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Russlands Worte als Vorbild Georgiens Premier droht Opposition mit "Auslöschen"

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Die Polizei schießt mit Tränengas auf Demonstranten in Tiflis.

Die Polizei schießt mit Tränengas auf Demonstranten in Tiflis.

(Foto: picture alliance/dpa/AP)

Seit Tagen gibt es massive proeuropäische Proteste in Georgien. Die Regierung geht immer härter gegen die Opposition vor und verhaftet führende Politiker. Damit nicht genug, droht der Regierungschef des Kaukasusstaats seinen Gegnern mit martialischen Worten.

Der georgische Regierungschef Irakli Kobachidse hat angesichts der anhaltenden Proteste der proeuropäischen Opposition mit einem "Auslöschen" eines "liberalen Faschismus" gedroht. "Wir werden alles Notwendige tun, um den liberalen Faschismus in Georgien vollständig auszulöschen", sagte er vor Reportern. Dieser Prozess habe bereits begonnen. Kobachidse übernahm dabei eine Formulierung, die oft von Russland verwendet wird. Kobachidse warf der Protestbewegung erneut vor, eine Revolution anzustreben und aus dem Ausland finanziert zu werden. Er rief Eltern außerdem dazu auf, ihre Kinder vor "liberalen faschistischen" Einflüssen zu schützen.

Indes hat die Polizei führende Oppositionspolitiker verhaftet. Die größte Oppositionspartei des Landes teilte am Mittwoch ein Video auf X, in dem mehrere Personen zu sehen sind, die einen reglosen Mann an Armen und Beinen halten und wegbringen. Den Angaben zufolge handelt es sich dabei um den Vorsitzenden der Oppositionspartei Koalition für den Wandel, Nika Gwaramia. Er sei körperlich attackiert und bewusstlos von der Polizei in einen Wagen gezerrt worden, heißt es in dem Begleittext zum Video. Von der Polizei war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten.

Die Polizei nahm auch Aleko Elisaschwili, einen Führer der Oppositionspartei Starkes Georgien, sowie ein leitendes Mitglied der Jugendbewegung Dafioni und mindestens sechs weitere Mitglieder von Oppositionsparteien fest. Sie wurden verhaftet, als sich wieder Tausende EU-Befürworter in Tiflis versammelten. Ihnen stand ein Großaufgebot der Bereitschaftspolizei gegenüber, die wieder Wasserwerfer und Tränengas gegen die Regierungsgegner einsetzte.

Die massiven Proteste in dem Kaukasusstaat richten sich vor allem gegen den Premier Irakli Kobachidse.

Die massiven Proteste in dem Kaukasusstaat richten sich vor allem gegen den Premier Irakli Kobachidse.

(Foto: picture alliance/dpa/Georgian Dream party/AP)

Lokale Medien zitierten das Innenministerium mit der Aussage, dass sieben Personen wegen "Organisation und Anführung von Gruppengewalt" verhaftet worden seien. Dies kann mit bis zu neun Jahren Gefängnis bestraft werden. Das Ministerium erklärte, es habe die Häuser von sechs Verdächtigen durchsucht und Gegenstände wie Luftgewehre, Feuerwerkskörper und Molotowcocktails beschlagnahmt.

Anhaltende Massenproteste

Nach der Parlamentswahl am 26. Oktober, bei der die Russland-freundliche Partei Georgischer Traum laut dem offiziellen Ergebnis eine deutliche Mehrheit errungen hatte, hatte die Opposition der Regierungspartei Wahlbetrug vorgeworfen. Die Opposition beschuldigt die Regierung zudem, Georgien von der EU zu entfernen und die ehemalige Sowjetrepublik wieder an Russland annähern zu wollen.

Vergangene Woche Donnerstag begannen massive Proteste in Georgien, sie richten sich insbesondere gegen den von Regierungschef Kobachidse angekündigten Aufschub der EU-Beitrittsverhandlungen des Landes bis 2028. Fast 300 Demonstranten wurden laut dem Innenministerium seit Beginn der Proteste festgenommen. Dutzende Demonstranten, Journalisten und Sicherheitskräfte wurden verletzt.

Forderungen nach Sanktionen

Litauens Staatspräsident Gitanas Nauseda hat sich angesichts des harten Vorgehens gegen Demonstranten in Georgien für EU-Sanktionen gegen die Führung in Tiflis ausgesprochen. Die Europäische Union als Ganzes und speziell Litauen müssten auf prinzipientreue Weise auf die Handlungen der Regierungspartei Georgischer Traum reagieren, deren jüngste Äußerungen und Rhetoriken antiwestlich und prorussisch seien, sagte Nauseda in einem Interview im litauischen Fernsehen.

Angesichts der anhaltenden Unruhen und der offensichtlichen Anwendung exzessiver Gewalt zur Unterdrückung friedlicher Proteste könne man nicht untätig bleiben. Darauf habe er auch in einem Gespräch mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hingewiesen und europäische Lösungen angemahnt, sagte Nauseda. Beide seien sich demnach auch einig gewesen, dass es nicht sicher sei, ob alle 27 EU-Länder derartigen Sanktionen zustimmen würden.

Einreiseverbot für Iwanischwili und weitere Personen

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Litauen hat zusammen mit seinen baltischen Nachbarn Estland und Lettland bereits nationale Sanktionen gegen führende georgische Politiker verhängt, die nicht mehr in die drei EU- und NATO-Länder einreisen dürfen. Darunter sind etwa Innenminister Wachtang Gomelauri und Bidsina Iwanischwili, der in Russland zum Milliardär gewordene Gründer und Führer der Regierungspartei Georgischer Traum.

Vor diesem Hintergrund hat die Ukraine Sanktionen gegen 19 Einzelpersonen in Georgien verhängt, darunter Regierungschef Irakli Kobachidse und der einflussreiche Milliardär Bidsina Iwanischwili. Es handele sich um Sanktionen gegen "den Teil der georgischen Macht, der Georgien an (Wladimir) Putin abgibt", erklärte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in einer Videobotschaft bei Telegram.

Quelle: ntv.de, gut/AFP/dpa/rts

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