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Ungarn-Veto umgangen EU enteist 1,4 Milliarden russische Gewinne für Ukraine

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Flugabwehrraketensysteme stehen bei der Ukraine ganz oben auf der Wunschliste. Mit dem Geld soll die Luftverteidigung des Landes verstärkt werden.

Flugabwehrraketensysteme stehen bei der Ukraine ganz oben auf der Wunschliste. Mit dem Geld soll die Luftverteidigung des Landes verstärkt werden.

(Foto: picture alliance/dpa)

Gegen den Willen Ungarns einigen sich die EU-Außenminister auf eine Militärhilfe für die Ukraine. Dafür sollen Zinserträge aus eingefrorenem Vermögen der russischen Zentralbank in der EU verwendet werden. Für Ungarn ist damit eine "rote Linie" überschritten worden.

Die Ukraine erhält von der Europäischen Union ab Juli weitere Militärhilfe von 1,4 Milliarden Euro. Dafür machten die EU-Außenminister in Luxemburg den Weg frei, wie der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell mitteilte. Damit stellt die EU Kiew erstmals Zinsgewinne aus eingefrorenem russischen Vermögen zur Verfügung. Bisher blockierte Ungarn die Freigabe der Mittel. Die Außenminister einigten sich aber auf eine Methode, die Russland-nahe Regierung in Budapest zu umgehen.

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell legte den Außenministern dazu nach eigenen Angaben eine juristische Einschätzung vor. Danach muss Ungarn der Auszahlung der ersten Tranche nicht mehr explizit zustimmen. Denn zuvor hatte es bereits Grundsatzbeschlüsse zur Verwendung der Gelder gegeben, bei denen sich die Regierung von Viktor Orban konstruktiv enthalten hatte. "Der (EU-)Vertrag sieht legale Wege vor, um voranzukommen", betonte Borrell.

Ungarn protestierte scharf gegen die geplante Auszahlung der 1,4 Milliarden Euro. Außenminister Peter Szijjarto sprach in einem auf Facebook veröffentlichten Video von einer "roten Linie", die die anderen 26 Länder überschritten hätten. Ungarn prüfe nun seinerseits juristische Schritte. Er warf den EU-Partnern eine Missachtung der ungarischen Entscheidungsbefugnisse und einen "beispiellosen Verstoß gegen gemeinsame europäische Regeln" vor. Es sei Heuchelei, dass man für Rechtsstaatlichkeit und demokratische Werte eintrete, gleichzeitig aber selbst gegen die Regeln verstoße, kritisierte er.

Borrell zufolge ist später eine weitere Tranche für Kiew geplant. In diesem Jahr stehen nach EU-Angaben rund drei Milliarden Euro aus den Zinsgewinnen zur Verfügung. Insgesamt hat die EU mehr als 200 Milliarden Euro Reserven der russischen Zentralbank eingefroren.

Deutschland soll mit Geldern Ausrüstung für Ukraine beschaffen

Die rund 1,4 Milliarden Euro Zinserträge zu nutzen, war bereits vor mehreren Wochen von der EU grundsätzlich beschlossen worden. Wegen der ungarischen Veto-Politik war aber zunächst unklar, wann sie verwendet werden können. Nun ist geplant, dass das Geld in den nächsten Wochen an Länder wie Deutschland oder Tschechien fließt, die der Ukraine damit zeitnah Ausrüstung für die Luftverteidigung oder Artilleriegeschosse zur Verfügung stellen.

Dass die Entscheidung nicht wie üblich einstimmig getroffen werden muss, begründen die anderen EU-Staaten auch damit, dass Ungarn sich bei der Grundsatzentscheidung zur Verwendung der eingefrorenen Gelder enthalten habe. Dies wird nun so interpretiert, dass auch alle Folgeentscheidungen dazu ohne Ungarn getroffen werden können.

Die G7-Staaten hatten der Ukraine kürzlich einen Kredit von 50 Milliarden Euro zugesagt. Er soll ebenfalls aus den Zinsen von eingefrorenem russischen Vermögen finanziert werden und bis Ende des Jahres zur Verfügung stehen. Die EU-Finanzminister hatten sich am Freitag erstmals grundsätzlich mit diesem Plan befasst. Im Laufe des Juli werden konkrete Vorschläge zur Umsetzung erwartet.

Quelle: ntv.de, gut/AFP/dpa

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