Aussetzung des Getreidedeals Kiew wirft Russland "erfundene Terroranschläge" vor
29.10.2022, 21:20 Uhr
Immer wieder droht Russland das Getreideabkommen zu stoppen. Ein Angriff auf der Schwarzmeer-Halbinsel Krim dient Moskau nun als Begründung dafür. Die Ukraine kritisiert die Aussetzung des Deals scharf und wirft dem Kreml Erpressung vor. Die UN versucht derweil zu vermitteln.
Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba hat die von Russland verkündete Aussetzung des Abkommens zum Transport von ukrainischem Getreide kritisiert. Moskau blockiere unter einem Vorwand die Transporte, "die Lebensmittelsicherheit für Millionen Menschen bedeuten", schrieb Kuleba auf Twitter. "Ich rufe alle Staaten auf, zu fordern, dass Russland seine "Hunger Games" stoppt und sich wieder an seine Verpflichtungen hält." Die Ukraine habe seit längerem davor gewarnt, dass Moskau aus der Vereinbarung aussteigen könnte.
Russland hat die Vereinbarungen für ukrainische Getreideexporte wegen eines Drohnenangriffs auf die Schwarzmeerflotte in Sewastopol ausgesetzt. Moskau nannte diesen einen "Terrorakt" und beschuldigte die Ukraine. Die ukrainischen Streitkräfte hätten unter Deckung des humanitären Korridors für die Getreideausfuhren per Schiff Angriffe aus der Luft und vom Meer aus gegen die russische Schwarzmeerflotte verübt, teilte das Außenministerium mit. Im Zusammenhang mit diesen Attacken, die die Ukraine unter Anleitung britischer Spezialisten ausgeführt habe, könne die russische Seite nicht mehr die Sicherheit der zivilen Getreideschiffe gewährleisten, hieß es in der Mitteilung des Ministeriums.
Der Stabschef des ukrainischen Präsidenten warf Russland dagegen "Erpressung" und "erfundene Terroranschläge" auf eigene Einrichtungen vor. "Die Primitivität der russischen Erpressung (kann) in allem gesehen werden. Nukleare Erpressung, Energie, Lebensmittel", schreibt der oberste ukrainische Präsidialbeamte, Andriy Yermak, auf Telegram. Russland melde "fiktive terroristische Angriffe auf seine eigenen Einrichtungen".
UN ist mit Russland in Kontakt
Die Vereinten Nationen wollen derweil die Hoffnung auf ein Fortbestehen des Getreideabkommen noch nicht aufgegeben. Man habe die Berichte über die Aussetzung gesehen, sagte ein UN-Sprecher in New York. "Wir stehen mit den russischen Behörden in dieser Sache in Kontakt", hieß es weiter. "Es ist unerlässlich, dass alle Seiten jegliche Handlungen unterlassen, die das Getreideabkommen gefährden, das eine entscheidende humanitäre Anstrengung ist, die eindeutig einen positiven Einfluss auf den Zugang zu Lebensmitteln für Millionen von Menschen weltweit hat."
Im Juli hatte Russland unter Vermittlung der UN und der Türkei den Getreideausfuhren zugestimmt, aber stets auch gedroht, die auf vier Monate angelegte Vereinbarung platzen zu lassen. Moskau beklagt seit langem, dass ein Teil der Vereinbarung vom Sommer nicht umgesetzt werde. Im Abkommen hat sich Russland zur Beendigung der Blockade ukrainischer Seehäfen für den Getreideexport bereiterklärt, forderte aber im Gegenzug Erleichterungen für die eigene Ausfuhr von Dünge- und Lebensmitteln. Russland und die Ukraine sind beide große Getreideexporteuren, die mit den Ausfuhren Milliarden verdienen.
Quelle: ntv.de, hny/dpa