

Butscha. Mariupol (Bild). Bachmut.
Diese und viele andere ukrainische Orte sind vor zwei Jahren den meisten Menschen in Westeuropa kaum bekannt.
Ein verheerender Krieg ändert dies.
Aus dem großangelegten russischen Angriff ist im zweiten Kriegsjahr ein Stellungskrieg geworden, …
… in dem bisher keine Seite dauerhaft die Oberhand gewinnen kann.
Es ist eine Materialschlacht um wenige Meter, um jede Ortschaft.
Gewinner gibt es ohnehin nicht, angesichts der vielen Toten, …
... unzähligen Verletzten und ...
… gewaltigen Zerstörungen.
Das russische Ziel, die Ukraine schnell zu unterwerfen, ist genauso gescheitert, …
… wie die Hoffnung der Ukraine zerfallen ist, mit einer Gegenoffensive im vergangenen Sommer entscheidende Fortschritte zu machen.
Stattdessen stellen sich beide Seiten auf einen langen Krieg ein, in dem Russland …
… aufgrund größerer Ressourcen an Mensch und Material im Vorteil zu sein scheint.
Gleichzeitig macht sich Ernüchterung breit in der Ukraine angesichts der nachlassenden Unterstützung durch den Westen.
Im zweiten Kriegswinter blicken die Menschen in dem überfallenen Land (hier Schutzsuchende während russischer Luftangriffe) auf eine ungewisse Zukunft.
Dabei beginnt dieser Krieg eigentlich bereits vor zehn Jahren mit der Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim durch ominöse "grüne Männchen" - russische Soldaten - und …
… der russischen Unterstützung der Separatisten in der Ostukraine, die im Krieg im Donbass gipfelt.
Doch am frühen Morgen des 24. Februar 2022 erlebt der militärische Konflikt eine massive Eskalation, mit dem großangelegten russischen Überfall auf die Ukraine.
Es ist ein brutal geführter Angriffskrieg, der laut Schätzungen in zwei Jahren Hunderttausenden Menschen das Leben kostet.
Millionen Menschen fliehen vor der Gewalt - in der größten Fluchtbewegung seit dem Zweiten Weltkrieg.
Der Überfall lässt die europäische Sicherheitsarchitektur zerbrechen, legt die deutsche Russland-Politik in Trümmer (hier Kanzlerin Angela Merkel und Russlands Machthaber Wladimir Putin 2020).
Dabei kommt der Angriffskrieg nicht überraschend. Schon seit Jahren droht Putin dem Nachbarland, das sich von Moskau ab- und dem Westen zugewandt hat.
Bereits Monate vor dem Überfall zieht Russland - angeblich nur für Manöver - Truppen an der Grenze zur Ukraine zusammen. Einen geplanten Angriff leugnet die russische Führung vehement.
Am 21. Februar erkennt Putin jedoch in einem völkerrechtswidrigen Schritt die Separatistengebiete im Donbass als selbstständig an und verbindet dies mit einer hasserfüllten, geschichtsfälschenden Rede, in der er der Ukraine jede Staatlichkeit abspricht.
Drei Tage später beginnt das, was in Russland bis heute in einer zynischen Verharmlosung nur als "militärische Spezialoperation" bezeichnet werden darf.
Das erklärte Ziel: die Entmilitarisierung und "Entnazifizierung" der Ukraine. Schnell nimmt der Angriff Züge eines Vernichtungskriegs an. (Gräber ukrainischer Zivilisten und Soldaten in Isjum.)
Begleitet von massiven Bombenangriffen auf ukrainische Städte (hier Kiew) sowie militärische Einrichtungen und Anlagen dringen russische Truppen ...
... von Norden, Osten sowie von der annektierten Krim im Süden aus in das Nachbarland vor.
Beteiligt an der Invasion sind auch tschetschenische Soldaten sowie Söldner der russischen Gruppe Wagner unter ihrem Anführer Jewgeni Prigoschin (Bild), der auch verurteilte Mörder für den Krieg anwirbt.
Die Ukraine, die seit 2014 auch mit westlicher Hilfe ihre Armee modernisiert hat, leistet von Beginn an erbitterten Widerstand.
