Bundesregierung "entsetzt" über Riad Exekution in Saudi-Arabien erzürnt Schiiten
02.01.2016, 16:54 Uhr
Schiitische Demonstranten im Jemen halten Bilder des hingerichteten Scheichs Nimr al-Nimr.
(Foto: REUTERS)
47 Menschen lässt das saudische Regime an einem Tag enthaupten, darunter prominente Vertreter der schiitischen Opposition. Das macht viele Menschen in der Region wütend. Auch die deutsche Regierung bezieht eindeutig Stellung.
Nach der Hinrichtung eines führenden schiitischen Geistlichen in Saudi-Arabien ist es im Nachbarland Bahrain zu Protesten gekommen. Dabei feuerte die Polizei in dem Ort Abu-Saiba westlich der Hauptstadt Manama Augenzeugen zufolge Tränengas auf Dutzende Demonstranten ab. Die aufgebrachte Menge hielt Bilder des getöteten Geistlichen Nimr al-Nimr in die Höhe.
Vertreter der schiitischen Bevölkerungsmehrheit hatten zu Protesten in dem von Sunniten regierten Königreich aufgerufen. Auch in anderen Ländern der Region löste die Hinrichtung von insgesamt 47 Menschen in Saudi-Arabien wütende Reaktionen aus. "Das Verbrechen" an Scheich Nimr al-Nimr werde dazu führen, dass die sunnitische Herrscherfamilie Saud aus den Geschichtsbüchern getilgt werde, sagte der einflussreiche iranische Ajatollah Ahmad Chatami der Nachrichtenagentur Mehr zufolge.
Bundesregierung ist "entsetzt"
Das iranische Außenministerium warf Saudi-Arabien vor, Terroristen und sunnitische Extremisten zu unterstützen. Auch von führenden Schiiten aus dem Irak und dem Libanon sowie von den schiitischen Huthi-Rebellen im Jemen kamen massive Kritik und Empörung.
Kritik an den Exekutionen wurde auch in Deutschland laut: "Entsetzt von Berichten über die jüngsten Exekutionen in Saudi-Arabien", erklärte der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Christoph Strässer, auf Twitter. Im Auswärtigen Amt hieß es weiter, die Hinrichtung Nimrs "verstärkt unsere bestehenden Sorgen über zunehmende Spannungen und sich vertiefende Gräben in der Region".
Der deutsche Grünen-Abgeordnete Omid Nouripour erklärte, die Massenhinrichtungen seien "der letzte Weckruf für die Bundesregierung, die 'strategische Partnerschaft' mit einem Staat zu beenden, dessen Praktiken sich vom sogenannten Islamischen Staat kaum unterscheiden." Die Linken-Politikerin Sevim Dagdelen erklärte, "die Massenhinrichtungen à la IS durch die wahhabitische Diktatur in Saudi Arabien" gefährdeten den Frieden in der gesamten Region.
Vater von Getötetem ruft zu "friedlichem Protest" auf
Nimr war am Samstag mit 46 weiteren Menschen wegen Terrorismus-Vorwürfen hingerichtet worden. Saudi-Arabien hatte nach zum Teil gewaltsamen Protesten von Schiiten im Zuge des Arabischen Frühlings Hunderte Angehörige der Bevölkerungsminderheit festgenommen und Dutzende zum Tode verurteilt. Die meisten der nun Hingerichteten seien wegen Beteiligung an Anschlägen der Islamisten-Organisation Al-Kaida in den Jahren von 2003 bis 2006 zum Tode verurteilt worden, teilte das Innenministerium in Riad mit.
Nimr war im Juli 2012 festgenommen worden, nachdem er mehr Rechte für die schiitische Minderheit in dem von Sunniten dominierten Königreich gefordert hatte. Ihm wurde vorgeworfen, die Proteste gegen die Regierung mit angezettelt zu haben.
Saudi-Arabien sieht sich als Schutzmacht der sunnitischen Moslems, der Erzrivale Iran als Schutzmacht der Schiiten. Der Iran hatte Saudi-Arabien vor der Exekution des Geistlichen gewarnt. Ajatollah Chatami, der zu den ranghöchsten Geistlichen des Iran gehört, forderte einen Aufschrei in der islamischen Welt als Reaktion auf die Hinrichtung Nimrs. Dieses Verbrechen spiegele das kriminelle Verhalten der saudiarabischen Herrscherfamilie wider.
Der Bruder des Hingerichteten rief zu friedlichen Protesten auf. Es sei schon genug Blut vergossen worden, sagte Mohammed al-Nimr, dessen Sohn Ali ebenfalls unter den Exekutierten ist. Ali al-Nimr war auch wegen der Teilnahme an Protesten gegen das Regime zum Tode verurteilt worden. Sein Fall hatte international für Aufmerksamkeit gesorgt, da er zum Zeitpunkt seiner Festnahme erst 17 Jahre alt war.
Quelle: ntv.de, mbo/rts/dpa