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Hamas beschuldigt Israel Hunderte Tote: Raketeneinschlag in Klinik im Gazastreifen

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Nach dem Angriff auf ein Krankenhaus im Zentrum von Gaza Stadt werden die Verletzten in umliegende Kliniken gebracht.

Nach dem Angriff auf ein Krankenhaus im Zentrum von Gaza Stadt werden die Verletzten in umliegende Kliniken gebracht.

(Foto: REUTERS)

Am Abend wird ein Krankenhaus im Zentrum von Gaza Stadt getroffen. Es soll Hunderte Todesopfer geben. Die in Gaza herrschende Terrororganisation Hamas beschuldigt Israel, für den Angriff verantwortlich zu sein. Der Armeesprecher widerspricht. Mahmud Abbas lässt als Reaktion ein Treffen mit Joe Biden platzen.

In einem Krankenhaus im Gazastreifen sind nach Angaben des dortigen Gesundheitsministeriums bei einem israelischen Luftangriff Hunderte Menschen getötet und verletzt worden. In der Al Ahli Arab Klinik im Zentrum von Gaza Stadt seien Tausende Flüchtlinge aus dem Norden der Küstenenklave untergebracht, teilte das Ministerium, das der militant-islamistischen Hamas untersteht, am Abend mit. Die genaue Zahl der Todesopfer ist unklar. Das von der Hamas verwaltete Gesundheitsministerium nennt 500 Todesopfer. Von mehr als 300 Personen sprach der örtliche Leiter des Zivilschutzes dem arabischen Fernsehsender Al Jazeera.

Israels Armee (IDF) prüfe die Berichte, wurde Militärsprecher Daniel Hagari in israelischen Medien zunächst zitiert. Auf X (ehemals Twitter) erklärte er später, dass nach Geheimdienstinformationen aus der Gegend um das Krankenhaus Raketen in Richtung Israel gefeuert werden sollten, die dann offenbar fehlschlugen und das Krankenhaus trafen. In einer Mitteilung des israelischen Militärs hieß es, es gebe Hinweise auf einen Fehlschlag des Islamischen Dschihad. Deren Sprecher widersprach allerdings. Hamas-Chef Ismail Hanijeh warf den USA vor, hinter der Tat zu stehen und Israel zu decken.

Israels Ministerpräsident wies die Verantwortung der IDF für den Angriff vehement zurück. "Die ganze Welt sollte es wissen: Es waren barbarische Terroristen in Gaza, die das Krankenhaus in Gaza angegriffen haben", teilte Benjamin Netanjahu mit. Es sei nicht das israelische Militär gewesen. "Diejenigen, die unsere Kinder brutal ermordet haben, ermorden auch ihre eigenen Kinder", so Netanjahu. Der Islamische Dschihad bezeichnete die Anschuldigung Israels als "Lüge", mit der das Land "seine Angriffe auf Krankenhäuser rechtfertigen" und "sich der Verantwortung für sein Verbrechen entziehen" wolle.

Abbas spricht von "Massaker"

Palästinenserpräsident Mahmud Abbas sprach von einem "Krankenhaus-Massaker" und ordnete an, die Fahnen für eine dreitägige Trauerzeit auf Halbmast zu setzen und der "Märtyrer" in dieser Zeit zu gedenken. In Ramallah im Westjordanland, dem Sitz von Abbas, marschierten am Abend hunderte Demonstranten durch die Straßen und forderten den Rücktritt des Palästinenserpräsidenten. Die Wut der Demonstranten entzündete sich offenbar an dem ihrer Ansicht nach zu sanften Ton, den Abbas seit Beginn des Krieges angeschlagen habe. Abbas steht der Palästinenserbehörde im Westjordanland vor, während im Gazastreifen die Hamas regiert. Bei später einsetzenden Krawallen setzten Sicherheitskräfte Tränengas gegen die Demonstranten ein.

Dafür trügen auch die Länder Verantwortung, die Israel unterstützten. Abbas sagte nach Angaben aus Kreisen der Palästinenser wegen des Angriffs zudem ein geplantes Treffen mit US-Präsident Joe Biden ab. Biden und Abbas wollten sich am Mittwoch in Jordanien treffen. Abbas sei nun aber nach Ramallah zu seinem Regierungssitz im besetzten Westjordanland zurückgekehrt.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan verurteilte den Beschuss einer Klinik im Gazastreifen scharf und machte ebenfalls Israel dafür verantwortlich. Der Beschuss eines Krankenhauses, in dem Frauen, Kinder und unschuldige Zivilisten untergebracht seien, sei das jüngste Beispiel für israelische Angriffe, die frei seien von den grundlegendsten menschlichen Werten, teilte Erdogan auf X mit. Er rief die gesamte Menschheit dazu auf, diese "in der Geschichte beispiellose Brutalität" zu stoppen.

UN-Hilfswerk spricht von Angriff auf Schule

Das UN-Hilfswerk für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) berichtete seinerseits von einem israelischen Luftangriff auf eine von ihm geführte Schule, in der tausende Menschen Zuflucht gesucht hätten. Dabei seien mindestens sechs Menschen getötet worden. Das UNRWA bezeichnete den Vorfall als "skandalös". Er zeige einmal mehr die "unverhohlene Verachtung für das Leben von Zivilisten". Es habe auch zahlreiche Verletzte gegeben, darunter auch Mitarbeiter des UNRWA.

In Vorbereitung einer möglichen Bodenoffensive gegen die Hamas nach dem verheerenden Terrorangriff auf Israel hat das Militär die Bevölkerung im nördlichen Gazastreifen wiederholt aufgefordert, das Gebiet in Richtung Süden zu verlassen. Nach UN-Angaben sind bisher rund eine Million Menschen in den Süden geflohen, die israelische Armee spricht von rund 600.000 Menschen.

Quelle: ntv.de, ino/als/dpa/rts/AFP

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