Anleitung für Geiseltransport Ein Soldat pro Kind - Fragen zu den Eltern ausweichen
23.11.2023, 15:19 Uhr Artikel anhören
Die Hamas hat etwa 240 Israelis in den Gazastreifen verschleppt.
(Foto: picture alliance / Eibner-Pressefoto / Weber)
Am Freitag kann Israel womöglich 50 Geiseln aus den Händen der Hamas befreien. Unter ihnen befinden sich 30 Kinder, die von Soldaten nach Hause begleitet werden. Eine Anleitung bereitet sie auf die schwierige Aufgabe vor: Umarmungen sind erlaubt, zum Verbleib der Eltern sollen sie schweigen.
Die israelische Regierung und Armee bereiten ihre Soldatinnen und Soldaten mit einer Anleitung auf die bevorstehende Freilassung von israelischen Geiseln vor. Spezielles Augenmerk wird in der Anweisung der Streitkräfte auf Kinder und mögliche Traumata gelegt, die sie in Gefangenschaft erlebt haben. Wie israelische Medien berichten, wurde die Anleitung im Auftrag des israelischen Ministeriums für Fürsorge und Soziales vom Haruv-Institut für Kindesmisshandlung in Jerusalem erstellt. Das Ministerium soll die Echtheit des Dokuments bestätigt haben.
Die Hamas hatte bei ihrem Massaker am 7. Oktober etwa 1200 Israelis ermordet und etwa 240 als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. 50 von ihnen will die Terrororganisation beim ersten größeren Austausch von Geiseln und Gefangenen freilassen. Die Rede ist von 30 Kindern, acht Müttern und zwölf anderen, zumeist älteren Frauen, die unter gesundheitlichen Beschwerden leiden. Im Gegenzug will Israel 150 palästinensische Häftlinge freilassen.
"Ich werde dich nach Hause bringen"
Die israelischen Streitkräfte sind demnach angewiesen, wenn möglich, jedem Kind auf dem Weg vom Gazastreifen zurück nach Israel einen Soldaten oder eine Soldatin als Eskorte an die Seite zu stellen. Wenn sie die Kinder in Empfang nehmen, sollen die Soldaten sich als Erstes vorstellen: "Hi, ich bin (Name) und ein Soldat der israelischen Armee. Du bist in Sicherheit. Ich werde dich nach Hause bringen."
Als Nächstes sollen die Soldaten sich nach dem Wohlbefinden der Kinder erkundigen und fragen, ob ihnen kalt oder warm ist und ob sie Durst haben. Wenn sie merken, dass die Kinder Schwierigkeiten beim Laufen haben, dürfen sie anbieten, die Kinder zu tragen. Da unklar ist, was die Kinder seit dem 7. Oktober in Gefangenschaft erlebt haben, dürfen sie allerdings nur mit ausdrücklicher Zustimmung hochgehoben und sonst nicht berührt werden, wie es heißt.
Sollten sich die Kinder in einer Verfassung befinden, die den Soldaten keine andere Wahl lässt, als sie zu tragen, sind diese angewiesen, ihre Handlungen genau zu erklären: "Ich werde dich hochheben, weil …"
Professionelle Hilfe für Soldaten
Davon abgesehen, sollen die Soldaten Gespräche mit den Kindern möglichst vermeiden und allen Fragen ausweichen: "Wir müssen jetzt still sein. Wenn wir zurück in Israel sind, werden alle deine Fragen beantwortet." Demnach stehen in Israel sechs Krankenhäuser bereit, um die Geiseln in abgetrennten Bereichen aufzunehmen.
Besondere Vorsicht ist demnach geboten, wenn die Kinder sich nach ihren Eltern erkundigen: "Sie werden fragen, wo ihre Mutter oder ihr Vater ist. Diese Fragen dürfen nicht beantwortet werden, auch wenn die Antwort bekannt ist", heißt es in der Anweisung. Denn israelischen Medien zufolge haben viele der entführten Kinder bei dem Massaker der Hamas am 7. Oktober ein oder sogar beide Elternteile verloren. Stattdessen sollen die Soldaten antworten: "Ich weiß es nicht. Ich bin nur hier, um dich sicher zurück nach Israel zu bringen."
In dem Dokument werden die Soldatinnen und Soldaten zudem angewiesen, vor und nach der Freilassung der Kinder professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, um die Ereignisse verarbeiten zu können, denn: "Wenn Sie die Kinder treffen, müssen Sie ein sicherer Halt sein."
Quelle: ntv.de, chr