Einigung auf Milliardenzuschüsse EU-Staaten überstimmen Merkel und Macron
20.07.2020, 18:24 Uhr
Die Kanzlerin hat viel erreicht, aber weniger als gewünscht.
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Mit 500 Milliarden Euro wollen Deutschland und Frankreich schwer angeschlagenen EU-Staaten in der Corona-Krise unter die Arme greifen. Doch weil die Hilfen nicht zurückgezahlt werden müssen, stellt sich ein einflussreicher Block quer - mit Erfolg.
Die EU-Staaten haben sich auf die Höhe der Zuschüsse bei den geplanten Corona-Hilfen geeinigt. Nach Angaben von Diplomaten sollen aber nur 390 Milliarden Euro bereitgestellt werden, nicht wie von Deutschland und Frankreich gefordert Zuschüsse über 500 Milliarden Euro. Und es ist nur ein Teil des Gesamtpakets, um das am vierten Tag des Sondergipfels immer noch gerungen wurde. Eine weitere lange Verhandlungsnacht wird erwartet.
Die Zuschüsse müssen nicht zurückgezahlt werden. Österreich, Dänemark, Schweden, die Niederlande und Finnland hatten sich deshalb für eine Verringerung der Hilfen eingesetzt. Sie wollten ursprünglich am liebsten nur Kredite und gar keine Zuschüsse vergeben, um Länder wie Italien zu einer beherzteren Reformpolitik zu bewegen. Besonders kritisch wurden die Pläne auch deswegen gesehen, weil die EU für das Konjunktur- und Investitionsprogramm erstmals in großer Dimension gemeinsame Schulden aufnehmen will.
Dafür legte EU-Ratschef Charles Michel nach eigenen Angaben den 27 EU-Staaten am Montagabend einen umfassenden neuen Kompromissvorschlag vor, die sogenannte Verhandlungsbox. Diese sei Ergebnis unglaublich intensiver Gespräche mit allen Beteiligten und "die Frucht kollektiver Arbeit", sagte der Belgier. Zwar seien die letzten Schritte immer die schwierigsten. Aber: "Ich bin überzeugt, dass eine Einigung möglich ist."
Das große Paket steht noch aus
Beim EU-Sondergipfel verhandeln Bundeskanzlerin Angela Merkel und die anderen 26 Staats- und Regierungschefs bereits seit Freitagvormittag in Brüssel über ein milliardenschweres Konjunkturprogramm, das die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie abfedern soll. Zudem muss eine Einigung über den langfristigen EU-Haushalt erzielt werden. Insgesamt geht es um rund 1,8 Billionen Euro. Eigentlich sollte der Gipfel nur zwei Tage dauern.
Merkel hatte sich zuletzt optimistisch gezeigt: "Wir haben gestern Nacht nach langer Verhandlung einen Rahmen für eine mögliche Einigung erarbeitet. Das ist ein Fortschritt", sagte die Kanzlerin. Genauso wie Merkel warnte der französische Präsident Emmanuel Macron aber auch, das große Finanzpaket sei noch nicht in trockenen Tüchern. Merkel hat bei dem Gipfel eine Vermittlerrolle, weil Deutschland seit 1. Juli den Vorsitz der 27 EU-Staaten führt.
Noch offen ist bislang eine Einigung über den langfristigen EU-Haushalt. Sie ist die Voraussetzung für den Start des Hilfspakets. Weiterer Streit ist programmiert. So ist zum Beispiel die Frage offen, wie beziehungsweise ob die Vergabe von EU-Mitteln künftig vom Engagement beim Klimaschutz und von der Einhaltung rechtsstaatlicher EU-Standards abhängig gemacht werden soll. Länder wie Polen lehnen das ab.
Quelle: ntv.de, chr/dpa