Debatte um "Leopard"-Lieferung Hilferufe aus Kiew setzen Pistorius direkt unter Druck
18.01.2023, 03:23 Uhr
Frisch im Amt muss sich Boris Pistorius mit der Frage beschäftigen, ob Deutschland "Leopard"-Panzer in die Ukraine liefern soll. Am Freitag steht dazu ein wichtiges Treffen mit den Verbündeten an.
Der designierte Verteidigungsminister Boris Pistorius steht schon unmittelbar nach seiner Nominierung unter starkem Druck, die von der Ukraine geforderten Kampfpanzer-Lieferungen umzusetzen. Grünen-Fraktionsvize Agnieszka Brugger sagte dem Medienhaus Table.Media: "Wer der Lieferung von 'Mardern' zustimmen kann, kann auch 'Leopard'-Panzer liefern." Aus der Ukraine kamen deutliche Forderungen direkt an Pistorius.
Der bisherige niedersächsische Innenminister soll am Donnerstag im Bundestag vereidigt werden und tags darauf an einem Treffen der von den USA geführten "Kontaktgruppe zur Verteidigung der Ukraine" auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz teilnehmen. Dort wollen die westlichen Verbündeten über weitere militärische Unterstützung für das von Russland angegriffene Land beraten. Dabei stellt sich auch die heikle Frage, ob Kampfpanzer vom Typ "Leopard 2" geliefert werden sollen.
"Wir müssen da vorangehen"
Deutschland nimmt dabei eine Schlüsselrolle ein, weil die Panzer hier produziert werden und die Bundesregierung deswegen jeden Export auch anderer Länder genehmigen muss. US-Präsident Joe Biden und Bundeskanzler Olaf Scholz hatten am Dienstag erneut miteinander telefoniert und über Unterstützung für die Ukraine gesprochen, wie das Weiße Haus anschließend mitteilte. Nach Angaben des Sprechers der Bundesregierung, Steffen Hebestreit, stimmten Scholz und Biden darin überein, dass diese Unterstützung "wirksam, nachhaltig und eng abgestimmt" sein müsse. Zuletzt hatten Biden und Scholz vereinbart, der Ukraine Schützenpanzer zu liefern.
Der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, plädiert dafür, dass Deutschland Kampfpanzer vom Typ "Leopard 2" an die Ukraine liefert. Viele Partner, so etwa Großbritannien oder Polen, wollten selbst Kampfpanzer an die Ukraine liefern und seien dafür, dass Deutschland dies ebenfalls tue, sagte Heusgen am Dienstagabend im ZDF. "Wir müssen da vorangehen. Und wir müssen im Geleitzug jetzt auch die 'Leopard 2' liefern."
Der stellvertretende ukrainische Außenminister Andrij Melnyk sagte dem Nachrichtenportal t-online, er erwarte, dass Pistorius "viel entschlossener und schneller" agieren werde als seine Vorgängerin Christine Lambrecht. Deutschland müsse "Kampfpanzer, Kampfjets, Kriegsschiffe, Mehrfachraketenwerfer, Artillerie, Flugabwehr und natürlich ausreichend Munition" liefern.
Domröse rechnet mit Kampfpanzer-Lieferung
Wladimir Klitschko, Bruder von Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko, schrieb auf Twitter an Pistorius: "Wir setzen in der Ukraine darauf, dass Sie den Satz ernst meinen: 'Die Ukraine muss diesen Krieg gewinnen!' Nur das ist jetzt wichtig für uns und dafür brauchen wir jetzt vor allem eines: 'Leopard II' Panzer!". Der Botschafter der Ukraine in Deutschland, Oleksii Makeiev, schloss sich der Forderung im "Münchner Merkur" an und kritisierte, dass Deutschland offenbar keine langfristige Strategie für Lieferungen habe, sondern "immer nur von Tag zu Tag" denke.
Der ehemalige Bundeswehr-General Hans-Lothar Domröse rechnet damit, dass Berlin die Zurückhaltung aufgeben wird. "Ich erwarte, dass die Bundesregierung beim Treffen der Ukraine-Unterstützer am Freitag in Ramstein die Zusage für die Lieferung von 'Leopard'-Kampfpanzern macht", sagte Domröse den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Ich gehe davon aus, dass sie den europäischen Partnern nicht nur die Verschickung der Kampfpanzer erlaubt, sondern selbst noch 'Leos' aus dem Bestand der Bundeswehr dazugibt - vielleicht im niedrigen zweistelligen Bereich." Auf diese Weise könnten der Ukraine insgesamt rund 100 "Leopard"-Panzer aus Europa geliefert werden.
Quelle: ntv.de, jpe/dpa