Politisch löst der Angriff schärfste Kritik aus. Die EU und viele NATO-Staaten sowie Verbündete wie Japan, Australien und Südkorea verhängen umfangreiche Sanktionen gegen Russland, dessen Staatsführung und Oligarchen - was Russland mit eigenen Strafmaßnahmen beantwortet.
Die EU genehmigt zudem die militärische Unterstützung der Ukraine. Auch die USA sagen sowohl Waffen als auch milliardenschwere finanzielle Hilfen zu. (Hier der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bei US-Präsident Joe Biden im Dezember 2022.)
In der Generalversammlung der Vereinten Nationen wird der Angriff am 2. März von einer großen Mehrheit verurteilt: 141 Staaten stimmen für eine entsprechende Resolution, 35 enthalten sich. 5 stimmen dagegen: Russland, Belarus, Syrien, Eritrea und Nordkorea.
Militärisch gelingen den zahlenmäßig klar überlegenden Kreml-Truppen in den ersten Tagen zunächst schnelle Vorstöße: Sie rücken gegen Kiew vor, nehmen Gebiete am Asowschen Meer und die südukrainische Gebietshauptstadt Cherson ein - in der Stadt kommt es daraufhin zu Protesten der Bevölkerung gegen die Besatzung.
Weiterhin werden viele ukrainische Städte massiv bombardiert, darunter Kiew und Charkiw im Norden des Landes.
Viele Menschen müssen Schutz in Bunkern oder umfunktionierten U-Bahn-Stationen suchen. Bis heute werden diese bei den häufigen Luftalarmen aufgesucht.
Doch für die Russen läuft es nicht wie geplant. Eine Luftlandeoperation auf den Flughafen Kiew-Hostomel scheitert - dort wird das größte Flugzeug der Welt, die Antonow An-225 "Mrija", zerstört. Auch Offensiven in Richtung Odessa sowie bei Isjum kommen nicht voran.
Die offenbar auf wenige Tage angelegte Invasion der Ukraine bleibt stecken - ein herber Rückschlag für den Kreml.
Präsident Wolodymyr Selenskyj - seit Mai 2019 im Amt - flieht weder ins Ausland noch in den Westen des Landes, sondern bleibt in Kiew und bekräftigt in Videos seinen Willen, den Aggressor aus dem Land zu vertreiben. Zudem verkündet er eine Generalmobilmachung.
Neben dem militärischen entsteht auch ein bürgerlicher Widerstand: Zivilisten bauen Molotow-Cocktails oder funktionieren zivile Drohnen um, um damit Sprengsätze abzuwerfen. Auch viele Frauen greifen zu den Waffen. Überall im Land bilden sich Bürgerwehren und Partisanengruppen.
Am 28. Februar beantragt Selenskyj den EU-Beitritt seines Landes. In zahlreichen per Video übertragenen Reden vor westlichen Parlamenten (hier im Bundestag) bittet er um humanitäre und militärische Unterstützung.
Bundeskanzler Olaf Scholz spricht am 27. Februar 2022 in einer Sondersitzung des Bundestags von einer Zeitenwende. Mit 100 Milliarden Euro soll die Bundeswehr aus- und aufgerüstet werden - ein Vorhaben, dessen Umsetzung aber hinter seinen Versprechungen zurückbleibt.
Auch Waffenlieferungen aus Deutschland (hier die damalige Verteidigungsministerin Christine Lambrecht) kommen nur langsam in Gang.
Allerdings erfährt die Ukraine eine Welle der Solidarität in der Bevölkerung westlicher Staaten: Hunderttausende Menschen protestieren gegen den russischen Überfall.
Millionen Flüchtlinge, vor allem Frauen und Kinder, werden aufgenommen - in Polen, in Deutschland und anderen Staaten.
In Russland gibt es nur vereinzelt Proteste gegen den Krieg, die jedoch brutal niedergeschlagen werden.
Parallel zum Kriegsgeschehen in der Ukraine läuft ein Informationskrieg: In Russland etabliert sich das auf Militärfahrzeuge gemalte "Z" als Symbol von Befürwortern des Angriffs auf die Ukraine und findet vielfache propagandistische Verwendung.
