Politik

"Historische Chance vertan" Ex-NATO-Chef Rasmussen rügt Scholz im Panzerstreit

"Immer erst auf Druck tut Deutschland das Richtige": Rasmussen im September bei einem Besuch in der Ukraine.

"Immer erst auf Druck tut Deutschland das Richtige": Rasmussen im September bei einem Besuch in der Ukraine.

(Foto: picture alliance / abaca)

Der frühere NATO-Generalsekretär Rasmussen mahnt Scholz zu einem Strategiewechsel in der Panzerfrage. Mit Zögerlichkeit und defensivem Image verprelle Deutschland die Verbündeten. Die historische Chance auf eine Führungsrolle habe der Kanzler vertan, Ramstein müsse die Wende bringen.

Der frühere NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen hat die deutsche Zurückhaltung bei der Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine scharf kritisiert. In einem Interview mit dem "Stern" sagte Rasmussen, Bundeskanzler Olaf Scholz habe die historische Chance auf eine eigene Führungsrolle verpasst. Aber es sei noch nicht zu spät, fügte Rasmussen hinzu. "Das Treffen der NATO-Verteidigungsminister in Ramstein ist die Gelegenheit für Scholz und seinen neuen Verteidigungsminister Pistorius, Führungsstärke zu demonstrieren."

Am Ende tue Deutschland ja stets das Richtige, sagte Fogh Rasmussen dem Magazin weiter. "Aber immer erst auf Drängen und Druck aller anderen Verbündeten. Das verleiht Deutschland dieses sehr defensive Image." Er hoffe, dass Deutschland endlich schwere Kampfpanzer an die Ukraine liefere. "Und nicht nur das: Deutschland muss auch den 13 anderen europäischen Ländern erlauben, den "Leopard 2" an die Ukraine zu liefern", sagte Rasmussen, der die NATO von 2009 bis 2014 anführte und zuvor dänischer Ministerpräsident war. "Das ist meine Hoffnung. Und auch meine Erwartung."

"Ich sehe das Argument nicht, die Bündnispartner sehen es auch nicht"

Verständnis für die deutsche Zögerlichkeit brachte der Ex-NATO-Generalsekretär in dem Gespräch ausdrücklich nicht auf. Er sei sogar über den Kurs von Scholz überrascht. "Ich sehe das logische Argument nicht. Und die Bündnispartner sehen es auch nicht. Ich war zuletzt zweimal in Washington. Im Oktober und November, vor und nach den Zwischenwahlen. Und dort gab es von amerikanischer Seite eine sehr deutliche Botschaft: "Wir sind nicht gegen die deutsche Lieferung von schweren Waffen. Im Gegenteil, wir unterstützen sie nachdrücklich." Deutschland scheint also der einzige Akteur in dieser Sache zu sein, der immer noch zögerlich ist." Scholz verschanze sich hinter dem Vorwand, man warte auf die anderen. "Das ist unverständlich. Es ist Zeit für einen Strategiewechsel", sagte Rasmussen dem "Stern".

Zu einem europäisch koordinierten Panzervorstoß sagte Rasmussen, "insgesamt könnten wir Europäer zwei bis dreihundert Panzer problemlos stellen. Es gibt keinen Grund zu zögern. Wir sollten Putin keine Zeit geben, sich weitere Strategien zu überlegen. Wir müssen die Russen in die Defensive zwingen." Waffenlieferungen für die Ukraine seien daher alternativlos. Andernfalls könne sich der Krieg endlos in die Länge ziehen "und zu einem schwelenden oder eingefrorenen Konflikt werden, der ganz Europa, auch Deutschland, für viele, viele Jahre schädigen würde".

Quelle: ntv.de, mau

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