Kriegseintritt der Miliz möglich Hisbollah-Vizechef droht Israel - Netanjahu kontert
22.10.2023, 17:04 Uhr Artikel anhören
Es besteht die Sorge, dass die vom Iran unterstützte Hisbollah ihre Angriffe auf Israel noch verstärken könnte.
(Foto: picture alliance/dpa/AP)
Die Kämpfe israelischer Soldaten mit Mitgliedern der islamistischen Hisbollah-Miliz an der Grenze zum Libanon verstärken sich. Der Hisbollah-Vize Kassim denkt offen darüber nach, sich im großen Stil am Krieg zu beteiligen. Israels Ministerpräsident Netanjahu reagiert mit Härte.
Der zweite Mann an der Spitze der islamistisch-schiitischen Hisbollah-Miliz im Libanon, Naim Kassim, schließt eine noch größere Beteiligung seiner Bewegung am Konflikt mit Israel nicht aus. "Wir können nichts garantieren", sagte Kassim am Samstagabend in Beirut. "Wir müssen niemandem sagen, was unser Plan ist und was unsere Vision für die Zukunft ist." Die Hisbollah kämpfe im Süd-Libanon an der Grenze zu Israel für ihr Land, für die Palästinenser und für die "Zukunft unserer Generationen". Jetzt sei sie in der "Mitte der Schlacht" angekommen und mache Fortschritte. "Wir versuchen, auf eine Weise zu arbeiten, die die israelische Armee schwächt", sagte Kassim in der vom Fernsehsender Al-Majadin übertragenen Rede.
Angesichts wiederholter Gefechte im Grenzgebiet zwischen Israel und dem Libanon hat der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu die libanesische Hisbollah davor gewarnt, einen Krieg gegen sein Land zu beginnen. Damit würde die Schiitenmiliz "den größten Fehler ihres Lebens" begehen, sagte Netanjahu bei einem Besuch israelischer Truppen nahe der libanesischen Grenze. Israel werde mit unvorstellbarer Kraft zuschlagen, die für den Libanon "verheerend" sein werde.
Bei Gefechten im israelisch-libanesischen Grenzgebiet waren am Samstag nach Angaben der Hisbollah vier ihrer Kämpfer getötet worden. Die Palästinensermiliz Islamischer Dschihad meldete einen toten Kämpfer. Das israelische Militär warf der Hisbollah vor, den Libanon in einen Krieg hineinziehen zu wollen.
Seit dem Großangriff der radikalislamische Palästinenserorganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober wurden im Grenzgebiet zwischen Israel und dem Libanon auf israelischer Seite mindestens vier Menschen getötet, darunter ein Zivilist. Im Süd-Libanon wurden nach einer AFP-Zählung mehr als 20 Menschen getötet. Bei den meisten handelte es sich um Kämpfer - aber auch mindestens vier Zivilisten, darunter ein Reuters-Journalist, kamen ums Leben.
Hisbollah vorrangig vom Iran finanziert
Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah hat sich seit Kriegsbeginn vor zwei Wochen noch nicht öffentlich gezeigt. Er lebt seit dem Krieg zwischen Israel und dem Libanon im Jahr 2006 zurückgezogen und zeigt sich nur selten. Scheich Naim Kassim ist sein Stellvertreter.
Die Schiiten-Organisation Hisbollah (Partei Gottes) entstand 1982 mit iranischer Unterstützung als Antwort auf die israelische Invasion im Libanon. Seitdem kämpft sie politisch, aber auch mit Gewalt gegen Israel. Die Gruppe ist auch im libanesischen Parlament vertreten. Finanziert wird sie vorrangig vom Iran.
Die Hisbollah gilt als weitaus mächtiger als die im Gazastreifen herrschende Hamas. Ihr Einfluss reicht tief in den von Krisen gelähmten libanesischen Staat hinein. Die Organisation kontrolliert vor allem den Süden an der Grenze zu Israel, von Schiiten bewohnte Viertel der Hauptstadt Beirut sowie die Bekaa-Ebene im Norden des Landes. Unter Anführer Nasrallah hat sie in der Vergangenheit mit Unterstützung aus Teheran ihren Einfluss stetig ausgebaut.
Quelle: ntv.de, lve/dpa/AFP