Politik

2026 arbeiten fast alle mehrFallen die Feiertage weg, hat die Fantasie freien Lauf

20.12.2025, 09:33 Uhr
imageVon Lothar Keller
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Der Tag der Deutschen Einheit fällt im neuen Jahr auf einen Samstag, weshalb viele Menschen einen Tag weniger frei haben als üblich. (Foto: picture alliance / CHROMORANGE)

2026 müssen die Arbeitnehmer mit weniger freien Tagen auskommen als in diesem Jahr. Mehrere Feiertage fallen auf Wochenenden. Linke und Grüne fordern deshalb "Ausgleichstage" unter der Woche. Die Empörung der Arbeitgeber ist erwartbar - fordern sie doch eher das Gegenteil: Feiertage zu streichen.

Haben wir in Deutschland zu viele Feiertage? Kommt darauf an, wen man fragt. Und wann. Am Ende dieses Arbeitsjahres 2025 steht Geschäftsführerin Vera Bökenbrink im Werkzeugunternehmen "Der Stahlwille" in Wuppertal und sag, sie halte nichts davon, einen Feiertag zu streichen. "Natürlich macht sich das bemerkbar, wenn ich ein paar Tage mehr arbeite", meint Bökenbrink. "Das Problem ist, das fällt in ein Jahr, wo wir eigentlich gar nicht so viel Arbeit haben, weil die Konjunktur ja noch gar nicht angesprungen ist."

Nicht alle in der deutschen Wirtschaft sehen das so. Gerade erst hat Trumpf-Chefin Nicola Leibinger-Kammüller gefordert, den Ostermontag als freien Tag zu streichen. Und der Chef des arbeitgebernahen Instituts der Deutschen Wirtschaft, Michael Hüther, rechnet im ntv-Interview vor: "Notwendig wäre, einen Feiertag zu streichen oder auch über Urlaubstage nachzudenken. Ein Feiertag weniger oder ein Arbeitstag mehr sind 8,6 Milliarden wirtschaftliche Leistungen im Jahr. Das ist durchaus erheblich."

Dem Mann kann geholfen werden: Es genügt der Blick auf den Kalender 2026. Der Tag der Deutschen Einheit fällt im kommenden Jahr auf einen Samstag, ebenso der 2.Weihnachtstag, dazu eine Reihe regionaler Feiertage wie der Reformationstag, der immerhin in neun Bundesländern begangen wird. 2025 lagen diese Tage alle unter der Woche, die meisten Arbeitnehmer hatten frei. 2026 wird also zwei bis drei Tage mehr gearbeitet. Nach Michael Hüthers Rechnung wären das bis zu 25 Milliarden mehr BIP, ganz ohne die Axt an den Ostermontag zu legen. Zum Vergleich: 2024 lag das Bruttoinlandsprodukt bei 4,33 Billionen Euro (4330 Milliarden Euro).

Aber vielleicht ist das etwas zu abstrakt gerechnet, mit Blick auf die Realität deutscher Werkbänke? "Es gibt so viel, was wir vorher abhaken sollten, bevor wir an solche Sachen gehen", findet Stahlmanagerin Bökenbrink. "Wenn Sie ein Beispiel brauchen: Teilzeitbeschäftigte. Die meisten meiner Teilzeitbeschäftigten sind nicht teilzeitbeschäftigt, weil sie das unbedingt wollen, sondern weil sie Kinder oder Eltern nicht unterbringen. Bringen wir dieses Problem in Ordnung, habe ich eine ganze Menge mehr Arbeitsstunden."

Und wenn man diese ganze Feiertagsrechnung auf links dreht, kommt ein völlig anderes Ergebnis heraus. Drei freie Tage weniger in 2026 - das weckt den Widerstand der Klassenkämpfer: "Die Menschen legen sich jeden Tag krumm, freuen sich auf die Feiertage und in so einem schlechten Jahr wie 2026 gehen davon zwei oder bei einigen sogar fünf flöten", klagt Linken-Parteichef Jan van Aken. "Ich finde das gemein. Die Menschen, die hart arbeiten, haben sich auch die Feiertage verdient. Und in England, in Spanien ist das völlig normal. Da werden Feiertage, die auf ein Wochenende fallen, ausgeglichen. Ich finde das nur gerecht."

England hat allerdings auch nur acht nationale Feiertage, Deutschland neun bis zwölf, in einigen bayerischen Gemeinden sind es sogar 14. Trotzdem ist Bayern das pro Kopf wirtschaftsstärkste deutsche Flächenland. Luxemburg hat elf gesetzliche Feiertage - fällt einer aufs Wochenende, wird der Tag in der Woche ausgeglichen, obwohl Luxemburg nicht von Jan van Akens Linken regiert wird. Ganz so einfach scheint der Zusammenhang zwischen Arbeitszeit und Wirtschaftskraft also nicht zu sein - das sieht Vera Bökenbrink auch im eigenen Unternehmen: "Ich finde, das ist ein Nebenkriegsschauplatz. Unsere Leute müssen sich auch erholen, und vielleicht arbeiten die lieber anderthalb Stunden mehr am Tag, als irgendeinen Urlaubstag abzugeben. Aber das muss dann auch eine Firma entscheiden, und das machen wir auch heute schon."

Dennoch steht auf dem Weihnachts-Wunschzettel mancher Wirtschaftsmanager, einen Feiertag zu streichen. Man muss aber nicht das Christkind sein, um vorherzusagen: Auch 2026 wird das keine Bundes- oder Landesregierung wagen. Ebenso wenig wird sich der Wunsch der Linken und der Grünen auf Ausgleichs-Feiertage erfüllen. Auf arbeitgeberfreundliche Jahre folgen arbeitnehmerfreundliche, das regelt der Kalender ganz von allein.

Quelle: ntv.de

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