"Wo ist die Klarheit von Merz?" Klingbeil wirft CDU Mangel an Distanz zur ÖVP vor
07.01.2025, 00:01 Uhr Artikel anhören
Für SPD-Chef Klingbeil sollte die Brandmauer auch in Wien stehen.
(Foto: picture alliance/dpa)
Nach dem Scheitern einer Mitte-Koalition in Wien sieht SPD-Chef Klingbeil die Schuld bei der ÖVP. Sie habe sich den "Rechtsextremen an den Hals" geworfen. Aufseiten der CDU vermisst er einen Tadel an der Schwesterpartei. Während Merz schweigt, kommentiert die CSU das Geschehen ganz anders.
Kurz vor dem erstmaligen Einzug der rechten FPÖ ins Kanzleramt in Österreich hat SPD-Chef Lars Klingbeil der Union fehlende Distanzierung von ihrer Schwesterpartei ÖVP vorgeworfen. Die Konservativen seien innerhalb von 24 Stunden eingeknickt, sagte Klingbeil dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). "Sie haben von der klaren Aussage, dass sie nicht mit der FPÖ koalieren und deren Vorsitzenden Herbert Kickl nicht zum Bundeskanzler wählen werden, eine 180-Grad-Wende zur Unterstützung der Rechtsaußen-Partei gemacht." In rasanter Geschwindigkeit breche die ÖVP ihr Versprechen und werfe sich "den Rechtsextremen an den Hals".
Klingbeil beklagte: "Bisher gibt es dazu keine Distanzierung der Union." Er fragte: "Wo ist die Klarheit von Friedrich Merz, wenn es um die Zusammenarbeit seiner Partner mit einem Rechtsextremen und Putin-Freund wie Kickl geht?" Man hätte in Wien eine Koalition der Mitte bilden können, sagte der SPD-Politiker. "Sie hätte eine Stimmenmehrheit gehabt." Die Bereitschaft der Sozialdemokraten von der Schwesterpartei SPÖ in Österreich sei dagewesen.
Ähnliche Vorwürfe hatte zuvor die CSU in Richtung der Ampel-Parteien gemacht. "Österreich ist schlichtweg ein Warnsignal für Deutschland", sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt beim Auftakt der dreitägigen Klausurtagung der Landesgruppe im oberbayerischen Kloster Seeon. Im ntv-Frühstart sagte Dobrindt, die wirtschaftlichen Schwierigkeiten in Österreich seien vergleichbar mit denen in Deutschland. Und auch dort werde viel über Migration diskutiert. Diese Umstände führten zu politischen Situationen wie in Österreich, sagte Dobrindt. "Und das heißt für Deutschland: Achtung an der Bahnsteigkante. Wir müssen alles daran setzen, dass genau so eine Situation nicht entsteht."
"Wir wollen den Politikwechsel selbst organisieren"
CSU-Chef Markus Söder verwies darauf, dass die FPÖ in Österreich in der Vergangenheit bereits an einer Bundesregierung und auch etlichen Landesregierungen beteiligt gewesen sei - auch mit den österreichischen Sozialdemokraten. Der CSU-Chef erinnerte außerdem an den Rechtsruck bei früheren Wahlen in anderen europäischen Ländern wie den Niederlanden und Italien. Dort hätten "Populisten" besser abgeschnitten als die in der Europäischen Volkspartei (EVP) zusammengeschlossenen Konservativen. "Und ich habe keine Lust, niemals, dass wir am Ende Steigbügelhalter werden für irgendwelche Populisten. Sondern wir wollen den Richtungswechsel und den Politikwechsel selbst organisieren." Österreichische Regierungen hätten nicht den Mut zu einer grundlegenden Wende in der Asylpolitik gehabt. Deshalb strebe die Union dies nach der Bundestagswahl an.
"Der Blick nach Österreich zeigt, was passiert, wenn man nicht mehr bündnisfähig ist", sagte der Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck im Deutschlandfunk. Er verteidigte seine Haltung, wonach demokratische Parteien immer Bündnisse untereinander schließen können müssen, auch wenn sie in Sachfragen unterschiedliche Positionen vertreten. Habeck warnte auch vor einer Entwicklung, in der "die Parteien sich immer weiter auseinanderbewegen". Die CDU wollte sich bislang nicht zu den Vorgängen im Nachbarland äußern.
Quelle: ntv.de, mau