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Kampfroboter und KI In Israel wird Science-Fiction Realität

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Künstliche Intelligenz soll unter anderem bei der Abwehr von Raketen helfen.

Künstliche Intelligenz soll unter anderem bei der Abwehr von Raketen helfen.

(Foto: AP)

Künstliche Intelligenz ist in allen Bereichen auf dem Vormarsch. Während sie im zivilen Leben meist noch zurückhaltend zum Einsatz kommt, hat sie die israelische Armee bereits erobert.

Humanoide Armeen, die im Gleichschritt über die Leinwand marschieren, beherrschen Science-Fiction-Filme seit Jahrzehnten. Offenkundig gibt es eine Faszination für Kampfroboter - nicht zuletzt, weil sie einen gewissen Grusel auslösen. Stets schwingt die Vorstellung mit, die Künstliche Intelligenz (KI) könnte sich gegen den Menschen wenden.

In der Realität sehen Roboterarmeen anders aus, sind aber längst keine Illusion mehr. Weltweit investieren immer mehr Länder in Forschungen zu unbemannten Flugzeugen, autonomen Waffensystemen und militärischer KI. Roboter sollen schnell und präzise angreifen können, ohne menschliche Verluste auf der eigenen Seite zu riskieren.

Es ist ein technologisches Wettrüsten, bei dem Israel mit zur Spitze gehört: Während des diesjährigen Gaza-Minikrieges nutzte die israelische Armee das Bot-Softwareprogramm "Knowledge Well", das über eine Plattform nach dem Vorbild von Whatsapp in Echtzeit eine Übersicht darüber lieferte, wo und zu welchem Zeitpunkt palästinensische Raketenstarts stattfanden. Ein anderes KI-Modell namens "Fire Factory" nutzt Informationen zu vom Militär genehmigten Zielen, um logistische Probleme zu lösen. Es übernimmt die Berechnung der Munitionsladung, die Bewertung und bietet sogar einen Aktionsplan.

Roboter patrouillieren an der Grenze

"Neue Technologien haben erhebliche Auswirkungen auf die Art und Weise von militärischen Operationen", sagt Leutnant David Oren von der technologisch-operativen Eliteeinheit "Lotem" der israelischen Armee. "Vor allem zur schnelleren Zielauswahl bei Luftangriffen erweist sich KI als sehr effizient." Die Entscheidungen über den Einsatz liegen allerdings weiterhin bei Menschen, betont Oren, der eigentlich anders heißt. "Diese Konzentration zur Vorhersage der Salven werden wir in Zukunft noch effektiver nutzen. Es ist ein Schritt in die Zukunft. Die israelische Armee muss dort einsatzbereit sein, wo sie die Informationen am besten nutzen kann."

Seit der Staatsgründung 1948 hat Israel laufend in neue Technologien für seine Armee investiert. Heute unterstützt militärische KI bereits bei Erkundungsaufgaben entlang der Grenzen zum Libanon und zum Gazastreifen, wo Tunnel von Terrorgruppen genutzt werden. Hier patrouillieren Roboter als zusätzliches Hilfsmittel und suchen nach Anzeichen von Infiltration oder Bomben.

KI helfe der israelischen Armee dabei, ein wesentlich deutlicheres Bild ihres Feindes und des Schlachtfelds zu haben, sagt Generalmajor Eran Niv, Kommandeur für Sicherheit in der Informationstechnologie. Der Schwerpunkt liege heute auf sogenannter generativer KI, die in der Lage ist, sich auf Basis ihrer Eingabedaten weiterzuentwickeln. "Das gesamte Militär wird innerhalb der nächsten Jahre auf generativer KI basieren", so Niv. "Ohne eine starke und effektive digitale Basis wird niemand in der Lage sein, in irgendeinem Bereich Krieg zu führen."

"Wer ist verantwortlich, wenn ein Fehler passiert?"

"Es ist zwar eine Revolution, die unsere Fähigkeiten erweitert, aber gleichzeitig auch unsere Abhängigkeit von der digitalen Infrastruktur in allen Bereichen erhöht", sagt Niv. "Auf dem modernen Schlachtfeld können alle Werkzeuge, von Drohnen über Panzer bis hin zu Seeschiffen, Informationen an alle anderen Plattformen übertragen. So sind alle miteinander verbunden. Das ist die Vision: eine digitale Front für den Konfliktfall zu schaffen, die alle anderen Kriegsgebiete stärkt."

Wie vor einigen Jahren bei den unbemannten Luftfahrzeugen - den Drohnen - führen auch die neusten KI-Entwicklungen zu einer internationalen Ethikdebatte über den Einsatz autonomer Waffen. Faktisch ist ihr Einsatz derzeit weder auf internationaler noch auf staatlicher Ebene reguliert. Während für Befürworter, die verbesserten Algorithmen die menschlichen Fähigkeiten klar übertreffen und damit potenziell auch die Zahl der Opfer verringern könnten, äußerten Kritiker Bedenken hinsichtlich der möglicherweise tödlichen Folgen.

"Wenn es einen Fehler in den KI-Berechnungen gibt, wer ist dann dafür verantwortlich?", fragt etwa Tal Mimran, Dozent für Völkerrecht an der Hebräischen Universität in Jerusalem. "Das Innenleben der KI ist noch nicht ausführlich erforscht. Ein kleiner Irrtum könnte eine Familie auslöschen." Der Rechtsexperte lehnt Roboter als neue Mittel der Kriegsführung nicht grundsätzlich ab. Aber er mahnt zur Überprüfung ihrer militärischen Anwendung, da sie unverhältnismäßigen Schaden für Zivilisten und Objekte verursachen können.

Maschinen sollen Menschen nicht ersetzen

"Beim Einsatz neuer militärischer Fähigkeiten wie KI ist Vorsicht geboten, da diese Maschinen nicht reguliert sind", sagt Mimran. "Es gibt zudem tiefe zwischenstaatliche Meinungsverschiedenheiten, die auf unterschiedlichen Perspektiven und Werten beruhen. Positiv ist, dass die israelische Armee versucht, Instrumente einzusetzen, die die menschliche Entscheidungsfindung nicht ersetzen, sondern ergänzen sollen."

Mit anderen Worten: Problematisch ist nicht die Technik selbst, sondern die Art ihrer Anwendung. Geht es um die Zusammenarbeit von Robotern und Menschen, müsse die Armee ihre operative Philosophie ändern. "Für unsere Spezialisten sind die KI-bezogenen Projekte eine komplexe Herausforderung, weil ein neues System in eine bestehende Struktur eingeführt wird", sagt Leutnant Oren. Die Zahl der Mitarbeiter im Bereich der Informationstechnologie bei der israelischen Armee würden sich daher "demnächst verzehnfachen". Das passt zur Politik der israelischen Regierung, die das Land zu einer "KI-Supermacht" machen will. Trotzdem soll die stetige Weiterentwicklung nicht den Menschen ersetzen. "Maschinen sind zu Unterstützung da", erklärt der Cyberexperte. "Sie führen Befehle aus und ermöglichen dem Militär neue Dimensionen."

Quelle: ntv.de

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