Selenskyj dagegen wird auch dank seiner geschickten Nutzung von modernen Medien und sozialen Netzwerken zum Symbol des Widerstands der Ukraine.
Auch Bilder vom Kriegsverlauf gehen um die Welt, vor allem vom Leid der Zivilbevölkerung. (Hier Menschen, die versuchen, aus Kiew zu fliehen.)
Daneben entstehen Internet-Memes, etwa von Traktoren, die russisches Militärgerät abschleppen - die vielfach geteilten Videos zeugen von Problemen der russischen Logistik.
Der Ukraine gelingen bald erste militärische Erfolge: Der Angriff auf Kiew wird gestoppt. Dafür stehen Bilder langer russischer Militärkonvois, die sich kaum bewegen.
Nach gut einem Monat Krieg muss Russland die geplante Einnahme der Hauptstadt aufgeben. Stattdessen konzentrieren sich die Truppen nun auf die Kämpfe im Osten und Süden der Ukraine.
Für Schrecken sorgen vor allem Bilder aus Kiewer Vororten wie Butscha oder Irpin: ...
... Nach dem Abzug der russischen Truppen werden auf Straßen, in Kellern und Massengräbern Hunderte Tote entdeckt, die wahllos ermordet wurden.
Einige der Toten weisen Folterspuren auf. Die Entdeckungen stoßen weltweite Proteste und eine Debatte über russische Kriegsverbrechen an, ...
... die als gezielte Maßnahme zur Einschüchterung der Zivilbevölkerung gesehen werden. Dazu zählen etwa auch Zwangsdeportationen und die Zwangsadoption Zehntausender ukrainischer Kinder durch russische Familien. Im März 2023 erlässt der Internationale Strafgerichtshof deshalb einen Haftbefehl gegen Putin.
Die Aufdeckung der Massaker erhöht den Widerstandswillen der Ukraine noch - und verhindert Gespräche. Erste Verhandlungen, die bereits im Februar in Belarus (Bild) und später in der Türkei stattfinden, bleiben ergebnislos.
Ab April gibt es unter dem Eindruck der russischen Kriegsgräuel keine direkten Gespräche zwischen Russland und der Ukraine mehr. Zu den Ausnahmen zählen der regelmäßige Austausch von Gefangenen sowie …
… im Juli 2022 ein unter türkischer Vermittlung entstandenes Abkommen, das der Ukraine den Export von Getreide ermöglicht und Hungerkrisen in Afrika und Asien verhindern soll.
Der Krieg geht trotz des russischen Rückzugs im Norden unvermindert weiter. Immer wieder werden Orte in der gesamten Ukraine bombardiert - bewusst auch zivile Ziele. Am 8. April sterben etwa bei einem Luftangriff auf den überfüllten Bahnhof von Kramatorsk 57 Menschen - vorwiegend Frauen und Kinder.
Heftig umkämpft ist die Hafenstadt Mariupol am Asowschen Meer, die völlig ausgebombt wird. Auch dabei gibt es Kriegsverbrechen, ...
... etwa die Bombardierung einer Geburtsklinik am 9. März. Bilder davon gehen um die Welt. Die gezeigte Frau wird verletzt, einen Tag später bringt sie ein Mädchen zur Welt.
Auch dieses Theater - in großen Buchstaben mit dem Wort "Kinder" gekennzeichnet - wird bombardiert. Nach ukrainischen Angaben sterben dabei Hunderte Menschen.
Die ukrainischen Truppen leisten erbitterten Widerstand in Mariupol. Um der eigenen Armee Zeit für eine Umgruppierung zu verschaffen, verschanzen sie sich fast einen Monat lang in der befestigten Industrieanlage Asowstal. Auch Zivilisten suchen hier Zuflucht. Im Mai werden diese evakuiet, während die Soldaten von Kiew aufgefordert werden, sich zu ergeben.
Insgesamt werden laut ukrainischen Angaben 20.000 Menschen in Mariupol getötet, 90 Prozent des Ortes zerstört.
