Wiederaufnahme des Verfahrens? Iran setzt Todesurteil gegen 19-Jährigen aus
11.01.2023, 20:30 Uhr Artikel anhören
Die vier bereits vollzogenen Hinrichtungen riefen international einen Aufschrei der Empörung hervor.
(Foto: REUTERS)
Während der andauernden Proteste werden im Iran vier Demonstranten hingerichtet. Wegen des "Krieges gegen Gott" verurteilt der Oberste Gerichtshof auch einen Teenager zum Tode. Dem Anwalt von Mohammed Boroghani gelingt nun ein möglicher Teilerfolg - das Verfahren könnte erneut überprüft werden.
Das Oberste Gericht im Iran hat die Hinrichtung eines wegen seiner Rolle bei den anhaltenden Protesten zum Tode Verurteilten zunächst ausgesetzt. Der Anwalt des verurteilten Mohammed Boroghani habe einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gegen seinen Mandanten gestellt, hieß es auf der Website der iranischen Justiz "Misan Online". Bis das Oberste Gericht zu einem Ergebnis gekommen sei, werde die Hinrichtung ausgesetzt.
Boroghani war des "Krieges gegen Gott" schuldig gesprochen worden. Ihm wurde vorgeworfen, einen Sicherheitsbeamten mit einem Messer attackiert und "die Bürger in Angst und Schrecken versetzt" zu haben. Zudem wurde ihm zur Last gelegt, den Verwaltungssitz in der Stadt Pakdascht südöstlich der Hauptstadt Teheran in Brand gesetzt zu haben. Nach Angaben einer Menschenrechtsorganisation ist Boroghani erst 19 Jahre alt. Er ist einer von insgesamt 18 zum Tode Verurteilten, wie eine Zählung der von offiziellen Stellen vermeldeten Todesurteile ergab. Vier Todesurteile wurden bereits vollstreckt. Die Hinrichtungen riefen international einen Aufschrei der Empörung hervor.
Hunderte Tote, Tausende Festnahmen
Im Iran gibt es seit Monaten Proteste, die durch den Tod der 22-jährigen iranischen Kurdin Mahsa Amini ausgelöst wurden. Sie war am 16. September gestorben, nachdem die Sittenpolizei sie in Teheran wegen eines Verstoßes gegen die strikte Kleiderordnung der islamischen Republik festgenommen hatte. Iranischen Behörden zufolge sind Hunderte Menschen bei den Protesten getötet worden, die Teheran meist als "Unruhen" beschreibt. Auch Sicherheitskräfte seien unter den Toten. Demnach gab es überdies Tausende Festnahmen.
Auch etwa 70 Journalisten wurden dabei nach Angaben des Journalistenverbandes von Teheran seit Mitte September festgenommen. Davon seien derzeit noch mindestens 30 in Haft, erklärte die Gruppe bei Telegram und veröffentlichte eine Liste der Betroffenen. Auf ihr stehen auch Nilufar Hamedi und Elaheh Mohammadi, die an der Aufdeckung des Falls Amini beteiligt waren.
Seit Beginn der Proteste sei auch eine große Anzahl von Journalisten von den Behörden vorgeladen worden, erklärte die Organisation, ohne weiter ins Detail zu gehen. Im Oktober hatten mehr als 300 iranische Journalisten und Fotojournalisten nach Berichten örtlicher Medien eine Erklärung unterschrieben, in der die Behörden dafür kritisiert werden, "Kollegen zu verhaften und sie nach ihrer Festnahme ihrer Bürgerrechte zu berauben".
Quelle: ntv.de, lno/AFP