Erfundene Schulz-Aussage Gericht verbietet Tweet der Jungen Union
25.07.2017, 18:17 Uhr
Klar erkennbar? Nur das kleine graue Twitterhandle "@therealMartinSchulz" Unterscheidet das Original von der Nachdichtung.
SPD-Chef Schulz hält Linksextremismus für ein "aufgebauschtes Problem" und will mit dessen "Fürsprechern" regieren. Zumindest verbreitet das die CSU-Jugend bei Facebook. Erst nach Androhung einer saftigen Strafe löschen die Nachwuchspolitiker den Eintrag.
Das Hamburger Landgericht hat der Jungen Union (JU) Bayern verboten, einen dem SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz zugeschriebenen, frei erfundenen Tweet zu verbreiten. Laut einem Bericht des "Spiegel" erließ das Gericht auf Antrag der SPD eine einstweilige Verfügung gegen die CSU, die Mutterpartei der JU. Demzufolge droht den Verantwortlichen der Partei ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro oder bis zu zwei Jahren Haft, falls sie das Urteil nicht befolgen.
Auf Facebook hatte die CSU-Jugendorganisation am 12. Juli einen originalen Tweet von Schulz verbreitet, in dem der SPD-Chef die Randale während des G20-Gipfels in Hamburg verurteilte. Dem fügten die Nachwuchs-Konservativen den Kommentar hinzu: "Was Martin Schuld vorhat:" und fügten darunter einen weiteren, erfundenen Schulz-Tweet hinzu, in dem es heißt: "Wir empfinden Linksextremismus als aufgebauschtes Problem. Deshalb wollen wir mit deren (sic!) politischen Fürsprechern ab September in Deutschland regieren."
Eine solche oder ähnliche Äußerung hat Schulz weder jemals getwittert noch gesagt. Nach eigenen Angaben wollte die JU damit auf eine möglichen rot-rot-grünen Koalition nach der Bundestagswahl im Herbst hinweisen.
Heil begrüßt Urteil
Um eine Fälschung oder "Fake News" handle es sich nicht, argumentierte die JU, da bei dem erfundenen Tweet klar gekennzeichnet gewesen sei, dass er nicht von Martin Schulz' echtem Twitter-Kanal stamme. "Wir sind da der festen Überzeugung, jeder der sich das anschaut, erkennt den Unterschied", sagt JU-Landesgeschäftsführer Stephan Ebner dem Bayerischen Rundfunk zufolge.
Allerdings ist über dem Tweet sowohl Martin Schulz originales Profilbild zu sehen, als auch der blaue Haken, mit dem Twitter echte Kanäle von prominenten Personen bestätigt. Nur bei genauerem Hinsehen ist zu erkennen, dass die JU ihre erfundene Schulz-Aussage einem - ebenfalls erfundenen – Twitter-Nutzer @therealMartinSchulz zuschreibt. Zudem handele es sich nicht um "Fake News", denn Martin Schulz habe eine rot-rot-grüne Koalition auf Bundesebene zumindest nicht ausgeschlossen, sagte ein CSU-Sprecher dem "Spiegel".
Das Hamburger Landgerichten folgte diesen Argumenten offenbar nicht. Die CSU kann Widerspruch gegen die Entscheidung einlegen. Am Nachmittag verschwand der Eintrag jedoch von der JU-Facebook-Seite.
SPD-Generalsekretär Hubertus Heil begrüßte das Urteil und krisierte die Union zugleich scharf. "Es ist skandalös, dass CDU und CSU eine solche Entgleisung geduldet haben, und ich bin froh, dass nun so entschieden wurde", sagte Heil dem Spiegel. Er hoffe sehr, "dass sich ab jetzt alle demokratischen Parteien deutlich von jeglichen Fake News distanzieren".
Quelle: ntv.de, mbo