Kabinett beschließt Neuregelung Extremistische Soldaten sollen schneller ausgesiebt werden
16.08.2023, 18:19 Uhr Artikel anhören
Der Verwaltungsaufwand wird massiv eingestampft, um verfassungsfeindliche Soldaten und Soldatinnen schneller zu entfernen.
(Foto: picture alliance/dpa)
Es wird in Zukunft kein gerichtliches Disziplinarverfahren benötigt, um Soldaten und Soldatinnen mit extremistischer Gesinnung aus der Truppe zu entfernen. Das sieht ein neuer Gesetzentwurf vor. Ein Berufsstand ist bei Volksverhetzung sogar ganz vom Tisch.
Extremistinnen und Extremisten bei der Bundeswehr sollen künftig schneller entlassen werden können. Das Bundeskabinett hat heute einen entsprechenden Gesetzentwurf gebilligt. Geplant ist ein neuer spezifischer Entlassungstatbestand, der an das Bundesverfassungsschutzgesetz anknüpft. Demnach sollen Soldatinnen und Soldaten, die nachweislich verfassungsfeindliche Bestrebungen unterstützen oder verfolgen, "unabhängig von ihrem Status durch Verwaltungsakt aus dem Dienstverhältnis entfernt werden können". Die Entlassung erfolge durch die Behörde selbst, "nicht nach langwierigen Gerichtsverfahren".
"Das heißt, eine Entlassung kann künftig zügig umgesetzt werden", erklärte das Bundesverteidigungsministerium. Der Rechtsschutz bleibe gewährleistet, da eine gerichtliche Überprüfung dieser Entscheidung möglich sei.
Bundesminister Boris Pistorius betonte: "Unsere Soldatinnen und Soldaten stehen auf dem Boden der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Das ist wesentliche Voraussetzung für ihr Dienstverhältnis zum Staat." Er fügte hinzu: "Gleichwohl sind wir wachsam, um im Einzelfall schnell und konsequent handeln zu können." Eine Entlassung erkannter Extremistinnen und Extremisten aus der Bundeswehr werde künftig "ohne ein langwieriges gerichtliches Disziplinarverfahren möglich sein".
Berufung zum Berufssoldaten unmöglich bei Verurteilung
Der vom Kabinett beschlossene Gesetzentwurf ermögliche es, "die Bundeswehr vor verfassungsfeindlichen Strömungen zu bewahren, und das bei Wahrung aller rechtsstaatlichen Grundsätze", fügte Pistorius hinzu. Der Entwurf wird nun in das parlamentarische Verfahren eingebracht.
Außerdem wird das Soldatengesetz anlehnend an die Regelungen für Beamte dahingehend geändert, "dass eine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe wegen Volksverhetzung zum Verlust der Rechtsstellung der Soldatin oder des Soldaten führt, ohne dass es eines weiterführenden Verwaltungsaktes bedarf". Dies lehne sich an die Regelungen für Beamtinnen und Beamte an. Zudem werde klargestellt, "dass eine solche Verurteilung einer Berufung in das Dienstverhältnis einer Berufssoldatin und eines Berufssoldaten sowie einer Soldatin auf Zeit oder eines Soldaten auf Zeit von vornherein entgegensteht". Bereits ernannte Berufssoldatinnen oder -soldaten verlören bei einer Verurteilung diesen Status.
Neuregelung folgt auf Fall im Koblenzer Beschaffungsamt
Der Militärische Abschirmdienst (MAD) hatte zuletzt einen deutlichen Rückgang der Fälle von Extremismusverdacht in der Bundeswehr verzeichnet. Zum Jahreswechsel 2022/23 wurden demnach 962 Fälle bearbeitet - ein Jahr zuvor waren es noch 1452 Fälle gewesen. Ganz oben lagen erneut Verdachtsfälle wegen Rechtsextremismus, die aber zurückgingen.
Erst kürzlich hatte die Bundesanwaltschaft in Koblenz einen Mitarbeiter des Beschaffungsamtes der Bundeswehr festnehmen lassen. Er soll sich aus eigenem Antrieb seit Mai mehrmals bei der russischen Botschaft in Berlin und dem Generalkonsulat in Bonn gemeldet und eine Zusammenarbeit angeboten haben. Einmal soll er dabei beruflich erlangte Informationen weitergegeben haben. Der Bundeswehrverband hatte zu mehr Wachsamkeit innerhalb der Truppe aufgerufen.
Quelle: ntv.de, ysc/AFP/dpa