Vor Prozess um "Gruppe Reuß" Ex-Bundeswehroberst gibt Spähtermin im Bundestag zu
04.04.2024, 00:09 Uhr Artikel anhören
Erkundete unterirdische Gänge unter dem Reichstag: Der Bundeswehroberst a. D. Maximilian Eder, Anfang 2022 auf einer Kundgebung in Nürnberg.
(Foto: imago images/Schreyer)
Ende April startet der Terrorprozess gegen die Mitglieder der "Reichsbürger"-"Gruppe Reuß". Angeklagt ist auch ein früherer Bundeswehroffizier, der bisher zu den Vorwürfen geschwiegen hat. Überraschend gibt der Beschuldigte nun Auskunft zu Plänen für den Fall eines Regierungswechsels.
Mit dem früheren Bundeswehroberst Maximilian Eder hat sich erstmals ein Hauptangeklagter der demnächst beginnenden Terrorprozesse gegen die sogenannte "Gruppe Reuß" ausführlich und öffentlich zu zentralen Vorwürfen geäußert. Gegenüber dem "Stern" und RTL räumte Eder einige der Vorwürfe ein, die die Bundesanwaltschaft gegen ihn erhebt. Eder soll die "Reichsbürger"-Gruppe um Heinrich XIII. Prinz Reuß mitgegründet haben. Seine öffentlichen Aussagen kommen überraschend, da er laut seiner Anwältin bisher sogar gegenüber der Polizei geschwiegen habe.
Nun gab er gegenüber dem "Stern" und RTL zu, im August 2021 mit einer kleinen Gruppe Mitangeklagter unterirdische Gänge unter dem Reichstag und anderen Parlamentsgebäuden erkundet zu haben. Er bestätigte zudem, dass die AfD-Abgeordnete Birgit Malsack-Winkemann ihn und zwei weitere ehemalige Bundeswehrsoldaten durch die Gebäude begleitet hatte.
Der Generalbundesanwalt wertet diese Erkundung an einem publikumsarmen Wochenende als Ausspähaktion für ein geplantes Attentat - und Teil des Plans der Gruppe, die Bundesregierung mit Waffengewalt zu stürzen. Eder gestand dem Bericht zufolge ein, dass die Gruppe einen Abtritt der aktuellen Regierung wollte. Allerdings ohne Waffengewalt, wie er behauptete. "Ein Sturm auf den Reichstag unter Einsatz militärischer Kräfte war nie geplant, da politisch sinnfrei", ließ Eder durch seine Anwältin Ilka Lang-Seifert aus seiner Untersuchungshaft ausrichten. Die Bundestagserkundung habe dazu gedient, "gegebenenfalls Parlamentarier bzw. Regierungsmitglieder zur Rede zu stellen".
Regierungserklärung vorbereitet
Allerdings hatte Eder nach Recherchen von "Stern" und RTL schon eine Art Regierungserklärung an die deutsche Bevölkerung für eine Zeit nach dem Regierungssturz verfasst. Es sei "ab sofort eine Militär-Regierung als Übergangs-Regierung gebildet worden", schrieb er darin. Eder selbst nannte die Erklärung gegenüber dem Rechercheteam einen "Vorschlag" für den Fall, dass er in einer Übergangsregierung eine Position übernommen hätte.
Außerdem gab er zu, viel Geld aufgewendet zu haben, eine angebliche Verschwörung ranghoher Politiker aufzudecken - die zu einem Putsch in Deutschland hätte führen können. Er habe, so Eder, Beweise gesucht, dass Politiker "bis in die höchsten Kreise" Täter oder Vertuscher eines Pädophilenrings seien. Es sei nicht auszuschließen gewesen, dass solche Belege "eine Regierungsumbildung und Neuwahlen und bis dahin eine Interimsregierung erforderlich" gemacht hätten.
Drei Prozesse gegen insgesamt 26 mutmaßliche Mitglieder und Unterstützer der sogenannten "Gruppe Reuß" sollen ab Ende April beginnen. Das Terrorverfahren gilt als eines der größten in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Bis zu einer möglichen Verurteilung gilt für alle Angeklagten die Unschuldsvermutung. Wie etliche Hauptangeklagte hatte Eder seit den Festnahmen im Dezember 2022 offenbar eine Vernehmung verweigert. Seine Anwältin übermittelte dem "Stern" Eders Antworten schriftlich mit dem Hinweis: "Die Antworten sind von meinem Mandanten autorisiert und stellen vollständig seine Sicht der Dinge dar."
Quelle: ntv.de, mau