Putin feiert in diesen Tagen den Tag des Sieges im Zweiten Weltkrieg. Die blutig erkämpfte Einnahme von Mariupol kann er als Erfolg verbuchen - Moskau schafft so eine durchgehende Landverbindung zwischen den besetzten Gebieten im Donbass und der Krim.
Im März 2023 reist Putin selbst nach Mariupol - so nah kommt er den Kämpfen sonst nie. Er besichtigt neu errichtete Wohnhäuser und spricht mit - angeblichen - Anwohnern.
Im Frühjahr 2022 gelingen derweil auch der Ukraine Erfolge: Mitte April wird das Flaggschiff der russischen Schwarzmeerflotte, die Moskwa, versenkt - ein militärischer wie symbolischer Triumph, der eine russische Invasion vom Meer her unwahrscheinlich macht.
Zum symbolischen Sieg wird auch der Kampf um die strategisch wichtige Schlangeninsel vor Odessa: ...
... Ukrainische Soldaten verweigern zu Kriegsbeginn deren Aufgabe. Einer von ihnen soll per Funk "Russisches Kriegsschiff, fick dich!" gesagt haben - eine Szene, die von der Ukraine auf einer Briefmarke verewigt wird.
Russland nimmt die Insel danach zwar ein, zieht sich jedoch im Juni wieder zurück - vermutlich, weil der Vormarsch auf Odessa misslingt. Moskau spricht dagegen von einer "Geste des guten Willens".
Den russischen Vormarsch kann die Ukraine aber vorerst kaum aufhalten: Bis Frühsommer gelingen den russischen Truppen langsam, aber stetig Geländegewinne im Nordosten und Osten. So werden die Städte Sjewjerodonezk und Lyssytschansk eingenommen. Die Armee steht kurz vor Charkiw, das fortwährend bombardiert wird. Erst im Sommer erlahmt die Offensive der Russen.
Im Süden dringen Moskaus Truppen bis an den Dnipro vor. Zwar kann die Stadt Saporischschja von der Ukraine gehalten werden, doch das gleichnamige Atomkraftwerk, das größte Europas, wird bereits im März eingenommen - was die Sorge vor einem atomaren Unfall auslöst.
Dank zunehmender westlicher Waffenlieferungen wendet sich im Spätsommer das Blatt - die Ukraine geht zunehmend in die Offensive. Als effektiv erweist sich vor allem das HIMARS-Artilleriesystem, das Angriffe auf russische Munitionsdepots und Kommandostände im Hinterland ermöglicht.
So gibt es etwa auch immer wieder Angriffe auf militärische Ziele auf der Krim - Bilder von fliehenden russischen Urlaubern gehen um die Welt.
Auch die russische Region Belgorod an der Grenze zur Ukraine wird immer wieder Ziel von Anschlägen - hier brennt ein Öldepot.
Im September beginnt im Nordosten eine überraschende Gegenoffensive, während der die Ukraine innerhalb kurzer Zeit Hunderte Städte und Dörfer befreien kann - darunter Isjum (Bild) und Lyman.
Die russischen Truppen, die teils panisch fliehen und ihr Militärgerät zurücklassen müssen, werden aus der Oblast Charkiw vertrieben, im Oktober gelingt zudem ein Vorstoß in die Region Luhansk.
Wie schon beim Rückzug um Kiew werden auch hier in den befreiten Gebieten schreckliche Kriegsverbrechen der russischen Truppen aufgedeckt, etwa Massengräber bei Isjum.
Angesichts des stockenden Vormarschs und der erfolgreichen ukrainischen Gegenoffensive verkündet Putin Mitte September eine russische Teilmobilisierung, bei der 300.000 Menschen eingezogen werden sollen - viele junge Männer fliehen ins Ausland. Zugleich droht der Kreml-Chef mit dem Einsatz von Atomwaffen.
Zudem verkündet Putin die völkerrechtswidrige Annexion von vier ukrainischen Regionen: ...
... den zu Kriegsbeginn anerkannten selbsternannten Volksrepubliken Luhansk und Donezk sowie der Oblaste Cherson und Saporischschja. Keines der Gebiete wird zu dieser Zeit vollständig von Russland kontrolliert.
