Politik

Waffenlieferungen an Kurden Joschka Fischer widerspricht den Grünen

Zwischen 1998 und 2005 Außenminister der rot-grünen Regierung: Joschka Fischer.

Zwischen 1998 und 2005 Außenminister der rot-grünen Regierung: Joschka Fischer.

(Foto: imago/Italy Photo Press)

Die Bundeswehr fliegt Lebensmittel und Medikamente in den Nordirak. Die bedrohten Kurden wünschen sich auch Waffen aus Deutschland. Ein ehemaliger deutscher Außenminister hat dafür großes Verständnis - und stellt sich damit gegen seine eigene Partei.

Im Gegensatz zur Bundesregierung hat sich der frühere Außenminister Joschka Fischer ausdrücklich für deutsche Waffenlieferungen an die Kurden im Nordirak ausgesprochen. Eine Terrororganisation wie der Islamische Staat (IS), die Menschen grausam ermorde und Frauen unterdrücke, "kann man weder mit Gebetskreisen noch mit Spruchbändern stoppen", sagte Fischer der "Bild am Sonntag". "Wir sollten den Kurden vielmehr Waffen liefern, denn wir sind zur Hilfe verpflichtet." Der Grünen-Politiker ergänzte: "Ein islamistischer IS-Staat würde auch unsere Sicherheit hier gefährden."

Fischer verlangte darüber hinaus, Europa müsse in der Irak-Frage dringend gemeinsam handeln und auftreten: "Deutschland sollte sich bei den Hilfen mit Waffen und militärischen Ausrüstungen den mutigen französischen, britischen und tschechischen Initiativen anschließen." Die nordirakischen Kurdengebiete würden in Zukunft eine sehr wichtige Rolle in der Region spielen. "Wir können nicht zusehen, wenn die Kurden-Hauptstadt Erbil überrannt wird."

Der frühere Außenminister widerspricht mit seiner Forderung nach deutschen Waffenlieferungen der Haltung seiner eigenen Partei eindeutig. Die Grünen sind trotz der Bedrohung durch die Terrorgruppe IS gegen Waffenlieferungen in den Irak. Eine Aufrüstung der Kurden könnte langfristig zu Konflikten mit den Nachbarländern Türkei und Iran führen, sagte Omid Nouripour, der außenpolitische Sprecher der grünen Bundestagsfraktion. Die frühere Grünen-Vorsitzende und heutige Bundestags-Vizepräsidentin Claudia Roth sprach sich für eine "humanitäre Offensive" aus.

"Keinen Mangel an tapferen Kämpfern"

Außenminister Frank-Walter Steinmeier hatte am Samstag bei einem Besuch im Nordirak den Kurden Unterstützung im Kampf gegen die Islamisten zugesichert. Steinmeier ließ aber weiter offen, ob Deutschland auch Waffen und Ausrüstung in das Krisengebiet liefern wird. Die Bundesregierung sieht dabei eher die Osteuropäer innerhalb der EU am Zug, die über Waffen aus Sowjetzeiten verfügen, mit denen die Kurden-Armee Peschmerga kämpft. Auch der Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Volker Kauder, äußerte sich skeptisch über deutsche Waffenlieferungen in den Irak.

Der Präsident der kurdischen Autonomiegebiete, Massud Barsani, erwartet von Deutschland dagegen die Unterstützung mit Waffen und Munition. "Wir haben wirklich keinen Mangel an tapferen Kämpfern, wir haben einen Mangel an modernen und effektiven Waffen", sagte Barsani dem "Focus". Am Samstag erreichten erste Hilfsgüter der Bundeswehr die kurdische Stadt Erbil. Dorthin konnten sich Zehntausende Jesiden, Christen und andere Vertriebene retten, die von den Islamisten terrorisiert werden. IS-Kämpfer sollen in einem jesidischen Dorf im Nordirak ein Massaker angerichtet haben.

Das US-Verteidigungsministerium bestätigte derweil Luftschläge auf IS-Stellungen nahe Erbil und des Mossul-Staudammes. Bei neun Angriffen seien am Samstag mehr als zehn mit Waffen ausgerüstete Fahrzeuge zerstört oder beschädigt worden, hieß es in einer Pentagon-Mitteilung. Kurdische Peschmerga-Soldaten hatten der dpa zuvor von den Attacken berichtet.

Der am Tigris gelegene Staudamm ist der größte des Landes und für die Trinkwasserversorgung und Stromerzeugung äußerst wichtig. IS-Kämpfer hatten den Staudamm Anfang August erobert. Ziel der US-Angriffe ist es, eigene Landsleute im Irak zu schützen sowie die Verfolgung christlicher und anderer Minderheiten durch die äußerst brutalen sunnitischen IS-Extremisten zu stoppen. Nach kurdischen Angaben starben bei den US-Angriffen nahe des Dammes mindestens 20 von ihnen.

Quelle: ntv.de, cro/dpa

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