Gestorben im Alter von 98 Jahren Früherer EU-Kommissionspräsident Jacques Delors ist tot
27.12.2023, 17:59 Uhr Artikel anhören
Delors wird auch als Inspirator der europäischen Einheitswährung seit 1989 in Erinnerung bleiben.
(Foto: picture alliance / abaca)
Als Präsident der Europäischen Kommission hauchte Jacques Delors dem alten Kontinent über ein Jahrzehnt lang neues Leben ein. Nun ist er in seinem Haus in Paris im Schlaf gestorben, wie seine Tochter Martine Aubry mitteilt.
Der frühere EU-Kommissionspräsident Jacques Delors ist tot. Der Franzose, der die EU-Kommission von 1985 bis 1995 geleitet hatte, starb im Alter von 98 Jahren in Paris, wie seine Tochter Martine Aubry der Nachrichtenagentur AFP sagte. "Er ist heute Morgen in seinem Haus in Paris im Schlaf gestorben", erklärte die Bürgermeisterin von Lille. Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron würdigte Delors auf der Online-Plattform X (früher Twitter) als "Kämpfer für menschliche Gerechtigkeit".
Macron schrieb: "Sein Engagement, seine Ideale und seine Rechtschaffenheit werden uns immer inspirieren. Ich würdige seine Arbeit und sein Andenken und teile den Schmerz seiner Lieben." Die Präsidentin des Europaparlaments, Roberta Metsola, schrieb auf X, mit dem Tod von Jacques Delors verliere die EU einen Giganten. Als Ehrenbürger Europas habe er sich als Präsident der Europäischen Kommission und Mitglied des Europäischen Parlaments unermüdlich für ein vereintes Europa eingesetzt. "Generationen von Europäern werden weiterhin von seinem Vermächtnis profitieren", so die EU-Spitzenpolitikerin.
Delors wurde am 20. Juli 1925 in Paris geboren. Zuletzt wurde es ruhig um ihn. Im März 2020, zu Beginn der Covid-Pandemie, hatte er sich zuletzt auf der politischen Bühne zu Wort gemeldet. Damals befürchtete er, dass die mangelnde Solidarität zwischen den Staaten die EU "in tödliche Gefahr" bringen könnte. Die Wiederbelebung der EU war das große Werk des ehemaligen Präsidenten der Kommission, der sich in die Reihe der Gründerväter der Währungsunion einreihte.
Der französische Sozialist war von 1981 bis 1984 Wirtschafts- und Finanzminister unter Präsident François Mitterrand, bevor er 1985 nach Brüssel ging. Mit drei Prinzipien - "Wettbewerb, der anspornt, Zusammenarbeit, die stärkt, und Solidarität, die eint" - sollte Delors dem alten Kontinent ein Jahrzehnt lang neues Leben einhauchen.
Verfechter der europäischen Einheitswährung
An der Spitze der EU-Kommission setzte er sich maßgeblich dafür ein, die Idee der europäischen Integration wiederzubeleben und voranzutreiben. Als seine Verdienste gelten die Vollendung des EU-Binnenmarkts, die Unterzeichnung des Schengener Abkommens und der Beginn der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU), die zur Einführung des Euro führte. Delors ist daher der Architekt der modernen EU.
Dank einer privilegierten Beziehung zu Bundeskanzler Helmut Kohl und als Visionär beschleunigte Delors nach dem Fall der Berliner Mauer auch den Beitritt der ehemaligen ostdeutschen Bundesländer zu Europa. Er war davon überzeugt, dass die deutsche Wiedervereinigung ein neues Kapitel für die EU eröffnen würde.
Delors wird auch als Verfechter der europäischen Einheitswährung seit 1989 in Erinnerung bleiben. Er ging jedoch, ohne dass eine europäische Wirtschaftsregierung eingerichtet wurde, für die er sich immer wieder einsetzte. Am 19. Januar 1995 verließ Jacques Delors die Europäische Kommission. In Frankreich verzichtete Delors 1995 auf die Präsidentschaftskandidatur der Sozialisten, obwohl er als aussichtsreichster Bewerber gegolten hatte.
Quelle: ntv.de, lve/AFP