Am 30. September 2022 werden die Gebiete nach inszenierten Referenden zu russischen Gebieten erklärt. Am 12. Oktober verurteilt die UN-Generalversammlung die Annexion mit 143 von 193 Stimmen. Belarus, Nicaragua, Nordkorea und Syrien stimmen wie Russland dagegen, China, Indien und 33 weitere Staaten enthalten sich.
Für Aufsehen sorgt am 8. Oktober die teilweise Zerstörung der Krim-Brücke, einer wichtigen russischen Nachschubroute, durch eine Explosion.
Zwar kann die Brücke weiterhin provisorisch genutzt werden, doch sie muss aufwändig repariert werden. Russland reagiert mit massiven Luftangriffen auf ukrainische Städte.
Ohnehin ändert Russland angesichts der jüngsten Misserfolge Ende Oktober seine Taktik: Der Kreml lässt nun massiv ukrainische Infrastruktur mit Raketen und iranischen Einweg-Drohnen bombardieren.
Um die ukrainische Luftverteidigung zu überlasten, werden dabei Wellen von jeweils hundert Raketen und Drohnen abgefeuert. Zahlreiche Gebäude (hier in Dnipro) werden zerstört, viele Zivilisten sterben.
Laut Kiew kommt zudem ein großer Teil der ukrainischen Stromanlagen zu Schaden, zeitweise sind im beginnenden Winter mehrere Millionen Menschen vom Stromnetz getrennt.
Doch der Ukraine gelingt noch im November ein Erfolg: Angesichts des Vormarschs auf Cherson geben die russischen Truppen die Stadt auf und ziehen sich von Gebieten westlich des Dnipro zurück. Präsident Selenskyj besucht die befreite Stadt am 14. November.
Danach erschweren Wetter und aufgeweichter Boden weitere große Geländegewinne auf beiden Seiten.
Dafür geht die Debatte um westliche Waffenlieferungen unvermindert weiter. Zur Unterstützung der erwarteten Frühjahrsoffensive der Ukraine sagen Deutschland und die USA Patriot-Flugabwehrraketen sowie Marder- (Bild) beziehungsweise Bradley-Schützenpanzer zu.
Im Januar 2023 beschließt Deutschland zudem nach langer, heftiger Debatte die Lieferung von Leopard-Kampfpanzern - aber erst nachdem die USA M1-Abrams-Panzer zusagen. Russland reagiert erneut mit massiven Luftschlägen auf etliche Städte.
Die Unterstützung durch den Westen ist groß - US-Präsident Joe Biden besucht im Februar, kurz vor dem ersten Jahrestag des Krieges, Kiew. Putin macht den Westen für den Krieg verantwortlich - lehnt aber gleichzeitig einen chinesischen Friedensplan ab.
Derweil wird weiter heftig um die Stadt Bachmut gekämpft, es ist die bisher längste Schlacht des Krieges. Auf dieser Hauswand steht: Bachmut liebt die Ukraine.
Die Hauptlast des russischen Angriffs tragen hier Söldner der Gruppe Wagner. Deren Chef Jewgeni Prigoschin will sich über die militärischen Erfolge offenbar politischen Einfluss sichern.
Die Schlacht fordert auf beiden Seiten hohe Verluste. Bilder zeigen eine verwüstete Landschaft, …
… von Bomben aufgewühlten Boden und verdreckte Soldaten. Die Fotos erinnern an die blutigen Grabenkämpfe und Abnutzungsschlachten des Ersten Weltkriegs.
Die Schlacht um Bachmut endet nach etwa einem Jahr im Mai 2023, als Russland erklärt, die Stadt vollständig besetzt zu haben. Weitere große Geländegewinne gelingen zu dieser Zeit nicht.
Am 6. Juni wird der am Dnipro gelegene Kachowka-Staudamm zerstört, was eine verheerende Flut - und große Schäden an Umwelt und Landwirtschaft - im Süden des Flusslaufs verursacht, ...
