"Arbeit muss sich wieder lohnen" Fünf-Punkte-Plan: FDP fordert steuerfreie Überstunden
08.04.2024, 15:39 Uhr Artikel anhören
Die Liberalen wollen einen wirtschaftspolitischen Akzent setzen und fordern Steuerentlastungen für Arbeitnehmer, vor allem für jene, die zu Mehrarbeit bereit sind. Zudem will die FDP schärfere Regeln beim Bürgergeld. Generalsekretär Djir-Sarai teilt erneut gegen die Kindergrundsicherung aus.
Die FDP fordert, die Steueranreize zum Leisten von Überstunden zu verbessern. Durch die Progression der Lohn- und Einkommensteuer verringere sich das Gehaltsplus für Überstunden derzeit oft, heißt es in einem vom Parteipräsidium verabschiedeten Fünf-Punkte-Papier zur Stärkung der Wirtschaft. "Um das zu verhindern, könnten sowohl eine begrenzte Zahl von Überstunden wie auch ausbezahlte Überstundenzuschläge steuerfrei gestellt werden", heißt es in dem Papier.
FDP-Chef Christian Lindner hatte am Sonntagabend gesagt, er wolle den Beschäftigten "Lust machen auf die Überstunde, weil sich die vielleicht steuerlich lohnt, weil man nicht alles abgibt beim Staat". Eine steuerbefreite Ausbezahlung sei ein solcher Anreiz für Mehrarbeit, schreibt das Parteipräsidium in seinem Beschluss.
Die FDP fordert in ihrem Papier mit dem Titel "Leistung und Arbeit müssen sich wieder lohnen" ferner eine automatische Anpassung der Lohn- und Einkommensteuer an die Inflation, um die kalte Progression zu verhindern. Zudem sollten Steueranreizmodelle für ausländische Fachkräfte eingeführt und die Beschäftigung älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer für Arbeitgeber attraktiver gemacht werden.
FDP will "Wirtschaftswende" zum Schwerpunkt machen
In der Debatte um das Bürgergeld fordert die FDP, die Berechnungsmethode auf den Prüfstand zu stellen und Sanktionen für sogenannte Totalverweigerer zu verschärfen. "Wer arbeiten kann, muss auch tatsächlich jede zumutbare Beschäftigung annehmen", so FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai bei der Vorstellung des Papiers. Die Hinzuverdienstregeln im Bürgergeld müssten "im Zusammenspiel mit Kinderzuschlag und Wohngeld leistungsgerechter gestaltet werden". Arbeitsanreize für Bürgergeldempfänger müssten gesteigert werden.
Djir-Sarai beklagte, Deutschland sei derzeit nicht wettbewerbsfähig: "Bürokratie, hohe Energiepreise, ein hohes Steuer- und Abgabenniveau sowie der Fachkräftemangel bremsen die deutsche Wirtschaft derzeit erheblich aus". Der kommende FDP-Parteitag werde sich deshalb "sehr intensiv mit der Frage der Wirtschaftswende in Deutschland beschäftigen".
In der Koalition werde man zudem intern über Schlussfolgerungen diskutieren. Zu erwarten seien "unangenehme Gespräche auch innerhalb der Koalition, aber das sind notwendige Sachdebatten, die wir führen müssen", sagte er. "Wenn wir spätestens den Aufschwung für das kommende Jahr wollen, dann müssen die Rahmenbedingungen jetzt gestellt werden."
Die SPD-Spitzenkandidatin für die Europawahl, Katharina Barley, lehnte die Vorschläge ab. "Überstunden sollen die Ausnahme sein, weil Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein Recht auf Gesundheit und auf Freizeit haben", sagte Barley. Die Mentalität in Deutschland sei hervorragend, die Leistungsbereitschaft hoch. "Aber daraus jetzt ein System zu machen, ist, wie einen Gummi auf Dauer zu überreizen", betonte sie. Gerade in der Pflege verließen viele wegen der Überstunden den Beruf.
Djir-Sarai gibt Paus noch einen mit
Der finanz- und haushaltspolitische Sprecher der CSU im Bundestag, Sebastian Brehm, bezeichnete das FDP-Papier als ein "klassisches Beispiel für ein schlechtes Plagiat". "Die FDP hat ohne Ende bei der Union abgeschrieben - bis hin zum Begriff der 'Wirtschaftswende'. Die einzige FDP-Eigenleistung ist eine Bevorzugung ausländischer Arbeitskräfte durch höhere Steuerfreibeträge", sagte Brehm. Gleichzeitig bleibe das Papier in vielen Bereichen weit hinter dem Anspruch "Leistung und Arbeit müssen sich wieder lohnen" zurück.
Brehm nannte das FDP-Papier "unglaubwürdig". Über nahezu jeden Punkt in dem FDP-Beschluss sei im Bundestag schon abgestimmt worden. "Immer hat die FDP diese Punkte abgelehnt. In der Ampelkoalition ist die FDP zudem mitverantwortlich für eine Politik, die im vollständigen Gegensatz zu ihrem eigenen Beschluss steht", monierte der CSU-Politiker.
Bei der Pressekonferenz zur Vorstellung des Papiers bekräftigte FDP-Generalsekretär Djir-Sarai die Kritik der Liberalen an der Kindergrundsicherung. Die ursprüngliche Idee sei es gewesen, die bereits vorhandenen Angebote zu bündeln und die Zugangsmöglichkeiten zu erleichtern, sagte Djir-Sarai. "Kinder aus der Armut zu holen, ist unser Ziel. Aber es ist niemals unser Ziel gewesen, eine neue Behörde zu schaffen und in Bürokratie und Verwaltung zu investieren."
Der FDP-Politiker wies auch die Auffassung von Paus zurück, es gebe bei Sozialleistungen eine Bringschuld des Staates. "Diese Auffassung teile ich nicht", betonte Djir-Sarai. "Meine Vorstellung ist, dass wir auf Eigenverantwortung setzen und die Eigenverantwortung an der Stelle stärken." Kern von Kinderarmut in Deutschland sei in der Regel die Erwerbslosigkeit der Eltern. "Da müssen wir ran und die Anreize schaffen, damit die Menschen zurückkehren können zum Arbeitsmarkt."
Quelle: ntv.de, jog/dpa/AFP/DJ