Nach Tod von junger Frau Drei Tote bei Protesten im Iran
20.09.2022, 22:21 Uhr
"Komplett organsiert": Der Gouverneur Teherans sieht die Proteste nicht als Werk normaler Menschen an.
(Foto: picture alliance / AA)
Der mutmaßlich gewaltsame Tod einer jungen Iranerin im Teheraner Polizeigewahrsam treibt Menschen in vielen Städten des Landes auf die Straßen. Drei Demonstranten sollen getötet worden sein. Flaggen gehen in Flammen auf und Khomeini-Porträts werden abgerissen.
In Iran sind während Protesten wegen des ungeklärten Todes einer jungen Frau nach ihrer Festnahme durch die Teheraner Sittenpolizei drei Menschen ums Leben gekommen. Das erklärten die iranischen Behörden und Menschenrechtsaktivisten. Dem Gouverneur der westiranischen Provinz Kurdistan zufolge seien die Todesfälle "verdächtig" und nicht auf die Sicherheitskräfte zurückzuführen. "Ein Bürger wurde mit einer Waffe getötet, die nicht von den Sicherheitskräften benutzt wird", sagte Esmail Sarei Kuscha. Die tote 22-Jährige stammte aus Kurdistan und war bei einem Besuch in Teheran festgenommen worden.
Nach Angaben der kurdischen Menschenrechtsgruppe Hengaw wurden am Montag in Kurdistan drei Menschen getötet, nachdem die Sicherheitskräfte das Feuer eröffneten. Die iranischen Behörden machen eine orchestrierte Kampagne für die Proteste verantwortlich. Die Hauptelemente der Versammlungen am Montagabend in Teheran seien "komplett organisiert, trainiert und geplant, um Störungen in Teheran zu schaffen", schrieb der Gouverneur der Hauptstadt Mohsen Mansouri auf Twitter in der Nacht zu Dienstag. "Die Flagge zu verbrennen, Diesel auf die Straße zu schütten, Steine zu werfen, die Polizei anzugreifen, Motorräder und Mülltonnen anzuzünden, öffentliches Eigentum zu zerstören, etc, ist nicht das Werk normaler Menschen", fügte er hinzu.
Auslöser der Proteste ist der Tod der 22-jährigen Mahsa Amini, die am Freitag in einem Krankenhaus in Teheran gestorben war. Sie war zuvor von der Sittenpolizei festgenommen worden wegen des Vorwurfs, gegen die strengen Hidschab-Vorschriften verstoßen zu haben. In sozialen Medien war spekuliert worden, Amini sei geschlagen worden. Innenminister Abdolresa Rahmani Fasli und die Polizei wiesen diese Darstellung zurück. Dennoch leiteten die Behörden Ermittlungen ein.
Videos zeigen Wut von Frauen
Auf Videos sind seitdem Proteste in mehreren Städten Irans zu sehen, mit Frauen, die ihre Kopftücher demonstrativ abstreifen und ihre Haare abschneiden. Schon in den vergangenen Monaten haben Menschenrechtsaktivisten Frauen im Iran verstärkt aufgefordert, ihre Schleier öffentlich abzulegen. Damit würden sie aber gegen die islamische Kleiderordnung verstoßen, und die iranischen Machthaber gehen teils hart gegen ein nach ihrer Ansicht "unmoralisches Verhalten" vor. Nach der Scharia - dem islamischen Recht, das nach der Revolution von 1979 eingeführt wurde - sind Frauen verpflichtet, ihr Haar zu bedecken und lange, locker sitzende Kleidung zu tragen, um ihre Figur zu verschleiern. Wer dagegen verstößt, muss mit öffentlicher Rüge, Geldstrafen oder Verhaftung rechnen.
Die Entwicklungen sorgen auch in Deutschland zunehmend für Diskussionen. "Mutige Menschen demonstrieren überall im Iran gegen ein verbrecherisches Regime, das die Menschenrechte mit Füßen tritt", schrieb FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai, der aus dem Iran stammt, auf Twitter. "Solidarität allein reicht nicht. Wir brauchen eine andere Politik Iran gegenüber, auch in der EU."
Außenministerin Annalena Baerbock forderte die iranische Regierung nach dem Tod der 22-Jährigen auf, Frauenrechte als Menschenrechte anzuerkennen. "Die Frauen, die jetzt in Iran auf die Straße gehen, fordern die Freiheit, sich selbst zu entfalten - und zwar ohne dabei um ihr Leben bangen zu müssen", sagte die Grünen-Politikerin am Rande der UN-Vollversammlung in New York. Baerbock ergänzte: "Diese Frauen fordern Rechte ein, die allen Menschen zustehen - nichts anderes als ihre unumstößlichen Menschenrechte."
Quelle: ntv.de, mau/rts