... auch in der Gebietshauptstadt Cherson. Zudem wird so die erwartete Überquerung des Dnipro durch ukrainische Truppen erschwert.
Eine Explosion soll für den Dammbruch verantwortlich sein. Zwar geben sich Kiew und Moskau gegenseitig die Schuld, doch Indizien weisen auf eine russische Verantwortung hin - das Gebiet steht zu diesem Zeitpunkt unter Kontrolle der Kreml-Truppen.
Noch ein weiteres Ereignis sorgt im Juni 2023 für Aufsehen: Nach vielen verbalen Ausfällen kommt es zu einem Aufstand der Gruppe Wagner unter ihrem Anführer Prigoschin.
Dieser kündigt an, gegen Verteidigungsminister Sergei Schoigu und Generalstabschef Waleri Gerassimow vorgehen zu wollen - nicht aber gegen Putin.
Nach der kampflosen Besetzung von Rostow am Don rücken Wagner-Söldner auf einem "Marsch der Gerechtigkeit" gen Moskau vor - und schießen dabei auf russische Soldaten. Wohl unter Vermittlung des belarussischen Präsidenten Lukaschenko wird der Aufstand am Abend des 24. Juni abgebrochen.
Prigoschin geht daraufhin nach Belarus, viele seiner Söldner folgen ihm. Doch zwei Monate später sterben Prigoschin und andere Wagner-Anführer bei einem Flugzeugabsturz - dessen Ursache von Moskau unter Verschluss gehalten wird.
Die schon seit dem Frühjahr erwartete Gegenoffensive der Ukraine startet erst im Sommer - und bleibt insgesamt hinter ihren Zielen zurück.
Zwar gelingen den ukrainischen Truppen kleinere Geländegewinne, doch sie können nicht bis zum Asowschen Meer vorrücken, um die Krim von der Landverbindung nach Russland abzuschneiden.
Der Grund: Die russischen Truppen haben ihre Verteidigungsstellungen in der Zwischenzeit massiv ausgebaut, die von der Ukraine nur schwer zu durchbrechen sind. Auch Minenfelder halten die Offensive auf.
Für Aufsehen, aber geringe Schäden sorgen im Sommer mehrere ukrainische Drohnenangriffe auf das Moskauer Geschäftsviertel.
Auch Ziele auf der Krim werden immer wieder attackiert. Im Juli wird erneut die Krim-Brücke bei einem Anschlag beschädigt. Russland reagiert kurz darauf mit der Aufkündigung des Getreideabkommens und ...
... bombardiert Odessa sowie weitere Häfen, von denen aus die Ukraine Getreide exportiert - hier das Gebäude der ukrainischen Donauschifffahrtsgesellschaft in Izmajil.
Zudem greift Russland weiterhin ukrainische Städte (hier Kiew) mit Raketen und Drohnen an, ...
... mit vielen Todesopfern und verheerenden Schäden an Wohnhäusern.
Mehr noch: Die russischen Streitkräfte (hier Soldaten bei einer Übung) unternehmen Anfang November 2023 die heftigsten Angriffe seit Jahresbeginn. Ziel sind die Oblaste Odessa, Cherson und Saporischschja im Süden der Ukraine.
Heftig umkämpft ist auch die Stadt Awdijiwka, die stark zerstört und weitgehend entvölkert ist. Große Vorstöße gelingen auch wegen des einestzenden Winters aber nicht.
Den ukrainischen Truppen gelingen ebenfalls kleine Vorstöße. So können Soldaten am 17. November auf dem von Russland besetzten östlichen Ufer des Flusses Dnipro einen Brückenkopf errichten.
Es gibt zudem immer wieder Angriffe auf Öl- und Erdgasanlagen in Russland, hier in der Region Leningrad.
Im Februar 2024 zerstört die Ukraine nach eigenen Angaben die Korvette "Iwanowez" sowie das Landungsschiff "Caesar Kunikow" vor der Krim.
Insgesamt jedoch stecken beide Seiten fest, Geländegewinne gibt es nur wenige. Die Kämpfe werden zum Stellungs- und Abnutzungskrieg, mit hohen Verlusten an Mensch und Material.
