
Eine PKW-Maut könnte das Autofahren verteuern, so die Überlegung von DIW-Chef Fratzscher.
(Foto: picture alliance / Robert Schlesinger)
DIW-Präsident Marcel Fratzscher spricht sich nach dem Ende des 9-Euro-Tickets für eine drastische Verkehrswende aus. In der ZDF-Sendung "Markus Lanz" fordert er Schritte, die dazu führen, dass Menschen weniger mit dem Auto fahren. Dazu könnte auch eine PKW-Maut gehören.
Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratzscher, hat die Einführung einer PKW-Maut angeregt. In der ZDF-Sendung "Markus Lanz" sagte er, man müsse sich nach dem Ende des 9-Euro-Tickets überlegen, das Autofahren zu verteuern. Ziel sei eine wirksame Verkehrswende. Dazu müsse mehr Verkehr von der Straße auf die Schiene verlagert werden.
Fratzscher sagte: "Wir müssen erreichen, dass Menschen weniger das Auto, sondern dort, wo sie es können, den öffentlichen Nahverkehr nutzen." Statt den Nahverkehr zu subventionieren, könne der bessere Weg sein, das Autofahren teurer zu machen. Autos verursachten hohe Kosten für die Umwelt. "In vielerlei Hinsicht subventionieren wir in Deutschland fossile Energieträger - auch beim Autofahren - mit 65 Milliarden Euro jedes Jahr."
Weiterhin stellte Fratzscher die Subventionierung von Dieseltreibstoff infrage. Zudem sprach er sich gegen die steuerliche Bevorzugung von Dienstwagen aus, durch die dem Staat jährlich Steuereinnahmen von 3 bis 4 Milliarden Euro entgingen. Fratzscher: "Wir sollten das bepreisen, was besonders schädlich ist, und dazu gehört auch das Autofahren. Ich würde mir wünschen, dass die relativen Preise das widerspiegeln, was ökonomisch und klimatechnisch geboten ist."
Der Bundestag hatte die Einführung einer PKW-Maut formal zum 1. Januar 2016 beschlossen. Sie sollte jedoch erst erhoben werden, wenn das dafür erforderliche System einsatzbereit ist. Der Europäische Gerichtshof kippte das Vorhaben jedoch im Jahr 2019. Seitdem liegt die Einführung einer Maut auf Eis. Das entsprechende Gesetz ist jedoch immer noch gültig, müsste allerdings an das Urteil des EUGH angepasst werden.
"Mir fehlt bei der Bundesregierung klare Strategie"
Gleichzeitig kritisierte Fratzscher die von der Bundesregierung eingeführte Gasumlage. "Hier werden Gewinne privatisiert, aber die Verluste sozialisiert", so der Ökonom. Uniper mache zurzeit im Gasgeschäft außerordentliche Verluste, für die die Verbraucher haften müssten. Außerordentliche Gewinne könne das Unternehmen jedoch behalten.
Grundsätzlich hätte der Staat die Gasumlage finanzieren müssen, so Fratzscher. Ganz allgemein kritisierte er: "Mir fehlt bei der Bundesregierung eine klare Strategie."
Richtig sei dagegen die Einführung der Sanktionen gegen Russland gewesen, die die EU nach dem völkerrechtswidrigen Überfall des Landes auf die Ukraine verhängt habe. Allerdings werde es lange dauern, bis sie Wirkung zeigten. So beziehe Russland viele Produkte aus China, die möglicherweise sogar aus der EU geliefert worden seien. Trotzdem zahle Russland einen enormen wirtschaftlichen Preis für den Krieg. "Wir werden dieses Jahr schon eine tiefe Rezession in Russland sehen, und das wird sich fortsetzen", so Fratzscher.
Für Deutschland könnten die Sanktionen sogar einen wirtschaftlichen Vorteil bringen, "aber wir müssen einen langen Atem haben", so der DIW-Präsident. In fünf bis zehn Jahren könnten sich die Sanktionen und die damit verbundenen hohen Energiepreise rechnen, "weil das der Weckruf ist; Wir realisieren: Wir müssen viel schneller auf erneuerbare Energien umsteigen."
(Dieser Artikel wurde am Mittwoch, 31. August 2022 erstmals veröffentlicht.)
Quelle: ntv.de