SPD, CDU, "Sachsen-Bashing" Dresdner Koalition zofft sich ums Image
20.10.2016, 17:14 Uhr
Sachsens Ministerpräsident Tillich (r.) und sein Vize Dulig im Dresdner Landtag.
(Foto: picture alliance / dpa)
Äußerungen des stellvertretenden Ministerpräsidenten lösen in Sachsen einen Koalitionskrach aus. Aus der CDU kommen Vorwürfe gegen SPD-Politiker Dulig, der die Sicherheitsbehörden des Landes kritisiert hatte. Regierungschef Tillich schweigt.
Nach etlichen fremdenfeindlichen Gewalttaten, Pegida-Demonstrationen und dem Suizid des Terrorverdächtigen Jaber al-Bakr gibt es in Sachsen einen handfesten Koalitionskrach ums rechte Image des Bundeslandes. Die sächsische CDU warf Vizeministerpräsident Martin Dulig von der SPD vor, sich zum "Kronzeugen" eines "Sachsen-Bashings" zu machen.
Der SPD-Landesvorsitzende und Wirtschaftsminister hatte Polizei und Ordnungsbehörden in Sachsen in einem "Stern"-Interview eine "inakzeptable Laisser-faire-Haltung" gegenüber demokratischen Grundprinzipien und der CDU mangelnden Änderungswillen attestiert.
"Mindestmaß an Loyalität erwarten"
Dulig "schadet unserem Land durch sein Auftreten", sagte CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer. "Mit einem solchen Generalverdacht gegenüber der Polizei und Justiz isoliert sich Martin Dulig." Wenn er ein so großes Misstrauen gegenüber den Beamten und Angestellten des Freistaates hege, "wie kann er auf Dauer mit diesem Konflikt zurechtkommen?" Von einem Staatsminister dürfe man "ein Mindestmaß an Loyalität gegenüber der Gesellschaft erwarten", sagte Kretschmer.
Dulig wies den Vorwurf zurück. "Ich bin Vorsitzender der sächsischen SPD, einer selbstbewussten Regierungspartei in Sachsen, und nicht das Anhängsel einer CDU", sagte er. "Wenn man etwas verändern will, dann muss man erst einmal kritikfähig sein." Er sei bereit, seine Verantwortung wahrzunehmen. "Wenn die anderen aber keine Fehler sehen, ist man auch nicht bereit, Dinge zu verändern."
"Komplett versagendes Krisenmanagement"
Kretschmer stellte eine Verbindung der Kritik Duligs zum bevorstehenden SPD-Parteitag in Chemnitz her, wo der Parteichef sich wohl ein gutes Wahlergebnis erhoffe. "Ich hoffe im Interesse aller Demokraten und unseres Freistaates Sachsen, dass nach dem SPD-Parteitag am Wochenende wieder Vernunft und Sachlichkeit die Oberhand gewinnen und Ruhe in die aktuellen Debatten einzieht."
SPD-Generalsekretärin Daniela Kolbe wies den Vorwurf zurück. Die Kritik Duligs habe mit dem Parteitag nichts zu tun. Vielmehr gehe es um ein Problem, das nicht erst seit fremdenfeindlichen Krawallen wie in Clausnitz von der SPD auch thematisiert werde.
Linken-Fraktionschef Rico Gebhardt fragte sich angesichts des öffentlichen Duells zwischen CDU-Generalsekretär und SPD-Chef, "ob die Herren Tillich und Dulig überhaupt noch miteinander sprechen". Offenbar verfüge Tillich über keinerlei Steuerungskompetenz, "geschweige denn Amtsautorität" mehr. Es gehe hier nicht um einen "Sandkasten-Streit", sondern "um ein bereits seit Jahren komplett versagendes Krisenmanagement". Erneut forderte Gebhardt Tillich auf, in einer Regierungserklärung klarzumachen, "wie er das Heft des Handels wieder in die Hand zu bekommen beabsichtigt".
Zuletzt hatte in Sachsen die parlamentarische Aufarbeitung des Falls Al-Bakr begonnen. Innen- und Rechtsausschuss des Landtags wollten die Hintergründe der Fahndung nach dem 22-Jährigen Terrorverdächtigen und dessen späteren Suizid durchleuchten. Die Staatsregierung war wegen des Falls heftig kritisiert worden und beauftragte eine vierköpfige Expertenkommission unter Leitung des früheren Richters am Bundesverfassungsgericht, Herbert Landau, mit der Prüfung der Vorgänge.
Quelle: ntv.de, mli/dpa