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Entscheidungen vom EGMR Klimaklagen: Seniorinnen erfolgreich, Jugendliche nicht

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In Deutschland haben Aktivisten 2021 mit einer Verfassungsbeschwerde für mehr Klimaschutz Erfolg. Nun klagen Jung und Alt erstmals vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Die eine Gruppe ist erfolgreich, die andere schaut jedoch in die Röhre. Das Urteil könnte ein Präzedenzfall werden.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat Klagen von sechs portugiesischen Jugendlichen und einem französischen Bürgermeister abgewiesen, die ihre Länder zu stärkeren Klimaschutzmaßnahmen zwingen wollten. Gleichzeitig gab das Gericht einer Gruppe Seniorinnen aus der Schweiz recht, die ebenfalls Maßnahmen zur Einhaltung internationaler Verpflichtungen zum Klimaschutz gefordert hatten.

Die Anwälte aller drei Kläger hatten gehofft, der EGMR würde feststellen, dass die nationalen Regierungen rechtlich verpflichtet sind, wie im Pariser Klimaabkommen vereinbart, dafür zu sorgen, dass die globale Erwärmung auf möglichst 1,5 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau begrenzt wird. Doch Richterin Siofra O'Leary, die Präsidentin des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, verkündete unterschiedliche Urteile.

Geklagt hatten neben den Jugendlichen aus Portugal und dem französischen Bürgermeister mehr als 2000 Mitglieder der Gruppe Klimaseniorinnen Schweiz, die angaben, ihre Regierung engagiere sich nicht ausreichend gegen den Klimawandel. Die Seniorinnen erklärten, dass die Rechte älterer Frauen besonders verletzt würden, weil sie am meisten von der extremen Hitze betroffen seien, die aufgrund der globalen Erwärmung immer häufiger auftrete. Sie würden somit in ihrem Recht auf Privat- und Familienleben und in ihrem Recht auf ein faires Verfahren berührt.

EGMR-Entscheidung könnte Signalwirkung haben

Das Urteil an sich bindet erst einmal nur die Schweiz, hat aber große Signalwirkung. Denn: Der EGMR mit Sitz im französischen Straßburg gehört zum Europarat und ist für die Einhaltung der Menschenrechtskonvention zuständig. Zum Europarat zählen die EU-Staaten, aber auch andere große Länder wie die Türkei oder Großbritannien. Das Urteil könnte nun also ein Präzedenzfall für weitere Klimaklagen nicht nur vor dem EGMR, sondern vor unzähligen nationalen Gerichten werden.

Der Fall der Klimaseniorinnen war die erste Klimaklage überhaupt, die vor der Großen Kammer des EGMR angehört wurde. Der Zusammenschluss der Schweizer Rentnerinnen wurde initiiert und unterstützt von Greenpeace. Der Verein hat nach Angaben von Greenpeace über 2500 Mitglieder in der ganzen Schweiz mit einem Durchschnittsalter von 73 Jahren.

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Die Klagen eines französischen Bürgermeisters gegen sein Heimatland sowie von portugiesischen Jugendlichen gegen 32 europäische Staaten wurden jedoch abgewiesen. Dem französischen Politiker fehle die sogenannte Opfereigenschaft, also dass er besonders betroffen sei, so die Richter. Die Jugendlichen hätten sich unter anderem zuerst in Portugal durch die Instanzen klagen müssen, bevor sie den Gerichtshof in Straßburg anrufen. Sofia Oliveira, eine der jugendlichen Klägerinnen, sagte nach dem Urteil, dass sie natürlich enttäuscht sei, aber der Sieg der Klimaseniorinnen ein Sieg für sie alle bedeute.

Die Entscheidung war mit Spannung erwartet worden. Denn der EGMR hat sich zwar zuvor schon mit Umweltemissionen - wie Lärm oder Luftverschmutzung - auseinandergesetzt, aber noch nie mit den CO2-Emissionen eines Landes. Zur Urteilsverkündung reisten mehrere Hundert Menschen an, auch die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg.

Aktivistinnen und Aktivisten waren mit ähnlichen Klagen bereits auf nationaler Ebene erfolgreich, es war jedoch das erste Mal, dass ein internationales Gericht ein Urteil zum Kampf gegen den Klimawandel sprach.

Quelle: ntv.de, als/AP/dpa

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