Haushaltstalk bei Maischberger Gysi kritisiert Ideenlosigkeit der Union
01.02.2024, 04:44 Uhr Artikel anhören
Dürr und Gysi wundern sich über mangelnde Initiative der Union, was die Änderungsanträge zum Haushalt angeht.
(Foto: WDR/Oliver Ziebe)
Der Bundestag will in dieser Woche den Haushalt verabschieden - ohne Sondervermögen und unter Einhaltung der Schuldenbremse. Gregor Gysi plädiert bei Maischberger für ein Aussetzen des Instruments, um Investitionen in die Zukunft zu ermöglichen. Das schaffe man auch so, erklärt FDP-Fraktionschef Dürr.
Es sind zwei Politiker von kleinen Parteien, die sich am Mittwochabend über den aktuellen Bundeshaushalt streiten. Über den soll in dieser Woche der Bundestag entscheiden. Der neue Haushalt soll ohne Sondervermögen auskommen, die Schuldenbremse soll eingehalten werden.
Der ehemalige Linken-Fraktionschef Gregor Gysi und der aktuelle Fraktionsvorsitzende der FDP, Christian Dürr, sind zur Diskussion in die ARD-Sendung Maischberger gekommen. Natürlich sind sich die beiden Politiker in vielen Punkten uneinig, doch häufiger als erwartet haben sie ähnliche Ansichten. Moderatorin Maischberger flachst am Ende gar über die Kritik an Friedrich Merz, die beide teilen.
Beide Politiker kritisieren die Haltung der Unionsfraktion, die diesmal keine Änderungsanträge zum Haushalt eingebracht hat. Die Ampelkoalition würde sie ja ohnehin ablehnen, hatte Unionsfraktionschef Merz am Mittwochvormittag im Bundestag geklagt - und damit deutlich hörbares Gelächter geerntet. "Meine Anträge werden schon seit 1990 immer abgelehnt", sagt Gysi dazu. "Trotzdem stellen wir Anträge, denn die haben doch einen anderen Zweck."
Gysi will Boni für arbeitswillige Bürgergeldempfänger
Das Argument von Merz sei nicht logisch, sagt der Linken-Politiker. "Der Zweck ist, die Information zu senden in die Gesellschaft, die dann darüber diskutiert und sagt, vielleicht hat die Union gar nicht so Unrecht oder vielleicht haben die Linken gar nicht so Unrecht." Vielleicht hätten die Unionsparteien einfach keine anderen Vorschläge gehabt, wähnt der Linken-Politiker.
Der größte Teil des Haushalts wird für Sozialausgaben verwendet, vor allem für den Zuschuss in die gesetzliche Rentenversicherung. Die sei nicht enkel-fit, kritisiert Dürr. Hier hätte man schon vor Jahren und Jahrzehnten aufbauen müssen. Mit dem Generationenkapital gehe die Bundesregierung jetzt den ersten Schritt, sagt Dürr. Zudem sollen Bürgergeldempfänger mehr Arbeitsanreize bekommen, auch damit habe man begonnen. So könnten in Zukunft junge Auszubildende, die Bürgergeld beziehen, in vielen Fällen deutlich mehr von ihrer Ausbildungsvergütung behalten.
Allerdings müssten Bürgergeldempfänger, die die Arbeit grundsätzlich verweigerten, mit Sanktionen rechnen. Hier will Gysi den umgekehrten Weg gehen und jene, die sich besonders um Arbeit bemühen, mit Boni belohnen. Allerdings stimmt er der Bundesregierung in einem Punkt zu: Deutschland habe zu wenig Fachkräfte. "Das fängt schon in der Bundesregierung an", sagt er - um dann hinzuzufügen, dass das natürlich ein Scherz gewesen sei.
Unterstützung von Schulen in Problemvierteln
Gysi plädiert für mehr Investitionen in Bildung. Dafür fehlten in diesem Haushalt 50 Milliarden Euro. "Wir müssen auf die Klugheit, in die Intelligenz, in das Wissen der Kinder und Jugendlichen setzen, und wir brauchen eine andere Bildungsstruktur." So müssten die Bundesländer, die dafür verantwortlich seien, besser zusammenarbeiten.
Die Bundesregierung werde ab diesem Haushalt gemeinsam mit den Bundesländern 20 Milliarden Euro für Brennpunktschulen verwenden, also für Schulen in Brennpunktstadtteilen, wo es Menschen besonders schwer hätten und wo teilweise keine Bildungsabschlüsse erreicht würden, sichert Dürr zu. "Nicht immer mehr Ausbreitung des Sozialstaates ist die Antwort, sondern eine Ausweitung bei der Bildung. Das werden wir mit diesem Haushalt tun. 4000 Schulen, eine Million junge Menschen - um die geht es ganz konkret", so der FDP-Politiker.
Zum Schluss kommt Gysi auf die Schuldenbremse zu sprechen, gegen die die Linken schon bei ihrer Einführung gestimmt hatten. Deutschland sei aktuell in einer Krise, darum müsse die Schuldenbremse auch dieses Jahr ausgesetzt werden, fordert der Linken-Politiker. Gysi: "Schulden darf man nie für laufende Ausgaben machen. Das ist falsch, dafür müssen Steuern reichen. Aber für Zukunft darf man Schulden machen, weil das ja den Kindern und Jugendlichen hilft."
Mehr Geld für Infrastruktur trotz Schuldenbremse
Auch führende Wirtschaftsinstitute und mehrere Großunternehmen fordern ein Aussetzen oder zumindest eine Reform der Schuldenbremse, was CDU-Chef Merz grundsätzlich ablehnt. Dürr hält ein Aussetzen ebenfalls für unnötig: Die Bundesregierung investiere in die Infrastruktur, sagt er: "Wir schaffen mit diesem Haushalt 50 Prozent mehr Investitionen für Straßen, Schienen und Wasserwege als noch 2019, das war der letzte reguläre Haushalt vor Corona."
Die Schuldenbremse sei sinnvoll. Der Staat dürfe keine Schulden aufnehmen auf Kosten zukünftiger Generationen. "Wir brauchen starke Rahmenbedingungen, starke Unternehmen, eine gute Infrastruktur." So nehme der Staat viele Steuern ein, die er dann wieder in Bildung stecken könnte.
Am Ende kann man feststellen: Gysi hat sich gut geschlagen, und Dürr hat die Bundesregierung kompetent und sympathisch vertreten, obwohl er ihr gar nicht angehört. Vielleicht spekuliert er gar auf ein Ministeramt - in einer neuen Koalition.
Quelle: ntv.de