Politik

Referendum im September Iraks Kurden wollen eigenen Staat

Der Präsident der kurdischen Autonomiegebiete im Irak, Massud Barsani.

Der Präsident der kurdischen Autonomiegebiete im Irak, Massud Barsani.

(Foto: REUTERS)

Dieser Schritt könnte die Lage im Nahen und Mittleren Osten noch komplizierter machen: Die irakischen Kurden wollen am 25. September über einen eigenen Staat abstimmen. Die Zentralregierung in Bagdad lehnt eine Unabhängigkeit ab.

Die Kurden im Irak sollen am 25. September über die Errichtung eines eigenen Staates abstimmen. Diese Entscheidung wurde nach einem Treffen hochrangiger kurdischer Politiker mit dem Präsidenten der kurdischen Autonomiegebiete, Massud Barsani, in Erbil verkündet, meldete die Nachrichtenseite Rudaw. Die Zentralregierung in Bagdad hatte sich in der Vergangenheit gegen ein derartiges Referendum gestellt, sie will die Einheit des irakischen Gesamtstaats erhalten.

In der Erklärung kündigte die kurdische Führung an, das Referendum über die Unabhängigkeit auch in Kurdengebieten "außerhalb der Regionalverwaltung" abhalten zu wollen. Dagegen dürfte es scharfen Widerstand in Bagdad geben.

Ein Referendum über die Eigenständigkeit ist eine alte Forderung der Kurdenführung im Nordirak. Unter der Bevölkerung genießt die Idee großen Rückhalt. 2014 hatten sie eine solche Volksabstimmung schon einmal angekündigt, dann aber nach Gesprächen mit der Zentralregierung in Bagdad wieder abgesagt. Vor allem das Chaos im Irak nach dem Vormarsch der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) verstärkte die Rufe nach einer Abspaltung der Kurdengebiete.

Sollten die Kurden dieses Mal nicht einlenken, dürfte das Referendum innerhalb und außerhalb des Irak für starke Spannungen sorgen. In den Nachbarländern Türkei, Syrien und Iran gibt es ebenfalls kurdische Minderheiten. Die Regierungen dort lehnen eine Unabhängigkeit der Kurden im Nordirak ab, weil sie ähnliche Bestrebungen ihrer eigenen kurdischen Minderheiten fürchten.

Streit um Grenzverlauf

Auch innerhalb des Irak zeichneten sich starke Spannungen ab. Erbil und Bagdad sind sich bislang nicht einig, wo die Grenze zwischen den Kurdengebieten und dem Rest des Irak verläuft. Beide Seiten beanspruchen etwa das ölreiche Gebiet um die Stadt Kirkuk.

In den vergangenen Jahren hatten die Kurden eine wichtige Rolle im Kampf gegen die Extremistenmiliz Islamischer Staat (IS) im Irak übernommen. Allerdings wird den sogenannten Peschmerga auch die systematische Zerstörung arabischen Lebens in von den Kurden beanspruchten Gebieten Nordiraks vorgeworfen. An einer internationalen Mission zur Ausbildung kurdischer Kämpfer in Erbil ist auch die Bundeswehr beteiligt, derzeit mit knapp 130 deutsche Soldaten. Kurdische Kämpfer sind auch Teil der Offensive irakischer Regierungskräfte auf die westlich von Erbil gelegene IS-Hochburg Mossul. Allerdings blieben sie außerhalb der Stadtgrenzen, wie mit der Zentralregierung abgesprochen.

Die Regierung des Autonomiegebiets argumentiert, dass dieses bereits jetzt schon ein hohes Maß an Eigenständigkeit von der Zentralregierung in Bagdad errungen habe. Die Kurden im Nordirak fühlen sich sprachlich und kulturell eigenständig gegenüber dem Rest des Irak, der von arabischsprachigen Schiiten und Sunniten bewohnt wird.

Barsani will nicht zurücktreten

Kritiker werfen Barsani vor, er nutze das Streben nach Unabhängigkeit um seine eigene Macht zu sichern. Die Amtszeit des Kurden-Präsidenten war bereits vor mehr als einem Jahr ausgelaufen. Seitdem ist die Politik des Landes blockiert. Das Parlament tagt nicht mehr. Nun sollen am 6. November Präsident und Parlament neu gewählt werden. Die Kurdengebiete leiden seit Monaten unter einer schweren Wirtschaftskrise. Die Autonomieregierung musste die Gehälter ihrer Angestellten kürzen.

Der irakische Gesamtstaat mit seinen unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen wurde nach dem Ersten Weltkrieg von Großbritannien aus Provinzen geformt, die zuvor zum Osmanischen Reich gehört hatten. 1932 wurde der Irak unabhängig. In den folgenden Jahrzehnten gab es immer wieder Aufstände der Kurden, die sich von der Zentralregierung in Bagdad benachteiligt sahen.

Nach dem ersten Krieg der USA gegen den Irak 1991 erhielten die Kurden im Nordirak den Autonomiestatuts. Sie nutzten ihn gezielt, um eigene staatliche Strukturen aufzubauen. Die Bevölkerung des Autonomiegebiets wird auf 4,6 Millionen Menschen geschätzt.

Quelle: ntv.de, mli/AFP/dpa

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