Späterer StartEU schwächt Waldschutzgesetz abermals ab

Die EU-Staaten einigen sich 2023 darauf, Wälder besser zu schützen. Ein neues Gesetz soll dies regeln. In Kraft tritt es aber nicht sofort, die Vorschriften werden mehrmals verschoben. Jetzt werden sie industriefreundlicher - und erneut vertagt.
Die EU verschiebt ihr Verkaufsverbot für Kaffee, Kakao und Palmöl aus Abholzungsgebieten um ein weiteres Jahr. Vertreter aus dem Europaparlament und dem Rat der 27 EU-Länder einigten sich am Abend darauf, dass die Vorschriften für große Unternehmen Ende 2026 greifen sollen, für kleine Unternehmen sogar erst Mitte 2027. Bis dahin soll es Verhandlungen über ein weiteres Abschwächen des Gesetzes geben.
Auch werden im jetzigen Schritt die Berichtspflichten für Unternehmen gelockert. Künftig müssen nur noch diejenigen Unternehmen, die ein Produkt erstmals auf den EU-Markt bringen, eine Sorgfaltserklärung abgeben. Händler und nachgelagerte Unternehmen in der Lieferkette sind von dieser Pflicht befreit. Nach Angaben der EU-Staaten sind zudem bestimmte Druckerzeugnisse wie Bücher und Zeitungen aus dem Anwendungsbereich der Verordnung gestrichen worden.
Das EU-Gesetz für entwaldungsfreie Lieferketten verbietet den Verkauf von Produkten, deren Anbaugebiete nach 2020 abgeholzt wurden. Neben Kaffee, Kakao und Palmöl gilt dies auch für Soja, Kautschuk und Rindfleisch. Unternehmen sollen die Einhaltung mit Hilfe von satellitengestützten Ortsdaten in den Anbauländern sicherstellen und an Brüssel berichten.
Der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber hatte das Gesetz in seiner ursprünglichen Form als "Bürokratiemonster" bezeichnet. Die Grünen-Europabgeordnete Anna Cavazzini schätzt, dass die erneute Verschiebung zu hunderttausenden Hektar mehr zerstörtem Wald führen wird. Dabei stehe der Amazonas kurz vor dem Kipppunkt, und die Klima- sowie die Biodiversitätskrise nähmen immer weiter Fahrt auf.
Das Gesetz wurde 2023 verabschiedet, die Vorschriften greifen aber noch nicht. Wegen viel Kritik war das Inkrafttreten bereits verschoben worden. Etwa befürchten Waldbesitzer und Unternehmen der Lebensmittelindustrie einen zu hohen Verwaltungsaufwand. International hagelte es Beschwerden von Handelspartnern der EU, darunter Brasilien und Indonesien, weil die Anforderungen aus Brüssel am Ende bei den Bauern vor Ort liegen.
Neuer Stichtag für die Regeln soll nun der 30. Dezember des kommenden Jahres sein. Europaparlament und EU-Staaten sprachen sich zudem für eine grundsätzliche Überarbeitung im Frühjahr aus, die das Gesetz weiter "vereinfachen" soll. In welcher Form das Gesetz letztlich greifen wird, ist deshalb weiter unklar. Umweltschützer befürchten eine weitgehende Entkernung der Vorgaben.