Politik

Baerbock bei Brigitte Live "Es ist nicht an uns, jetzt kluge Ratschläge zu geben"

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Annalena Baerbock im Gespräch mit Brigitte-Chefredakteurin Brigitte Huber.

Annalena Baerbock im Gespräch mit Brigitte-Chefredakteurin Brigitte Huber.

Brigitte Live mit Annalena Baerbock - da geht es um Israel, klar, aber auch darum, wann alle Außenministerinnen gemeinsam klare Kante zeigen müssen und was Baerbocks Tochter auf Baustellen entdeckt.

Annalena Baerbock muss bei manchen Videos auf Stopp drücken. Was einzelne Sequenzen des Massakers in Israel vom Samstag zeigen, könne sie nicht ertragen, sagte die Außenministerin am Donnerstagabend im Brigitte-Live-Talk in Berlin. "Wenn man sich einmal hineinversetzt: Die eigene Tochter, der eigene Sohn sagt abends, 'Tschüss, ich geh' jetzt auf das Festival', und am nächsten Morgen sieht man diese Bilder, hört die Nachrichten, weiß nicht, wo das eigene Kind ist."

Solidarität sei geboten. Vonseiten Deutschlands sowieso, aber nicht nur: "Jetzt sind alle gefragt. Die engsten Freunde Israels, wir Europäer, wir Deutsche, die Amerikaner, aber natürlich auch die direkten Nachbarn wie etwa Ägypten", sagte Baerbock. Und gefragt sein kann man auch konkret verstehen: Während die Ministerin in einem stilvollen Berliner Kino auf der Brigitte-Bühne sitzt, ist bereits bekannt, dass sie am heutigen Freitag nach Israel fliegen wird.

Oh Gott, was kann man in diesem Moment sagen?

Wann genau, wollte die Grünen-Politikerin nicht sagen, aber die Nacht wurde sicher nicht allzu lang. "Mit wenig Schlaf auskommen zu können, sollte eine Schlüsselqualifikation sein für diejenigen, die in internationaler Politik unterwegs sind", sagte die Ministerin an späterer Stelle, und dass die größten Herausforderungen im Job nicht unbedingt Treffen wie mit Russlands Außenminister Sergej Lawrow sein müssen (war auch schwierig, weil sie damals erst kurz im Amt war), sondern vielleicht eher ein Gespräch mit Kindern, die aus IS-Gefangenschaft befreit wurden. "Da fehlen genauso die Worte, wenn man denkt, 'Oh Gott, was kann man in diesem Moment einem Mädchen sagen, das sechs Jahre seines Lebens in Folter verbracht hat'?'"

Ähnliche Herausforderungen stehen Baerbock vermutlich am heutigen Freitag bevor, wenn sie unter anderem Angehörige treffen will, die derzeit die Unwissenheit über das Schicksal ihrer Lieben in den Händen der Hamas ertragen müssen. Wer den Anspruch der Ministerin an die eigene Arbeit kennt, an Perfektionismus auch jenseits der Kameras, kann sich vorstellen, wie Baerbock sich im Regierungsflugzeug die passende Ansprechhaltung für diese sensiblen Gespräche zurechtlegt.

Mit Aussagen zu zwiespältigen Fragen hielt sich die Grüne beim Talk auf der Bühne zurück. Mit Blick auf die erwartete Bodenoffensive im Gazastreifen und Befürchtungen, dabei könnte Völkerrecht gebrochen werden, sagte die Außenministerin nur: "Es ist nicht an uns, jetzt kluge Ratschläge zu geben." Über die Fortsetzung der humanitären Hilfe für die Palästinenser sei man "im Austausch mit Partnern und Freunden".

In Zeiten wie diesen fällt es im Gespräch mit einer Außenministerin schwer, von den harten und drängenden Themen überhaupt einmal wegzukommen. Feministische Außenpolitik ist immerhin ein Thema, bei dem man als Ministerin offensichtlich auch Spaß haben kann. Baerbock schwärmt vom Medieninteresse bei der Präsentation ihrer Leitsätze, auch von denjenigen, die erst mal gefragt hätten, "Was soll das, zum Teufel?". Allein der Begriff habe enorm getriggert, "jeder hatte dazu eine Meinung".

"Dann machen wir nicht mehr mit"

Aber auch konkrete Erfolge mit feministischer Außenpolitik kann Baerbock präsentieren: Als die Taliban in Afghanistan im Zuge der Einschränkung von Frauenrechten verboten, dass Frauen in der humanitären Hilfe arbeiten, habe es eine heftige Diskussion innerhalb der Vereinten Nationen gegeben. "Aus dieser Gruppe von weiblichen Außenministerinnen haben wir dann gesagt: 'Dann machen wir nicht mehr mit. Wir können doch nicht verantworten, dass wir die Order der Taliban umsetzen und die Frauen alle zu Hause bleiben müssen'." Ohne das starke Netzwerk der Frauen hätte es laut Baerbock diese klare Haltung nicht gegeben.

Hinweise darauf, wie die Gesellschaft in Bewegung ist, bekommt die Ministerin auch von ihren Töchtern und berichtet in diesem Zusammenhang die einzige private Anekdote des Abends: Die Kleinere habe einmal aus dem Fenster geschaut, als eine Baustelle vor dem Haus war, und sich beschwert, da sei etwas falsch. Auf Nachfrage der morgendlich gestressten Mutter habe das Kind dann den Fehler erläutert: "Heute sind nur die Männer zur Arbeit gekommen."

Quelle: ntv.de

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