist im Plus, die Grünen sind im Minus. Wirtschaft und Migration waren die bestimmenden Themen dieser Wahl.
Die Bundesregierung ist an diesen Themen dran. Grenzkontrollen, demnächst offenbar verstärkte Abschiebungen nach Afghanistan und Entlastungen für die Wirtschaft sind beschlossen. Ein Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaschutz soll gerade hoch verschuldeten Städten helfen. Man kann nicht erwarten, dass über Nacht alles besser wird. Die Dinge brauchen Zeit.
Doch die Zeit läuft, wie in einer Sanduhr. Man kann ziemlich genau sagen, wie lange Schwarz-Rot noch hat: bis zum nächsten Jahr. Dann stehen fünf Landtagswahlen an. Das wird dann wirklich ein Stimmungstest. In Sachsen-Anhalt ist die absolute Mehrheit für die AfD nicht auszuschließen. Das wäre dann kein Schlag auf den Tisch mehr, sondern fünf Jahre Macht an der Spitze eines Bundeslandes.
Quelle: ntv.de