Bei Demos in Paris und Istanbul Feministische Proteste enden im Tränengas
09.03.2020, 00:06 Uhr
Auch dieses Jahr hatten die Istanbuler Behörden die Demonstration am Weltfrauentag nicht genehmigt.
(Foto: REUTERS)
Trotz Coronavirus gehen in vielen Ländern Menschen auf die Straße, um für Gleichberechtigung zu demonstrieren. In Paris und Istanbul aber bleiben die Proteste nicht friedlich: Es kommt zu Auseinandersetzungen mit der Polizei. Zumindest in Frankreich hat das eine ernsthafte Debatte zur Folge.
In Istanbul ist die türkische Polizei mit Tränengas gegen einen Protestzug hunderter Frauen zum Internationalen Frauentag vorgegangen. Polizisten versuchten, die Kundgebung am zentralen Taksim-Platz aufzulösen. Wie schon im vergangenen Jahr hatten die Istanbuler Behörden die Demonstration nicht genehmigt und alle Straßen zum Taksim-Platz und zur Einkaufsstraße Istiklal abgeriegelt.
Trotzdem versammelten sich hunderte Frauen, um für ihre Rechte und gegen Gewalt zu protestieren. Die Frauen riefen Sprechchöre und hielten Plakaten mit Aufschriften wie "Missbrauch kann nicht vergeben oder entschuldigt werden" oder "Lang lebe der feministische Kampf" hoch. Die Lage blieb ruhig, bis die Frauen versuchten, auf die Istiklal-Straße zu gelangen. Dann schritt die Polizei ein. Vor zwei Jahren waren die Proteste am Frauentag noch friedlich verlaufen. Im vergangenen Jahr war die Istanbuler Polizei jedoch ebenfalls mit Tränengas gegen tausende Demonstrantinnen auf der Istiklal-Straße vorgegangen.
Frauenrechtlerinnen haben die Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdogan wiederholt beschuldigt, nicht genug gegen Gewalt gegen Frauen zu unternehmen. Zuletzt hatte der Mord an der 38-jährigen Emine Bulut für großes Aufsehen gesorgt. Sie wurde im August vor den Augen ihrer zehnjährigen Tochter von ihrem Ex-Mann getötet.
In Frankreich ist derweil eine neue Debatte um Polizeigewalt entflammt, nachdem es bei einer feministischen Demonstration am Vorabend zu Auseinandersetzungen gekommen war. Innenminister Christophe Castaner habe bei der Polizeipräfektur der Hauptstadt einen Bericht angefordert, um festzustellen, was am Rande der Demonstration in der Nacht zum Sonntag passiert sei. Das teilte die französische Gleichstellungs-Staatssekretärin Marlène Schiappa via Twitter mit.
Die Polizei berichtete, es sei am Rande der Demonstration, an der sich mehrere Tausend Menschen beteiligt hatten, zu Ausschreitungen gekommen. Nachdem eine Absperrung der Sicherheitskräfte durchbrochen worden war, setzten die Beamten demnach Tränengas ein. Von den neun festgenommenen Menschen blieben sieben zunächst im Polizeigewahrsam.
In vielen Ländern wurden die Frauentagsdemonstrationen allerdings massiv von der Angst vor dem neuartigen Coronavirus überschattet. UN-Generalsekretär António Guterres bezeichnete die mangelnde Gleichstellung in vielen Bereichen als "die überwältigende Ungerechtigkeit unserer Zeit und die größte Herausforderung für die Menschenrechte". Er kritisierte in einem Gastbeitrag in der "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" (FAS) auch den täglichen Sexismus, dem Frauen ausgesetzt seien.
Quelle: ntv.de, lwe/dpa/AFP