"Wirklichkeitsfremder" Vorschlag Kita-Vertreter rügen Leopoldina-Pläne
15.04.2020, 07:44 Uhr
Momentan gibt es in Kindertagesstätten nur einen Notbetrieb für Kinder, deren Eltern einen systemrelevanten Beruf haben.
(Foto: picture alliance/dpa)
Kleine Kinder können sich nicht an Abstandsregeln halten. Die Experten der Nationalakademie Leopoldina empfehlen deshalb, Kitas in der Corona-Krise bis zum Sommer geschlossen zu halten. Damit ignorieren sie die Lebenswirklichkeit von Millionen Eltern, kritisieren Vertreter der Kindertagesstätten.
Die Bundeselternvertretung der Kindertagesstätten hat die Empfehlungen der Nationalakademie Leopoldina in der Corona-Krise als wirklichkeitsfremd kritisiert und eine baldige Öffnung der Kitas gefordert. Der Expertenvorschlag, wonach jüngere Kinder bis zu den Sommerferien zu Hause bleiben sollten, gehe "an der Lebenswirklichkeit von Millionen Menschen vorbei", sagte Ulrike Grosse-Röthig, Bundessprecherin der Elternvertretung, den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Eine fehlende Kita-Betreuung für 3,7 Millionen Kinder bedeute, dass auch 3,7 Millionen Elternteile nicht zur Arbeit gehen könnten.
Die Experten der Nationalakademie Leopoldina empfehlen, Schulen und Kindertagesstätten schrittweise wieder zu öffnen. Zunächst sollen ihrer Ansicht nach der Lehrbetrieb für Grundschüler und Schüler der Sekundarstufe I starten. Kleine Kita-Kinder sollen dagegen bis zum Sommer zu Hause bleiben, weil sie sich nicht an Abstandsregeln halten können. Nur Fünf- und Sechsjährige sollen in Kleingruppen wieder betreut werden.
"Offensichtlich ist bei der Leopoldina auch noch nicht angekommen, dass es sich bei Kitas um Bildungsreinrichtungen handelt, und dass man Kindern hier Bildung vorenthält", kritisierte Grosse-Röthig. Als "Idealfall" bezeichnete sie die Rückkehr in den normalen Betrieb, wie es Dänemark vorgemacht habe. Mit "viel zusätzlichem Personal" wäre es aus Grosse-Röthigs Sicht möglich, "kleinere Gruppen zu bilden und so Abstand zu halten".
Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten beraten im Laufe des Tages über erste Schritte zu einer Lockerung der Corona-Schutzmaßnahmen. Zu den wichtigsten Themen zählt die Frage, wann und unter welchen Bedingungen Schulen und Geschäfte wieder öffnen können.
Quelle: ntv.de, chr/AFP