Seehofer voll des Merkel-Lobes Eine "politische Ausnahmeathletin"
05.12.2021, 03:16 Uhr
Seehofer kennt Merkels Hartnäckigkeit auch aus eigener Erfahrung.
(Foto: imago/photothek)
Lange war das Verhältnis zwischen Horst Seehofer und Angela Merkel alles andere als herzlich, doch zum Abschied gibt es für die Kanzlerin nur Lob vom ehemaligen CSU-Chef. Der frühere Vizekanzler Gabriel zeigt sich auch von der persönlichen Umgangsweise begeistert.
Angela Merkels langjährige Wegbegleiter und Widersacher Wolfgang Schäuble und Horst Seehofer haben die scheidende Bundeskanzlerin als herausragende Politikerin und Glücksfall für Deutschland gewürdigt. "Sie war ein Glück für unser Land", schrieb der abtretende Bundestagspräsident Schäuble in einem Gastbeitrag für die "Bild am Sonntag".
Noch-Innenminister Seehofer nannte sie eine "politische Ausnahmeathletin" und schrieb: "Sie hat ihr Amt mit unglaublicher Präzision und Hartnäckigkeit geführt. Ich habe in 50 Jahren Politik kaum jemanden von ihrem Format getroffen", so der ehemalige CSU-Vorsitzende, der sich im Zuge der Flüchtlingskrise 2015 mit Merkel zeitweise überworfen hatte.
Schäuble, der unter ihr Innen- und Finanzminister war, lobte explizit die "analytischen Fähigkeiten, mit denen sie früher als andere, nicht nur in meiner Partei, gesellschaftliche Veränderungen und Stimmungen erkannte": "Damit hat sie unser Land in vielem verändert. Mit nüchterner Souveränität", schrieb er. Als "vielleicht wichtigstes persönliches Verdienst" nannte er Merkels "auf Ausgleich ausgerichteten Politikstil, der auch unter Nachbarn und Partnern für Vertrauen und Zutrauen in unser Land sorgte".
Gabriel: Merkel konnte "eiskalt sein"
Der frühere SPD-Chef und Vizekanzler Sigmar Gabriel sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, in einer Zeit vieler Krisen sei das Land unter Merkels 16-jähriger Kanzlerschaft stabil geblieben. "Das ist ein großes Verdienst dieser Kanzlerin, die damit ein positives Stück deutscher Geschichte geschrieben hat." Mit Blick auf Merkels Entscheidungen zu Atomkraft, Wehrpflicht und Flüchtlingen sagte Gabriel, unter Merkel seien "reihenweise Sachen passiert, mit denen der traditionelle Unionswähler nie gerechnet hätte".
Auch er als damaliger SPD-Chef habe sich in manchen Fällen über Merkels Wendigkeit gewundert. Verblüffend schnell sei sie etwa im Jahr 2012 auf den Vorschlag eingegangen, Joachim Gauck zum Bundespräsidenten zu machen: "Diese Kanzlerin konnte, wenn sie wollte, eiskalt sein." Gabriel zeigte sich begeistert über Merkels persönliche Umgangsweise: "Sie ist ein feiner Mensch", sagte er. "Merkel tat nicht nur kooperativ, sie war wirklich kollegial, auf fast schon konspirative Weise", sagte Gabriel. Mit Blick auf die Klimapolitik habe sie ihm gesagt: "Jetzt machen wir mal ein paar Sachen, die mir damals in Bonn Helmut Kohl noch nicht erlaubt hat."
Auch die Mehrzahl der Bürger ist laut einer repräsentativen Umfrage des Insa-Instituts für die "Bild am Sonntag" mit Merkels Arbeit zufrieden. Rund 60 Prozent der 1004 Befragten urteilten, dass Merkel ihre Arbeit als Kanzlerin gut gemacht habe. 30 Prozent bescheinigen ihr schlechte Arbeit. 47 Prozent sagten, sie würden Merkel vermissen.
Quelle: ntv.de, ino/dpa