Danon: "Pogrom" gegen Juden Schwere Krawalle in Amsterdam, Israel schickt Rettungsflugzeug
08.11.2024, 06:18 Uhr Artikel anhörenRund um das Auswärtsspiel des israelischen Fußballklubs Maccabi Tel Aviv kommt es zu gewaltsamen Ausschreitungen in Amsterdam. Israels UN-Botschafter spricht von einem "Pogrom" gegen Juden. Die Regierung schickt Flugzeuge, um die Fans ausfliegen zu lassen.
Nach Berichten über verletzte israelische Fußballfans bei schweren Ausschreitungen in Amsterdam hat Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu laut seines Büros zwei Rettungsflugzeuge in die Niederlande geschickt. Netanjahu "betrachtet den schrecklichen Vorfall mit größtem Ernst", erklärte das Büro des Regierungschefs. Er fordere "die niederländische Regierung und die Sicherheitskräfte auf, energisch und schnell gegen die Randalierer vorzugehen und die Sicherheit unserer Bürger zu gewährleisten." Netanjahus Büro machte keine Angaben dazu, wie es zu dem "sehr gewalttätigen Vorfall gegen israelische Bürger" gekommen war.
Rund um das Fußballspiel zwischen Ajax Amsterdam und Tel Aviv in der Europa League war es zu gewaltsamen Ausschreitungen gekommen. Nach Angaben der Polizei gab es an mehreren Orten im Zentrum der Hauptstadt Unruhen - wobei nicht näher erläutert wurde, von welcher Seite die Gewalt ausging. Insgesamt seien am Donnerstagabend 57 Menschen vorläufig festgenommen worden. Mehrere israelische Politiker sprachen von bestürzenden Gewaltszenen, bei denen propalästinensische Täter regelrecht Jagd auf Juden gemacht hätten - und bezogen sich auf Videos in sozialen Medien. Die Aufnahmen ließen sich allerdings zunächst nicht verifizieren, und die niederländische Polizei blieb in ihrer Darstellung deutlich zurückhaltender.
Nach ihrer Darstellung stießen Fans des israelischen Klubs mit propalästinensischen Jugendlichen nach dem Spiel zusammen. Die israelische Zeitung "Maariw" berichtet darüber, dass es sogar einen Entführungsversuch gegeben habe. Einsatzkräfte der niederländischen Polizei sollen die Israelis schließlich abgeschirmt und dann in ihre Hotels begleitet haben. Reporter des Amsterdamer TV-Senders AT5 berichteten, propalästinensische Demonstranten hätten Maccabi-Fans mit Stühlen beworfen, als diese vom Stadion ins Zentrum zurückkehrten.
"Als Europäer schäme ich mich"
"Da findet 2024 in Europa ein Pogrom statt", kommentierte der israelische UN-Botschafter Danny Danon auf X. Der radikal-rechte Populist Geert Wilders sprach auf X ebenfalls von einer Jagd auf Juden. "Ein Pogrom in den Straßen von Amsterdam. (...) Muslime mit palästinensischen Flaggen jagen Juden."
"Israelische Fußballfans zu verfolgen und zu verprügeln, ist kein Antikriegsprotest. Das ist kriminell und unerträglich, und wir alle müssen dagegen aufstehen", erklärte Deutschlands Botschafter in Israel, Steffen Seibert, auf Englisch bei X. "Als Europäer schäme ich mich, solche Szenen in einer unserer großen Städte zu sehen." In Berlin kam es erst am Sonntag laut Polizei zu einem mutmaßlich antisemitischen Angriff auf einen Fan eines jüdisch-israelischen Klubs in einem Lokal. Der Staatsschutz der Polizei ermittelt.
Der israelische Außenminister Gideon Saar schrieb angesichts der Gewaltszenen in Amsterdam bei X: "Nach den schwerwiegenden Vorfällen stehen wir mit den Behörden in den Niederlanden in Kontakt. Jeder Israeli oder Jude, der sich derzeit in Not befindet oder Informationen zu den Gewalttaten hat, wendet sich bitte an das Lagezentrum."
Bereits vor dem Spiel gab es im Zentrum der Stadt Zusammenstöße von israelischen Fans und Sicherheitskräften. Dabei wurden nach Polizeiangaben etwa zehn Personen festgenommen, wegen Störung der öffentlichen Ordnung und des verbotenen Besitzes von Feuerwerkskörpern. Auch nahe dem Stadion im Südosten der Stadt kam es schon vor dem Anpfiff zu Auseinandersetzungen. Etwa 200 Demonstranten versuchten nach Angaben der Polizei, zu der Spielstätte zu gelangen. Zuvor hatte die Stadtverwaltung eine Demonstration direkt vor der Johan Cruijff Arena verboten und einen anderen Ort in der Nähe für die Kundgebung bestimmt. Die Sicherheitsvorkehrungen waren vor der Partie deutlich verschärft worden.
Quelle: ntv.de, tno/dpa/AFP