Das verschafft Russland einen Vorteil, denn der Kreml hat die Rüstungsproduktion massiv hochgefahren. Laut Kiew schickt der Kreml zudem monatlich 30.000 neue Soldaten an die Front.
Die Ukraine dagegen berichtet immer wieder von Munitionsmangel und verbindet dies mit weiteren Bitten um Munition und Waffen an den Westen.
Probleme bereitet auch angesichts der zunehmenden Zahl von Kriegsopfern die Rekrutierung von ausreichend neuen Soldaten - die Regierung in Kiew will diese erleichtern.
Doch dagegen regt sich Widerstand, wie auch gegen den unbefristeten Wehrdienst. Viele Soldaten kämpfen seit nunmehr zwei Jahren und sind einfach erschöpft. Protest gibt es auch gegen Korruption im Land sowie für eine bessere Ausstattung der Soldaten.
Auch in der Bevölkerung macht sich eine gewisse Kriegsmüdigkeit breit. Gleichzeitig dürften viele Ukrainerinnen und Ukrainer das Gefühl haben, dass der Wille des Westens, das Land um jeden Preis beizustehen, schwindet.
Deutschland liefert sich etwa eine lange Debatte um die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern, mit denen Ziele weit hinter der Front angegriffen werden könnten.
Die USA wiederum als wichtigster Unterstützer der Ukraine stecken mitten im Wahlkampf. Die Republikaner im Kongress - unter diesen vor allem die Verbündeten von Ex-Präsident Donald Trump - blockieren weitere von Biden eingebrachte Hilfsgelder für Kiew.
Die Abstimmung über den Präsidenten im Herbst könnte je nach Ausgang die Karten völlig neu mischen. Vor allem wenn Trump gewählt werden sollte.
Präsident Selenskyj steht vor schwierigen Entscheidungen. Dazu gehört auch der Austausch des Oberbefehlshabers der Armee im Februar 2024, den er mit nötigen Veränderungen in der Militärführung nach der gescheiterten Sommeroffensive begründet.
Und er wirbt unermüdlich in westlichen Staaten für die weitere Unterstützung seines Landes. Kein leichtes Unterfangen angesichts des im Oktober 2023 ausgebrochenen Krieges im Gazastreifen.
Bereits im November 2023 empfiehlt die EU-Kommission unter Ursula von der Leyen Beitrittsgespräche mit der Ukraine - doch ein zeitnaher Beitritt ist angesichts des Krieges und auch nötiger Reformen äußerst unwahrscheinlich.
Eine Neuwahl des ukrainischen Präsidenten, die im März anstehen würde, wird es nicht geben - Selenskyj hält das inmitten des Krieges für unverantwortlich.
Putin dagegen lässt im März seine Bestätigung im Amt inszenieren. Echte Gegenkandidaten muss er nicht fürchten, die sitzen im Gefängnis - der wichtige Oppositionelle Alexej Nawalny stirbt im Februar in einem Straflager - oder werden von der Wahlliste gestrichen.
Kurz vor der Wahl kann der russische Machthaber noch unter hohen Verlusten erkämpfte Erfolge seiner Truppen vorweisen. So zieht sich die Ukraine aus Awdijiwka zurück - Selenskyj hatte die Stadt noch im Dezember 2023 besucht.
Russland (hier Soldaten bei der Räumung von Minen) übernimmt dort die volle Kontrolle.
Zwei Jahre nach dem Überfall auf die Ukraine werden die Kämpfe an diesem Frontabschnitt jedoch unerbittlich weitergehen.
Auch bei Bachmut und östlich von Charkiw gibt es massive Gefechte. Von ihren Zielen sind jedoch beide Seiten weit entfernt.
Es droht ein langwieriger Krieg, der nur noch Opfer kennt.
Oder gibt es doch eine Chance auf Verhandlungen? Diese sind eher nicht in Sicht. Russland sieht sich ohnehin im Aufwind. Kiew wiederum will nicht verhandeln, solange russische Truppen ukrainisches Territorium besetzt halten. Hoffnung auf einen Frieden im dritten Kriegsjahr gibt es kaum.