Politik

Auf Merkels Art Kanzlerin kritisiert Agenda-Pläne von Schulz

Angela Merkel machte deutlich, dass die Union als Volkspartei zur Wahl antreten will: Möglichst jedem Menschen solle ein Angebot gemacht werden.

Angela Merkel machte deutlich, dass die Union als Volkspartei zur Wahl antreten will: Möglichst jedem Menschen solle ein Angebot gemacht werden.

(Foto: imago/BildFunkMV)

Unmut herrscht vielfach in der Union über Merkels bislang verhaltene Reaktionen auf das Erstarken der SPD. Nun, sieben Monate vor der Bundestagswahl, nimmt sich die Kanzlerin ihren Herausforderer erstmals zur Brust - ohne ihn beim Namen zu nennen.

Der rote Blazer, den Angela Merkel in Stralsund trägt, ist alles andere als ein offenkundiger Freundschaftsbeweis für den Koalitionspartner SPD. 211 Tage sind es noch bis zur Bundestagswahl im September, hat die bekanntermaßen an Fakten und klarer Analyse orientierte Kanzlerin ausgerechnet. Und langsam nimmt sie den heraufziehenden Wahlkampf auch an, wie es die Unionsbasis unter dem Eindruck einer erstarkten SPD immer vehementer fordert.

Auf dem Landesparteitag ihres CDU-Heimatverbandes Mecklenburg-Vorpommern in Stralsund erwähnt Merkel zwar ihren Herausforderer Martin Schulz mit keinem Wort. Doch zerpflückt sie vor ihren eifrig applaudierenden Parteifreunden die Pläne des SPD-Kanzlerkandidaten, die "Agenda 2010" in Teilen zurückzudrehen. Die Schaffung von 2,5 Millionen neuen Arbeitsplätzen in den vergangenen fünf Jahren, die Halbierung der Arbeitslosigkeit von einst 5 auf jetzt 2,5 Millionen seien undenkbar ohne die Arbeitsmarktreformen ihres Vorgängers Gerhard Schröder (SPD). "Die Entwicklung unseres Landes seit 2005 ist eine einzigartige Erfolgsgeschichte. Aber die Sozialdemokraten mögen sich bis heute zu dieser Erfolgsgeschichte nicht bekennen. Man hat den Eindruck, sie schämen sich sogar dafür", sagt Merkel. Und sie macht gleich ihren Führungsanspruch auch für die nächsten Jahre deutlich: Die CDU hadere nicht mit der Vergangenheit, sie gestalte die Zukunft.

Die Rede mag für die Ohren mancher Merkel-Kritiker in der CSU und auch der CDU zwar noch immer nicht emotional genug sein, kommt bei der Parteibasis im hohen Norden aber gut an. "Ob Arbeitsmarkt oder innere Sicherheit, Merkel bietet pragmatische Lösungen. Das bringt die CDU wieder auf einen guten Weg", gibt sich der Parteitagsdelegierte Christian Ehlers aus Marlow zuversichtlich. Und auch der Greifswalder Jurist Sascha Ott, der aus Protest gegen Merkels Flüchtlings- und Sicherheitspolitik einen Konservativen Kreis innerhalb der Nordost-CDU initiierte, fühlt sich wieder zunehmend heimisch in seiner Partei. Mit mehr Polizei werde die innere Sicherheit gestärkt, Asylrecht wieder umgesetzt, und auch traditionellen CDU-Themen wie Familie und Kommunen werde wieder mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Zu alldem hat sich Merkel geäußert und die Bundesländer ermahnt, die Bundeshilfen für die Kommunen an diese auch weiterzureichen.

Merkel wird noch andere Töne anschlagen

Nach Ansicht des Rostocker Politikwissenschaftlers Martin Koschkar ist von einer Amtsmüdigkeit Merkels in Stralsund nichts zu spüren. "Sie besinnt sich auf die Stärken der eigenen Partei und macht den Anspruch deutlich, die Volkspartei in Deutschland zu sein. Das Lob für Schröders "Agenda 2010" dürfte zudem in der SPD noch zu einigen Diskussion führen", sagt Koschkar. Das kräftige Austeilen sei Merkels Art nicht, doch werde auch sie mit dem Heranrücken des Wahltags in der Auseinandersetzung noch andere Töne anschlagen. Dies bleibt am Samstag bei Merkels Wahl zur Spitzenkandidatin in Mecklenburg-Vorpommern treuen Weggefährten wie dem Landesparteichef Lorenz Caffier und dem CDU-Finanzexperten im Bundestag, Eckhardt Rehberg, vorbehalten.

So darf Caffier, Innenminister in Mecklenburg-Vorpommern, einen Ausflug in die Weltpolitik machen und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan und US-Präsident Donald Trump die Leviten lesen. Den SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz nennt Caffier in Anspielung an dessen Wirken im EU-Parlament und die Regulierungsbestrebungen in Brüssel "Gurken-Martin" und "Inkarnation des Eurokraten". Rehberg machte sich über AfD-Landeschef Leif-Erik Holm lustig, der lauthals angekündigt hatte, Merkel in ihrem vorpommerschen Wahlkreis das Direktmandat abzunehmen. Das sei bestenfalls ein Zwergenaufstand, zeigt sich Rehberg sicher. "Herr Holm hat Null Chance." Der Schlagabtausch in dieser Form dürfte schon in wenigen Tagen seine Fortsetzung finden. Dann hält die CDU im vorpommerschen Demmin ihre Aschermittwochssitzung ab, wieder mit Merkel. Gut möglich, meint Rehberg, dass dann auch die Kanzlerin selbst deutlichere Worte findet.

Quelle: ntv.de, Frank Pfaff, dpa

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