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Klinik soll in Brand stehen Israels Armee stürmt Kamal-Adwan-Krankenhaus in Gaza

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Die Klinik im Norden Gazas wurde in den vergangenen Monaten mehrfach von israelischen Truppen angegriffen. Dabei brachen auch in umliegenden Häusern Brände aus.

Die Klinik im Norden Gazas wurde in den vergangenen Monaten mehrfach von israelischen Truppen angegriffen. Dabei brachen auch in umliegenden Häusern Brände aus.

(Foto: REUTERS)

Eine der wenigen verbliebenen Kliniken im Norden Gazas steht im Fokus des israelischen Militärs: Seit dem Morgen sind die IDF im Kamal-Adwan-Krankenhaus im Einsatz. Dem Militär zufolge ist es eine Hochburg der Hamas. Palästinenser sprechen von Brandlegung und Zwangs-Evakuierungen.

Israels Armee ist nach israelischen und palästinensischen Angaben seit dem Morgen in einer Klinik im Gazastreifen im Einsatz. "Das Kamal-Adwan-Krankenhaus dient als Hochburg der Hamas-Terroristen im Norden Gazas", hieß es in einer Mitteilung der Armee. Israelische Einsatzkräfte gingen in der Gegend der Klinik gegen die Organisation vor. Sie nutze das Krankenhaus für militärische Aktivitäten und als Versteck.

Palästinensischen Angaben zufolge brachen während des israelischen Militäreinsatzes Brände in der Klinik aus. "Die Besatzungstruppen sind jetzt im Krankenhaus und brennen es nieder", erklärte der Direktor des palästinensischen Gesundheitsbehörde, Munir Al-Bursch. Durch das Feuer seien etwa Operationssäle, ein Labor sowie die Notaufnahme zerstört worden, meldete die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa.

Ein nicht identifiziertes Mitglied des Personals der Klinik sagte in einer Audiobotschaft aus dem Krankenhaus, die auf den Konten des Direktors Hossam Abu Safija in sozialen Medien veröffentlicht wurde: "Überall im Krankenhaus brennt es." Einige Patienten hätten von der Sauerstoffversorgung getrennt werden müssen. "Es gibt Patienten, die jeden Augenblick sterben könnten", sagte die Mitarbeiterin.

Israel: Handeln im Einklang mit dem Völkerrecht

Israels Armee sagte auf Anfrage, es habe ein kleines Feuer in einem leerstehenden Gebäude innerhalb der Klinik gegeben, das unter Kontrolle gebracht worden sei. Die Angaben beider Seiten lassen sich derzeit nicht unabhängig überprüfen.

Ein hochrangiger Mitarbeiter der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde im Gazastreifen sagte zudem, Israel habe das medizinische Personal und Patienten gezwungen, das Krankenhaus in Beit Lahia zu verlassen. Die Armee habe rund 170 Menschen im Hof der Klinik versammelt und Dutzende verhaftet. Die Kommunikation mit den anderen Betroffenen sei abgebrochen. Ihr Schicksal sei unbekannt. Bei Razzien nehmen israelische Truppen häufig Massenverhaftungen vor, bei denen sie Männer bis auf die Unterwäsche ausziehen, um sie zu verhören, was nach Angaben des Militärs eine Sicherheitsmaßnahme auf der Suche nach Hamas-Kämpfern ist.

Israels Armee betonte, sie schone Zivilisten, Patienten und Mitarbeiter der Klinik. Die Menschen seien vor dem Einsatz in Zusammenarbeit mit lokalen Mitarbeitern der Gesundheitsbehörden und internationalen Organisationen evakuiert worden. Israel stehe in ständigem Kontakt mit den Verantwortlichen des Krankenhauses. Die Armee handle im Einklang mit dem Völkerrecht, betonte das Militär.

Das Kamal-Adwan-Krankenhaus wurde in den vergangenen drei Monaten mehrfach von israelischen Truppen angegriffen, die eine Offensive gegen Hamas-Kämpfer in den umliegenden Vierteln führen, wie das Personal mitteilte.

Kinder sammeln Flaschen, um Feuer zu machen

Der Gaza-Krieg begann am 7. Oktober vergangenen Jahres mit einem Terrorangriff der Hamas auf den Süden Israels, bei dem Kämpfer etwa 1200 Menschen töteten und rund 250 weitere als Geiseln verschleppten. Israel reagierte mit schwerem Bombardement und einem Feldzug in den Gazastreifen, bei dem nach Angaben des dortigen Gesundheitsministeriums mehr als 45.000 Menschen getötet wurden.

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Mehr als 90 Prozent der etwa 2,3 Millionen Palästinenser im Gazastreifen ist im Zuge des Konflikts aus ihren Häusern vertrieben worden. Die meisten von ihnen sind in ausgedehnten, elenden Zeltlagern im Süden und im Zentrum des Gazastreifens untergebracht. Kinder und Erwachsene, viele barfuß, kauerten am Freitag im kalten Sand in Zelten, an deren Plastik- und Stoffplanen der Wind zerrte. Über Nacht können die Temperaturen auf unter 10 Grad Celsius sinken, und die Gischt des Mittelmeers durchfeuchtet oft die Zelte, die nur wenige Schritte vom Wasser entfernt stehen.

Kinder sammeln Plastikflaschen, um Feuer zu machen, und verkriechen sich unter Decken, wenn ihre einzige Kleidung gewaschen worden ist und im Wind trocknet. In den vergangenen Tagen seien mindestens drei Babys im Gazastreifen an den Folgen der Kälte gestorben, sagte Ärzte dort.

Quelle: ntv.de, spl/dpa/AP

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