Politik

Zumindest theoretisch Grün-Rot-Rot hätte eine Mehrheit im Bund

Horror oder Wunschkombination: Das kommt auf den Blickwinkel an.

Horror oder Wunschkombination: Das kommt auf den Blickwinkel an.

(Foto: picture alliance / dpa)

Für die Union ist es ein Horror-Szenario: Bei allen großen Umfragen wäre inzwischen Grün-Rot-Rot im Bund möglich. Doch seit den Scherzen über Reichenerschießungen sind die potenziellen Partner von der Linken mächtig genervt. Die Union warnt trotzdem munter weiter.

Zumindest theoretisch sind die Aussichten bestens. Auch im jüngsten RTL/ntv Trendbarometer kommt Grün-Rot-Rot wieder auf eine Mehrheit im Bund. Danach halten sich die Grünen wie schon in den Wochen zuvor bei 24 Prozent und die Linkspartei bei 10 Prozent. Die SPD liegt bei 15 Prozent. Zusammen macht das 49 Prozent - die Union kommt dagegen auf 26 Prozent, die FDP auf 6, die AfD auf 7 Prozent. Als einziges Zweierbündnis wäre noch Schwarz-Grün mit zusammen 50 Prozent möglich.

Forsa ist längst nicht das einzige Institut, das eine Mehrheit für Grün-Rot-Rot im Bund sieht. Im ZDF-Politbarometer vom Freitag rutscht die Union mit 26 Prozent auf den schlechtesten Wert, der dort jemals gemessen wurde. Lachende Gewinner sind SPD und Grüne, die auf 16 beziehungsweise 23 Prozent zulegen können. Die Linkspartei käme auf 8 Prozent, so dass es mit 47 Prozent knapp für Grün-Rot-Rot reichen würde.

Ähnlich sieht es auch bei anderen Umfrageinstituten aus: Bei Infratest-Dimap vom Donnerstag liegt Grün-Rot-Rot mit 48 Prozent ebenfalls knapp vorn. Grüne und SPD können danach beide zulegen und kommen auf 23 beziehungsweise 16 Prozent, die Linke bleibt bei neun Prozent. Auch eine Insa-Umfrage für die "Bild"-Zeitung sieht Grün-Rot-Rot mit zusammen 49 Prozent vorn, bei Kantar kommen die drei Parteien zusammen auf 48, bei Allensbach Mitte Februar auf 47 Prozent.

Erschießungswitze auf Strategietreffen der Linken

Auch wenn somit theoretisch eine Koalition von Grünen, SPD und Linkspartei zurzeit im Bund möglich wäre: Realistisch ist sie nicht. Gerade erst hatten Äußerungen bei einem Linken-Strategietreffen bundesweit einen Sturm der Entrüstung entfacht. Eine Teilnehmerin sprach da - scherzhaft, wie sie nachher betonte - von der Erschießung von einem Prozent der Reichen, woraufhin Parteichef Bernd Riexinger auf dem Podium weiterwitzelte: "Wir erschießen sie nicht, wir setzen sie schon für nützliche Arbeit ein."

Die Linken-Co-Chefin Katja Kipping zeigte sich in dieser Woche im Bundestag zwar reuig und nannte die Äußerungen von den Erschießungen einen "großen Fehler". Auch der Linken-Ministerpräsident Bodo Ramelow, der in Thüringen eine rot-rot-grüne Minderheitsregierung anführt, sagte hierzu im "ntv Frühstart": "Es geht überhaupt nicht, nicht einmal in ironischer Form, nicht einmal in satirischer Form, dass man vom Erschießen vom reichsten ein Prozent der Bevölkerung redet."

Trotz dieser Buße zeigte die Aktuelle Stunde im Bundestag, dass bei den möglichen Koalitionspartnern der Linken das Befremden groß ist: Der SPD-Abgeordnete Helge Lindh nannte die Äußerungen "inakzeptabel" und "menschenverachtend". Die Grünen-Abgeordnete Canan Bayram rief der Linken-Fraktion zu: "Als ich dieses Video gesehen habe, war mein erster Gedanke: Geht's noch?"

Auch junge Mitglieder der Grünen sind genervt: "In den letzten Tagen und Wochen hat sich die Linkspartei mit noch größeren Schritten von Rot-Rot-Grün auf der Bundesebene entfernt", twitterte Tim Demisch. "Wenn sie sich nicht langsam in den Griff bekommt, fällt diese Koalitionsoption für die kommende Legislaturperiode weg." SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil zeigte sich ebenfalls skeptisch. Zwar sei die Zeit für ein solches Bündnis und die Bereitschaft der SPD dafür nie so groß wie heute, sagte er am Mittwoch bei einer gemeinsamen Veranstaltung mit Kipping. Aber zuerst müsse die SPD wieder stärker werden und die Grünen die Frage nach einem möglichen Bündnis mit SPD und Linker noch beantworten.

Tiefer Graben

Doch sind es nicht nur schlechte Witze, die den tiefen Graben zwischen einigen Mitgliedern der Linkspartei und SPD und Grünen im Bund erahnen lassen. Gerade in der Außen- und Sicherheitspolitik trennen die Parteien Welten. So verlangt die Linke eine Auflösung der Nato. Solange es diese noch gibt, soll die Bundeswehr zumindest deren Oberkommando entzogen werden. "Es wird mit der SPD keinen Austritt aus der Nato geben", fühlte sich Klingbeil deshalb in dieser Woche bemüßigt klarzustellen. Und vor Kurzem hatten acht Linken-Politiker im Bundestag für Irritationen gesorgt: Wegen der Tötung des iranischen Generals Ghassem Soleimani beim Generalbundesanwalt stellten sie Strafanzeige gegen Mitglieder der Bundesregierung - wovon sich allerdings die Fraktionsspitze wiederum distanzierte.

Trotz all dieser Differenzen wird die Union nicht müde, vor Grün-Rot-Rot zu warnen. Unter dem Hashtag "R2Gverhindern" twittert die Junge Union Fotos von möglichen Ministern einer grün-rot-roten Bundesregierung. Und CSU-Chef Markus Söder sagte beim Politischen Aschermittwoch, dass Grüne, Linke und SPD selbst bei einer Stimme Mehrheit nach der nächsten Bundestagswahl "diesen Weg gehen" würden. Deshalb bremse er Überlegungen für ein schwarz-grünes Bündnis nach der nächsten Bundestagswahl. "Nicht von Schwarz-Grün träumen und am Ende mit Grün-Rot-Rot aufwachen."

Quelle: ntv.de, ghö

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