Politik

Fast waffenfähiges Uran im Iran IAEA-Direktor lobt "Atmosphäre der Ehrlichkeit"

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IAEA-Chef Grossi macht sich im Iran ein Bild von der Lage.

(Foto: picture alliance/dpa/AP)

Die IAEA ist alarmiert: Die Verhandlungen mit dem Iran über das Atomabkommen liegen auf dem Eis, zuletzt wird hoch angereichertes Uran entdeckt. Nun reist der IAEA-Chef erstmals seit Langem in die Islamische Republik, um herauszufinden, wie nah Teheran vor Nuklearwaffen steht.

Bei den Atomgesprächen mit dem Iran herrscht nach den Worten von IAEA-Generaldirektor Rafael Grossi eine kooperative Atmosphäre. Grossi beschrieb sie in Teheran als "eine Atmosphäre der Arbeit, der Ehrlichkeit und der Zusammenarbeit". Der Dialog gehe weiter, sagte er während einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Irans Atomchef Mohammed Eslami.

Grossi ist in den Iran gereist, nachdem IAEA-Inspektoren in einer Atomanlage in Fordo Spuren von Uran mit einem Reinheitsgrad von knapp 84 Prozent gefunden hatten. Für Atomwaffen wird ein Reinheitsgrad von rund 90 Prozent benötigt. Die IAEA will klären, ob der hohe Anreicherungsgrad bewusst herbeigeführt wurde oder ob es sich um einen unbeabsichtigten Ausreißer handelt, wie iranische Vertreter argumentieren.

Vor allem Israel und die USA äußerten zuletzt erneut ihre Sorge, dass der Iran mit dem Uran Atomwaffen entwickeln und bauen könnte. Irans Atomchef sagte, mit der IAEA sei ein Plan erarbeitet worden, die offenen Streitpunkte zu klären. "Wir hoffen, dass der Besuch von Grossi zu einer professionellen Zusammenarbeit in der Zukunft führen wird", sagte Eslami. Nach seinen Worten reichert der Iran das Uran nicht über einen Reinheitsgrad von 60 Prozent an.

Iran hat Auflagen schrittweise verletzt

Der Iran verpflichtete sich 2015 in Wien, sein Atomprogramm einzuschränken. Im Gegenzug wurden UN-Sanktionen aufgehoben, die unter anderem den iranischen Energie- und Bankensektor betrafen. Der Pakt sollte verhindern, dass das Land Atomwaffen entwickelt. Nachdem die USA 2018 unter dem damaligen Präsidenten Donald Trump aus dem Abkommen ausgestiegen waren, machte Teheran die Beschränkungen rückgängig.

Das Wiener Abkommen erlaubt dem Iran, eine eingeschränkte Menge Uran mit einem niedrigen Reinheitsgrad von unter vier Prozent zu produzieren, etwa als Reaktor-Brennstoff. Dafür darf jedoch nur eine Anreicherungsanlage in der Atomanlage Natans mit einer begrenzten Zahl von Zentrifugen betrieben werden. Im Gegenzug erlaubte der Iran in dem Abkommen engmaschige IAEA-Kontrollen. Seit 2019 hat der Iran die Auflagen jedoch schrittweise verletzt und unter anderem in einer unterirdischen Anlage in Fordo 60-prozentiges Uran hergestellt. Zudem wurde ein Teil der IAEA-Überwachungsgeräte abgebaut. Seit Mai 2022 kommen die Verhandlungen über das Abkommen nicht mehr signifikant voran.

Irans Atomchef Eslami kündigte nun eine internationale Atomkonferenz in Teheran an. Westlichen Diplomaten zufolge verhandelt Grossi in Teheran unter anderem über intensivere IAEA-Inspektionen in Nuklearanlagen, nachdem der Iran die Anreicherung von Uran zuletzt immer mehr gesteigert hatte. Nach Informationen aus Teheran geht es bei den Verhandlungen neben den Inspektionen auch um einen Streit über die bisher ungeklärte Herkunft von Spuren radioaktiven Materials an drei Orten im Iran. Irans politische Führung fordert, dass die Differenzen beigelegt werden.

Bis zur Atomwaffe "ein langer und politisch schwieriger Weg"

Unklar ist, wie nah der Iran vor dem Bau einer Atombombe steht. Laut IAEA-Chef Grossi verfügt Teheran über ausreichend Uran für mehrere Atomwaffen, falls derzeitige Bestände noch weiter angereichert würden. Da Anreicherung entlang einer exponentiell aufsteigenden Kurve verläuft, kann 60-prozentiges Material sehr schnell auf 90 Prozent gebracht werden. Bis zur Entwicklung einer Atomwaffe sei es aber "ein langer und auch politisch schwieriger Weg", sagte Grossi im Januar im EU-Parlament.

Ende Februar sagte der CIA-Chef William Burns, dass der US-Auslandsgeheimdienst derzeit keine Hinweise habe, dass der Iran sich entschieden habe, sein militärisches Atomprogramm wieder aufzunehmen. Sollte Teheran diesen Weg einschlagen, würde es noch mindestens ein Jahr bis zur Fertigstellung einer Atomwaffe dauern, meinte ein hochrangiger europäischer Diplomat diese Woche. Die IAEA ist jedenfalls überzeugt, trotz eingeschränkter Inspektionen waffenfähiges Uran binnen kurzer Zeit entdecken zu können und so der internationalen Gemeinschaft Zeit für Gegenmaßnahmen zu verschaffen.

Quelle: ntv.de, ses/dpa

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