Nato-Artikel 4 greift Kallas: Russland steuerte Drohnen absichtlich nach Polen
10.09.2025, 11:28 Uhr Artikel anhören
Immer wieder mal "verirren" sich russische Drohnen in den polnischen Luftraum. Nun werden erstmals welche durch das Nato-Land abgeschossen. Die EU-Außenbeauftragte wirft Moskau vor, die Drohnen gezielt dorthin gelenkt zu haben. Polens Premier Tusk beantragt Beratungen der Nato-Staaten.
Nach dem Eindringen russischer Drohnen in den polnischen Luftraum gibt es nach EU-Angaben Anzeichen für ein planmäßiges Vorgehen Moskaus. "Vergangene Nacht haben wir in Polen die schwerwiegendste Verletzung des europäischen Luftraums durch Russland seit Beginn des Krieges erlebt, und Hinweise deuten darauf hin, dass sie absichtlich erfolgte und nicht versehentlich", teilte die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas mit. Sie sei in Kontakt mit Nato-Generalsekretär Mark Rutte und dem polnischen Außenminister Radoslaw Sikorski. Die EU stehe in voller Solidarität hinter Polen.
Als Konsequenz aus den jüngsten Entwicklungen mahnte Kallas an, die Kriegskosten für Moskau weiter zu erhöhen, die Unterstützung für die Ukraine zu verstärken und in Europas Verteidigung zu investieren. "Russlands Krieg eskaliert, er endet nicht", sagte die frühere Regierungschefin Estlands.
Polen beantragte mittlerweile Konsultationen nach Artikel 4 des Nato-Vertrags. Das sagte Tusk in Warschau. Der Artikel sieht Beratungen mit den Verbündeten vor, wenn sich ein Nato-Staat von außen gefährdet sieht.
Litauen: Russland bedroht Nato-Ostflanke
Das Eindringen von mehr als einem Dutzend Drohnen in den Luftraum von Polen zeigt auch nach Angaben von Litauens Präsident Gitanas Nauseda, dass Russland eine immer größere Bedrohung für Europa darstellt. "Russland weitet seine Aggression bewusst aus", schrieb das Staatsoberhaupt des baltischen EU- und Nato-Landes auf X. "Der Drohnenschwarm über polnischem Territorium ist ein weiterer Beweis, ebenso wie die Drohgebärden gegenüber der Ostflanke der Nato."
Auch Außenminister Kestutis Budrys betonte: "Russlands wiederholte rücksichtslose Verletzungen des Nato-Luftraums stellen eine direkte Bedrohung für die Sicherheit der Bevölkerung und kritischer Infrastrukturen dar." Die Nato dürfte darauf nicht nur mit Bedenken reagieren, sondern mit Fähigkeiten. "Die Luftverteidigung entlang der Frontlinie der Nato muss unverzüglich verstärkt werden", forderte er auf X.
In der vergangenen Nacht ist - inmitten einer russischen Angriffswelle auf die Ukraine - eine größere Zahl von Drohnen in den polnischen Luftraum eingedrungen. Nach Angaben von Regierungschef Donald Tusk handelte es sich um Drohnen aus Russland. Auch in Litauen sind seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine wiederholt Drohnen in den Luftraum eingedrungen.
Litauen ist zudem ebenso wie Polen und die beiden anderen Baltenstaaten Estland und Lettland wegen einer Militärübung im benachbarten Belarus in Alarmbereitschaft. Dort beginnt Ende der Woche das Manöver "Sapad-2025" (Westen-2025), bei dem Soldaten aus Russland und Belarus gemeinsam trainieren sollen. Parallel dazu üben auch in Litauen Verbündete aus mehreren Nato-Ländern.
Quelle: ntv.de, als/dpa