Reaktion auf Ryanair-Entführung EU will Belarus "finanziell austrocknen"
21.06.2021, 13:53 Uhr
Bundesaußenminister Heiko Maas und seine Amtskollegen haben sich in Luxemburg auf Sanktionen gegen Belarus geeinigt.
(Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS)
Die Außenminister sind sich einig: Belarus soll für sein Vorgehen bei der Ryanair-Entführung hart bestraft werden. Ziel: Wichtige Einnahmequellen der Autokratie sollen versiegen. Betroffen sind sieben Industriezweige, aber auch Organisationen und fast 80 Personen, darunter der Verteidigungsminister.
Als Reaktion auf die erzwungene Landung eines Ryanair-Flugzeuges in Belarus haben sich die EU-Außenminister auf Wirtschaftssanktionen gegen das Land verständigt. Die Minister fassten dazu in Luxemburg einen Grundsatzbeschluss. Betroffen sind demnach sieben Bereiche, darunter die Kali- und Düngemittelindustrie, der Energiesektor und Finanzdienstleistungen. Ziel sei es, Einnahmequellen von Machthaber Alexander Lukaschenko zu treffen, hieß es. "Wir wollen auf die Art und Weise einen Teil dazu beitragen, dass dieses Regime finanziell ausgetrocknet wird, und das ist auch noch nicht das Ende der Fahnenstange", betonte Außenminister Heiko Maas.
Belarus hatte Ende Mai eine Ryanair-Maschine auf dem Weg von Athen nach Vilnius unter dem Vorwand einer Bombendrohung mit einem Kampfjet zur Zwischenlandung in Minsk gezwungen. An Bord waren der im Exil lebende Oppositionelle Roman Protassewitsch und seine aus Russland stammende Freundin Sofia Sapega, die dann in der belarussischen Hauptstadt festgenommen wurden. Die EU-Staaten haben deshalb bereits ein Flugverbot für Maschinen aus Belarus beschlossen.
Die Wirtschaftssanktionen sollen nun auch den Öl- und Gasbereich und die Tabakindustrie treffen. Hinzu kommen laut Diplomaten Verschärfungen für sogenannte Dual-Use-Güter, die auch zu militärischen oder polizeilichen Zwecken eingesetzt werden könnten. Auch die letzte verbliebene Ausnahme bei dem bereits seit Jahren geltenden Waffenembargo soll fallen. Dabei geht es um bestimmte Sportwaffen.
Umfassende Einreiseverbote in die EU
Zudem wurden Sanktionen gegen weitere 78 Verantwortliche wegen der Unterdrückung der Opposition in Belarus beschlossen. Das Sanktionspaket sei am Rande des Treffens der EU-Außenminister in Luxemburg ohne weitere Aussprache angenommen worden. Diplomaten zufolge sind unter den Betroffenen auch sieben Belarussen, die für die erzwungene Landung eines Ryanair-Flugzeugs Ende Mai verantwortlich gemacht werden. Nach einer im EU-Amtsblatt veröffentlichten Liste gehören zu dieser Personengruppe auch Verteidigungsminister Viktor Chrenin und Verkehrsminister Alexej Awramenko.
Gegen die Betroffenen werden Einreiseverbote in die EU verhängt, außerdem werden mögliche Vermögen bei europäischen Finanzinstituten eingefroren. Mit Sanktionen belegt wurden durch den Beschluss nach Angaben von Diplomaten auch acht Organisationen beziehungsweise Unternehmen. Eine Einrichtung wurde demnach gleichfalls wegen des Ryanair-Vorfalls auf die Sanktionsliste gesetzt. Die Namen der betroffenen Individuen und Einrichtungen sollen im Laufe des Tages im Amtsblatt der EU veröffentlicht werden.
Seit der umstrittenen Präsidentschaftswahl vom August vergangenen Jahres und dem gewaltsamen Vorgehen gegen die protestierende Opposition hatte die EU bereits Sanktionen gegen 88 Belarussen verhängt, darunter auch Machthaber Alexander Lukaschenko selbst. Im Dezember wurden zudem sieben staatsnahe Unternehmen auf die EU-Sanktionsliste gesetzt. Zu einem Kurswechsel brachte dies Lukaschenko nicht.
Quelle: ntv.de, als/AFP/jpe