Scharfe Kritik von der Linken Faeser will überraschende Abschiebungen ausweiten
14.08.2023, 17:35 Uhr Artikel anhören
Dass Menschen mitten in der Nacht zur Abschiebung abgeholt werden, ist nicht ungewöhnlich.
(Foto: picture alliance /)
Mit ihren Vorschlägen zur Rückführung von nicht verurteilten Clan-Mitgliedern zieht Innenministerin Nancy Faeser zuletzt Kritik auf sich. Auch ein anderer Punkt aus einem Diskussionspapier sorgt für Aufsehen. Es geht um das heikle Thema überraschende Abschiebungen von Geduldeten.
Abschiebungen auch bei langjährig Geduldeten sollen nach Plänen des Bundesinnenministeriums künftig nicht mehr angekündigt werden müssen. Betroffene könnten dann von der Polizei überraschend abgeholt und außer Landes gebracht werden. Das geht aus einem Diskussionspapier "zur Verbesserung der Rückführung" hervor, das das Ministerium von Innenministerin Nancy Faeser Anfang August veröffentlichte. Die "Süddeutsche Zeitung" berichtete nun über diesen Aspekt.
Bisher müssen Menschen, die sich bereits mehr als ein Jahr geduldet in Deutschland aufhalten, mindestens einen Monat vorher über ihre bevorstehende Abschiebung informiert werden. Das Ministerium begründete den Vorschlag mit einer Entlastung der Ausländerbehörden. Geduldete sind Menschen, die zwar ausreisepflichtig sind, aber aus bestimmten Gründen nicht abgeschoben werden können. Das kann etwa daran liegen, dass sie keine Ausweisdokumente haben, krank sind oder ein minderjähriges Kind haben, das eine Aufenthaltserlaubnis besitzt. Die Duldung ist immer befristet.
2022 wurden nach Angaben der Bundesregierung knapp 13.000 ausreisepflichtige Personen aus Deutschland abgeschoben. Laut Ausländerzentralregister waren Ende 2022 rund 304.000 Menschen ausreisepflichtig, davon etwa 248.000 mit einer Duldung.
Scharfe Kritik von der Linkspartei
Die fluchtpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Clara Bünger, erklärte, für viele geduldete Menschen wäre die Neuerung eine Katastrophe. Die jetzige Regelung mit vier Wochen Ankündigungsfrist ergebe sich zwingend aus dem Rechtsstaatsprinzip und dem Grundsatz der Menschenwürde. "Denn die Betroffenen leben meist seit Jahren in Deutschland, sie gehen womöglich einer Arbeit nach und haben eine Wohnung angemietet, es bestehen Freundschaften und Beziehungen, Kinder gehen zur Schule und sind längst angekommen. Solche Menschen ohne Vorankündigung aus ihrem Leben herauszureißen und abzuschieben, ist unmenschlich und unverantwortlich."
Auf Twitter schrieb Bünger zudem: "Betroffene könnten mitten in der Nacht aus dem Bett geworfen und zur Abschiebung geholt werden - auch Familien mit Kindern und traumatisierte Menschen. Das ist in rechtsstaatlicher Hinsicht und gemäß Artikel 1 Grundgesetz, der Menschenwürdegarantie, völlig unverhältnismäßig und inakzeptabel."
Auch Clan-Vorschlag sorgte für Aufsehen
Bereits ein anderer Vorschlag von Faeser aus dem Diskussionspapier hatte für Aufsehen gesorgt. Die Innenministerin will nicht verurteilte Clan-Mitglieder abschieben. Deutliche Kritik daran gab es von den Grünen, die eine solche Regelung nicht mittragen wollen. Auch die Union und Rechtsexperten äußerten Zweifel.
Mit ihren Vorschlägen zu einer strengeren Rückführung bewege sich Innenministerin Faser verfassungsrechtlich teils auf dünnem Eis, sagte ntv-Politikreporterin Heike Boese. Die Pläne grenzten zum Teil an Sippenhaft. Die Innenministerin wolle sich als "Frau von Law and Order" präsentieren, so die Expertin.
Quelle: ntv.de, rog/dpa