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Kämpfe 25 Kilometer vor Tokmak Ukrainer rücken bei Robotyne vor

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Angriff auf ausgebaute russische Stellungen: Ukrainische Soldaten rücken in der Region Saporischschja vor.

Angriff auf ausgebaute russische Stellungen: Ukrainische Soldaten rücken in der Region Saporischschja vor.

(Foto: REUTERS)

Im Süden der Ukraine gerät die Front in der Region Saporischschja in Bewegung. Übereinstimmend berichten russische und ukrainische Quellen von heftigen Gefechten südlich von Orichiw. Bei Robotyne, heißt es, hätten die Ukrainer die erste Linie des russischen Stellungssystems erreicht.

Die ukrainischen Streitkräfte kommen mit der Gegenoffensive im Süden des Landes langsam voran. An mehreren Stellen der Front in der Region Saporischschja kommt es seit Tagen zu größeren Kampfhandlungen. Neben den Vorstößen bei Pjatychatky am Ostufer des Kachowka-Stausees und den Geländegewinnen bei Welikya im Westen der Donezk-Region rücken die Ukrainer auch am Frontabschnitt vor Tokmak südlich von Orichiw vor.

Übereinstimmenden Berichten aus russischen und ukrainischen Quellen zufolge greifen ukrainische Einheiten dabei von Nowodanylіwka entlang der Straße nach Süden Richtung Robotyne an. Die Ukrainer hätten dabei zu Wochenbeginn den Ortsrand von Roboytne erreicht, heißt es.

Der Ort Robotyne war in den vergangenen Wochen schon einmal in die Schlagzeilen geraten: Zu Beginn der lang erwarteten Gegenoffensive hatte das ukrainische Militär dort mehrere Schützenpanzer vom Typ Bradley und auch mindestens zwei Leopard-2-Kampfpanzer in russischen Minensperren rund fünf Kilometer nördlich der Ortschaft verloren.

Das hügelige Gelände nördlich von Robotyne ist von weiten Feldern geprägt und von lang gestreckten Waldstreifen durchzogen. Von Orichiw kommend führt hier die Landstraße T-0408 nach Süden Richtung Tokmak.

Und: Bei Robotyne beginnt die vordere Linie des russischen Stellungssystems mit Panzergräben, gedeckten Geschützstellungen und langen Reihen an Betonhindernissen. Tokmak selbst liegt in der Luftlinie nur noch knapp 25 Kilometer entfernt. Die russische Invasionsarmee hat die Kleinstadt jedoch zu einer Art Festung ausgebaut. Die erkennbaren Verteidigungsanlagen ziehen sich ringförmig in einem weiten Umkreis rund um Tokmak.

Der Vorstoß auf Robotyne wirkt für die russische Seite offenbar alarmierend: In Berichten russischer Militärblogger war zu Wochenbeginn von einem Einbruch ukrainischer Truppen ins russische Grabensystem die Rede. Lokale Gegenangriffe und Artilleriebeschuss der eigenen vorderen Linie sollte die Ukrainer zurückwerfen. Erfolge konnten russische Quellen aus dem Raum Tokmak bisher jedoch nicht vermelden.

Die ukrainische Seite hält sich zu etwaigen Geländegewinnen vor Robotyne zunächst noch bedeckt. Es gebe "schwere Kämpfe" und einige Fortschritte in der Region Saporischschja, erklärte Vize-Verteidigungsministerin Hanna Maljar lediglich. Im jüngsten Lagebericht des ukrainischen Generalstabs hieß es am Dienstagmorgen, der Gegner konzentriere seine Bemühungen in dem Gebiet darauf, das Vorrücken der ukrainischen Truppen zu verhindern.

Das Ausmaß der Kampfhandlungen vor Robotyne lässt sich mit Material aus unabhängigen Quellen zumindest ansatzweise belegen: Auf Satellitenfotos aus den vergangenen Tagen sind die Spuren der Gefechte am Boden bei näherem Hinsehen bereits zu erkennen. In Falschfarbenaufnahmen wirkt das Gelände zwischen Nowodanyliwka im Norden und Robotyne im Süden stellenweise wie zernarbt. Die aufgeworfene Erde der Granattrichter erscheint auf den Satellitenfotos von Ende vergangener Woche dunkel, intakte Vegetation leuchtet rot.

Beide Seiten feuern hier seit Tagen mit Raketenwerfern, Mörsern und Haubitzen auf erkannte Stellungen. Ziel sind Befehlsstände, Truppenansammlungen oder Munitionsdepots. Das Trommelfeuer der vergangenen Tage scheint sich auf die Waldstreifen nordwestlich, nördlich und nordöstlich von Robotyne zu konzentrieren. Der Vergleich mit Aufnahmen von vergangener Woche zeigt, wie sich die Beschussspuren am Boden langsam weiter nach Süden verlagern. Zu Wochenbeginn lag das Gebiet teils unter einer Wolkendecke, neuere Aufnahmen stehen noch aus.

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Wo genau die Frontlinie aktuell verläuft, lässt sich aus der Distanz nicht mit Sicherheit klären. Das Dorf Roboytne zumindest befindet sich allem Anschein nach noch in russischer Hand. Die vorderste Linie der Ukrainer lässt sich auf den Aufnahmen nicht ausmachen. Lokalisierbare Drohnenbilder aus der Region zeigen russischen Beschuss in einem der Waldstreifen rund 1,3 Kilometer nördlich des Dorfes.

Beim ukrainischen Vormarsch am Boden gab es zuletzt Veränderungen. Die ukrainischen Streitkräfte hätten gut einen Monat nach Beginn der Offensive ihre Vorgehensweise neu ausgerichtet, fasste der österreichische Militärexperte Oberst Markus Reisner seine Eindrücke zusammen. Die Ukrainer versuchen demnach nicht mehr, mit größeren Verbänden anzugreifen, sondern stattdessen nur "mit kleinen Sturmgruppen" vorzurücken. "Diese Taktik ist zwar sehr, sehr langsam, aber sie hat Erfolg."

Quelle: ntv.de

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