Selenskyj: Hunderte Geschosse Fünf Tote bei russischem Raketenhagel auf die Ukraine
26.08.2024, 09:42 Uhr Artikel anhören
Ein russisches Buk-2M-System feuert Raketen in Richtung ukrainischer Stellungen.
(Foto: picture alliance/dpa/Russian Defense Ministry Press Service)
Der russische Präsident Putin will die Ukraine vernichten, die wiederum wehrt sich weiterhin tapfer gegen die Angriffe und feiert am Wochenende ihren 33. Unabhängigkeitstag. Nun fliegen erneut massenhaft russische Raketen und Drohnen auf das Land. Mindestens fünf Menschen sterben, in Kiew fällt der Strom aus.
Bei einem der schwersten Angriffe in zweieinhalb Jahren Krieg hat Russland die Ukraine massiv mit Raketen, Marschflugkörpern und Drohnen aus der Luft beschossen. 15 der insgesamt 24 ukrainischen Regionen seien getroffen worden, teilte Ministerpräsident Denys Schmyhal auf Telegram mit. "Es gibt Tote und Verletzte." Das Hauptziel der Angriffe sei einmal mehr das Energiesystem der Ukraine gewesen. In der Hauptstadt Kiew und in anderen Landesteilen kam es zu Stromausfällen und Notabschaltungen.
Russland habe mehr als 100 Raketen und ähnlich viele Kampfdrohnen eingesetzt, sagte Präsident Wolodymr Selenskyj. "Es war einer der schwersten Angriffe", sagte er in einer via Telegram veröffentlichten Videobotschaft. Er erneuerte die flehentliche Kiewer Bitte an Partnerländer, den Einsatz westlicher Waffen gegen Militärziele tief im Rückraum Russlands zu erlauben. "Jeder Führer, jeder Partner von uns weiß, welche starken Entscheidungen notwendig sind, um diesen Krieg zu beenden, und zwar auf faire Weise." Für die Ukraine dürfe es keine Reichweitenbeschränkung geben, weil auch Russland seine Angriffe nicht beschränke. Ähnlich appellierten Selenskyjs Stabschef Andrij Jermak und Außenminister Dmytro Kuleba an die Verbündeten.
Weil die Angriffe den ganzen Vormittag andauerten, sammelten sich die Angaben zu Opfern und Schäden nur langsam. In ersten Behördenberichten war von 5 Toten und 17 Verletzten in verschiedenen Landesteilen die Rede. Tote wurden unter anderem aus der nordwestlich gelegenen Stadt Luzk sowie den Regionen Dnipro im Osten und Saporischschja im Süden gemeldet. Bei Treffern einer Industrieanlage in der zentral gelegenen Region Poltawa seien fünf Menschen verletzt worden, erklärte Gouverneur Filip Pronin. Das Bombardement traf die Ukraine, als die Menschen nach dem Wochenende mit dem Unabhängigkeitstag wieder zur Arbeit gingen.
In Kiew war der Luftalarm erst nach fast acht Stunden gegen 13.45 Uhr Ortszeit (12.45 Uhr MESZ) vorbei, weil bis dahin immer noch Schwärme russischer Kampfdrohnen im Luftraum registriert wurden. Videos zeigten, wie die Menschen in der Millionenstadt dicht gedrängt die U-Bahnstationen als unterirdische Zuflucht nutzten.
Elf russische Langstreckenbomber in der Luft
Der ukrainischen Luftwaffe zufolge setzte die russische Armee zeitweise elf Langstreckenbomber Tu-95 ein, die als Abschussrampen für Marschflugkörper dienen. Außerdem wurden demnach Hyperschallraketen Kinschal auf die Ukraine abgefeuert. Auch aus dem Schwarzen Meer sei die Ukraine mit Marschflugkörpern Kalibr beschossen worden. Dazu wurden nach vorläufigen Angaben Dutzende Drohnen in der Luft geortet. Angaben zu Treffern auf militärische Ziele machte die Ukraine wie üblich nicht.
Wegen der Nähe der russischen Angriffe zur polnischen Grenze ließ das polnische Militär Abfangjäger aufsteigen, wie die Nachrichtenagentur PAP meldete. An dem Einsatz waren den Angaben nach auch Flugzeuge anderer Verbündeter beteiligt.
Notabschaltungen im ukrainischen Stromnetz
"Der Feind lässt nicht von seinen Plänen ab, den Ukrainern das Licht auszuschalten", schrieb Energieminister Herman Halutschschtenko auf Facebook. Die Lage sei schwierig. Der Stromversorger Ukrenerho und andere Energiefirmen versuchten, das Netz durch Notabschaltungen zu entlasten. Wo kein Strom ist, fällt meist auch die Versorgung mit Wasser aus.
Seit dem Jahreswechsel 2023/24 hat Russland mit mehreren kombinierten Luftangriffen versucht, Kraftwerke und die Energieinfrastruktur der Ukraine auszuschalten. Bei einem Angriff am 29. Dezember setzte die russische Armee nach Kiewer Zählung 122 Raketen und Marschflugkörper sowie 36 Drohnen ein. In der Ukraine waren mehr als 30 Tote zu beklagen.
Die Ukraine wehrt seit Februar 2022 eine große russische Invasion ab. Am Samstag hatte Europas zweitgrößtes Land den 33. Jahrestag seiner Unabhängigkeit von der Sowjetunion begangen.
Quelle: ntv.de, als/dpa/AFP