Kritik an Leopoldina-Plänen Giffey will Kitas vor den Sommerferien öffnen
15.04.2020, 10:10 Uhr
Im Oktober 2019 malt Bundesfamilienministerin Giffey während eines Kita-Besuchs mit einigen Kindern.
(Foto: picture alliance/dpa)
Die Experten der Nationalakademie Leopoldina würden Kitas am liebsten bis zu den Sommerferien weitestgehend geschlossen halten. Bundesfamilienministerin Giffey sieht das kritisch - gerade für Kinder, die zu Hause "in einer eher schwierigen Lage" leben.
Vor den Beratungen über das weitere Vorgehen in der Corona-Krise hat SPD-Bundesfamilienministerin Franziska Giffey eine schrittweise Öffnung der Kitas gefordert. Den Vorschlag der Nationalakademie Leopoldina, die Einrichtungen bis zu den Sommerferien weitgehend geschlossen zu lassen, halte sie "nicht für einen guten Weg", sagte Giffey im ARD-"Morgenmagazin". "Wir müssen hier zu einer schrittweisen Rückkehr zur Normalität kommen."
Giffey verwies unter anderem auf die Betreuungsprobleme alleinerziehender Erwerbstätiger. Auch müsse daran gedacht werden, dass ältere Kita-Kinder auf den Wechsel zur Grundschule vorbereitet werden müssten. Und es gebe Kinder, die zu Hause "in einer eher schwierigen Lage" lebten.
Wenn der Experten-Empfehlung gefolgt werde, dass lediglich fünf Kinder pro Erzieherin in einem Raum betreut werden sollten, könne nur etwa ein Drittel der mehr als drei Millionen Kita-Plätze in Deutschland genutzt werden, rechnete Giffey vor. Somit müsse abgewogen werden, welche Familien diese Plätze nutzen könnten. Zudem müssten in den Kitas Hygiene- und Schutzausrüstungen zur Verfügung stehen.
Giffey äußerte sich zugleich skeptisch zu Überlegungen, ältere Menschen als besonders gefährdete Risikogruppen grundsätzlich anders zu behandeln als den Rest der Bevölkerung. Es dürfe keine "Zweiklassengesellschaft" geben, sagte sie mit Blick auf die Corona-Beschränkungen. Auch ältere Menschen seien "mündige Bürger". Es könne nicht einfach nur bestimmten Gruppen verboten werden, "das Haus zu verlassen".
Auch Kita-Vertreter üben Kritik
Zuvor hatte bereits die Bundeselternvertretung der Kindertagesstätten die Empfehlungen der Nationalakademie Leopoldina in der Corona-Krise als wirklichkeitsfremd kritisiert und eine baldige Öffnung der Kitas gefordert. Der Expertenvorschlag gehe "an der Lebenswirklichkeit von Millionen Menschen vorbei", sagte Ulrike Grosse-Röthig, Bundessprecherin der Elternvertretung, den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Eine fehlende Kita-Betreuung für 3,7 Millionen Kinder bedeute, dass auch 3,7 Millionen Elternteile nicht zur Arbeit gehen könnten.
Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten der Länder beraten am Nachmittag über das weitere Vorgehen bei der Bekämpfung des neuartigen Coronavirus. Dabei wird die Frage, wann welche Einschränkungen gelockert werden, eine zentrale Rolle spielen.
Quelle: ntv.de, agr/AFP