"Er hat die Hamas aufgebaut" Ex-Premier Olmert sagt Netanjahus Untergang voraus
22.01.2024, 21:46 Uhr Artikel anhören
Olmert auf einer Konferenz im September 2022.
(Foto: picture alliance / Pacific Press)
In seiner Amtszeit schlägt Israels Ex-Premier Olmert eine umfassende Zweistaatenlösung vor und scheitert am Nein der Palästinenser. Nun will er an den Plan von damals anknüpfen. Nachfolger Netanjahu wirft er vor, die Hamas gestärkt zu haben, um Friedensverhandlungen zu vermeiden.
Der frühere israelische Ministerpräsident Ehud Olmert hat seinem Nachfolger Benjamin Netanjahu vorgeworfen, die Hamas bewusst gestärkt zu haben. "Der kontinuierliche und konsequente Aufbau der Hamas war eine kalkulierte Strategie von Netanjahu", sagte Olmert in einem Interview mit dem "Spiegel".
Er selbst habe während seiner Amtszeit von 2006 bis 2009 die Freilassung von palästinensischen Top-Terroristen im Austausch gegen israelische Geiseln abgelehnt, Netanjahu hingegen habe 2011 rund tausend palästinensische Gefangene freigelassen, darunter den heutigen Führer der Hamas in Gaza Yahya Sinwar. "Jetzt nennt Netanjahu ihn einen Nazi, aber damals hat er ihn freigelassen und dabei geholfen, ihn zum Führer der Hamas zu machen", sagte Olmert dem Magazin.
Olmert fügte hinzu, dass die Sicherheitsdienste Netanjahu in den vergangenen Jahren immer wieder angeboten hätten, Sinwar auszuschalten. "Aber Bibi wollte das nicht." Der Grund sei gewesen, so Olmert, dass "die Alternative gewesen wäre, mit der Palästinensischen Autonomiebehörde zu verhandeln."
"Wut wird wie ein Vulkan ausbrechen"
Olmert sagte Netanjahu ein baldiges politisches Ende voraus. "Die Verbitterung und Enttäuschung werden sich zu einer Wut aufstauen, die wie ein Vulkan ausbrechen wird." Anstelle von Netanjahu brauche Israel einen politischen Anführer, der bereit sei, sich unbeliebt zu machen, sagte Olmert. "Man kann die Geschichte nicht ändern, ohne das Risiko einzugehen, sich unbeliebt zu machen."
Um den Nahost-Konflikt zu lösen, schlug Israels Ex-Premier die Entsendung von amerikanischen und europäischen Soldaten in den Gazastreifen vor. "Wir brauchen die Europäer und die Amerikaner, um eine militärische Eingreiftruppe für die Übergangszeit nach Gaza zu schicken, weil die Araber und die Palästinenser nicht kommen werden und wir, Israel, nicht dort bleiben sollten", sagte der 78-Jährige weiter.
Um die Amerikaner und die Europäer zu überzeugen, müsse Israel einen politischen Horizont aufzeigen. "Unmittelbar nach der Militäraktion sollten wir mit den Verhandlungen über eine Zweistaatenlösung beginnen." Olmert hatte in seiner Regierungszeit dem bereits damals regierenden Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde Mahmoud Abbas einen weitreichenden Plan für eine Zweistaatenlösung vorgeschlagen. Abbas hatte ihn damals abgelehnt.
Quelle: ntv.de, mau