Klitschkos über Angst vor Putin "Die schlimmste Sünde ist, feige zu sein"
06.09.2022, 10:00 Uhr (aktualisiert)
Vitali und Wladimir Klitschko (v.l.) warnen den Westen davor, in seiner Unterstützung der Ukraine nachzulassen.
(Foto: picture alliance / photothek)
Seit Beginn des Krieges in der Ukraine engagieren sich die Klitschko-Brüder für ihr Heimatland - und zahlen dafür auch einen persönlichen Preis. Die Warnungen, westliche Waffenlieferungen könnten eine weitere Eskalation einleiten, halten sie für "feige". Auch Deutschland müsse "Farbe bekennen".
Die beiden ehemaligen Schwergewichts-Weltmeister Vitali und Wladimir Klitschko haben den Westen davor gewarnt, bei der Unterstützung der Ukraine im Kampf gegen die russische Invasion nachzulassen. Die Furcht einiger westlicher Politiker vor einer Eskalation zwischen Russland und der NATO sei nichts anderes als "die Sicht von Feiglingen", sagte Vitali Klitschko, Bürgermeister von Kiew, dem "Stern". Bruder Wladimir fügte hinzu: "Die schlimmste Sünde ist, feige zu sein."
Nur dank der westlichen Militärhilfe habe sein Land der russischen Aggression bisher standhalten können, so Vitali Klitschko weiter. "Ohne diese Hilfe würde die Ukraine nicht mehr existieren." Zur Bilanz des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj nach sechs Monaten Krieg sagte er: "Was er gut gemacht hat, war, dass er die Hauptstadt nicht verlassen hat. Von daher Respekt, einerseits. Was er jetzt für einen Job macht? Das kann man erst später beurteilen."
Erst gestern hatten die ukrainischen Streitkräfte nach Angaben Selenskyjs im gesamten Osten und Süden eine Gegenoffensive gestartet. "Aktives militärisches Vorgehen findet jetzt entlang der gesamten Frontlinie statt: im Süden, in der Region Charkiw, im Donbass", sagte der Präsident. Innerhalb des Landes gibt es aber auch Kritik an Selenskyj, weil er die Bevölkerung lange über die Kriegsgefahr im Unklaren gelassen haben soll.
"Deutschland muss wieder Farbe bekennen"
Die Bundesrepublik rief Wladimir Klitschko nach sechs Monaten Krieg zu mehr internationalem Engagement auf. "Deutschland muss wieder lernen, Farbe zu bekennen, es muss selbstbewusst zeigen, für welche Werte es steht", sagte der 46-Jährige. "So wie 2006, als die Deutschen bei der Fußball-WM zum ersten Mal stolz zu ihrer Nation standen." Zugleich bekräftigte er die Forderung nach einem Visa-Bann der Schengen-Staaten für russische Staatsbürger, dem die Bundesregierung bisher eher skeptisch gegenübersteht.
Den beiden Brüdern hat der Krieg auch einen persönlichen Preis abverlangt. Vitali Klitschko, der vergangene Woche die Trennung von seiner Ehefrau bekannt gegeben hat, erklärte: "Man sieht seine Familie nicht oft. Man investiert das Wichtigste, das man hat, seine Lebenszeit. Ich investiere 24 Stunden am Tag in meine Stadt, an sieben Tagen der Woche. Es ist schwierig, aber ich genieße es."
Mit Blick auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin sagte der Ex-Boxer und Politiker, ein wichtiger Unterschied zwischen der ukrainischen und der russischen Gesellschaft sei, dass die Ukrainer Führer ablehnten. "In der Ukraine kann man die Gesellschaft nicht dazu bringen, Willkür zu akzeptieren", so Vitali Klitschko. "Die russische Mentalität braucht immer einen, der führt."
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(Dieser Artikel wurde am Mittwoch, 31. August 2022 erstmals veröffentlicht.)
Quelle: ntv.de, Stern