Wissing und Scholz widersprechen Koalitionäre spekulieren über vorzeitiges Ampel-Aus
01.11.2024, 13:52 Uhr Artikel anhören
Die gegenwärtige Situation in der Ampelkoalition sorgt nicht nur bei den Beteiligten für Kopfschmerzen. (Archivbild)
(Foto: picture alliance / dts-Agentur)
Angesichts langwieriger Streitigkeiten wird nicht das erste Mal über ein vorzeitiges Ende der Ampelkoalition spekuliert. Vertreter von SPD, FDP und Grünen signalisieren, dass die nächsten Tage und Wochen entscheidend seien. Von der Regierungsbank ertönen derweil Durchhalteparolen.
Mehrere Abgeordnete der Ampelparteien halten ein Ende der Koalition in den kommenden Wochen für möglich. "Mit der nächsten Sitzungswoche beginnt die Nagelprobe für die weitere Existenz dieser Regierungskoalition", sagte etwa Christoph Meyer, Vizechef der FDP-Fraktion, dem "Spiegel". Auch in der SPD-Fraktion signalisieren Abgeordnete, dass der Bruch eine Option sei. "Wir sehnen den Koalitionsbruch nicht herbei", sagte Tim Klüssendorf, SPD-Abgeordneter und Sprecher der Parlamentarischen Linken in der Fraktion dem Magazin. "Aber wir sollten die Ampel auch nicht um jeden Preis fortsetzen."
Andere in den Ampelfraktionen warnen hingegen davor, die Auseinandersetzung weiter zu befeuern. "Da wird gerade eine Zuspitzung konstruiert, die aus meiner Sicht nicht nötig wäre", erklärte etwa der SPD-Abgeordnete Erik von Malottki. Es sei bei Haushalt, Wirtschaft und Rente gut möglich, sich zu einigen. Auch Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge rief dazu auf, sich zusammenzuraufen. "Der Gipfelstreit zwischen Olaf Scholz und Christian Lindner ist eigentlich in der Realität nicht wichtig", sagte sie dem "Spiegel". "Relevant ist, dass wir jetzt eine Einigung zum Haushalt finden." Die Milliardenlücke lasse sich gemeinsam schließen.
Bundesverkehrsminister Volker Wissing sprach sich derweil vehement für einen Verbleib der FDP in der Ampelkoalition aus. "Teile der Koalition" hätten "immer wieder diskutiert, ob ihre Partei die Regierung nicht besser verlassen sollte", schreibt Wissing in einem Gastbeitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (FAZ). Der FDP-Politiker sieht das sehr kritisch: "Welchen Grund sollte es dafür geben? Weil die anderen Parteien andere Überzeugungen haben? Das wäre ein albernes Argument, denn das wussten alle schon vorher."
Die Koalition vor Ablauf der Legislatur aufzulösen, bezeichnet Wissing als "respektlos" vor dem Souverän. "Es sind die Bürger, die über die Möglichkeiten der Mehrheitsbildung entscheiden, nicht Politiker oder Parteitage", schreibt Wissing und schlussfolgert: "Koalitionen sind nicht einfach. Regieren ist nicht einfach. Demokratie ist nicht einfach. Wir tragen die Verantwortung dafür, dass es gemeinsam gelingt."
Hebestreit erkennt "gutes Regierungshandeln"
Gerade die aktuelle politische Situation erfordere von den demokratischen Parteien, sich nicht nur darüber zu definieren, welche Positionen der anderen sie ablehnten, schreibt der Minister weiter in der FAZ. Politik dürfe sich nicht darauf reduzieren, andere Entscheidungen, Werte und Haltungen zu diskreditieren. Vielmehr müsse es darum gehen, aus der eigenen Haltung heraus mehrheitsfähige Lösungen für die ganze Gesellschaft zu erarbeiten.
Regierungssprecher Steffen Hebestreit sieht die Zukunft der Koalition trotz der jüngsten Verstimmungen nicht gefährdet. "Ich habe nicht den Eindruck, dass irgendwer dabei ist, sich in die Büsche zu schlagen", sagte der Sprecher von Kanzler Scholz in Berlin. Er gehe davon aus, "dass man konstruktiv die nächsten knapp elf Monate bis zum regulären Wahltermin für die nächste Bundestagswahl miteinander zusammenarbeiten wird."
Die separaten Gespräche von Scholz und Lindner mit Wirtschaftsvertretern zu Lösungen gegen die Konjunkturschwäche stünden nicht in Konkurrenz zueinander, sondern seien "gutes Regierungshandeln", so Hebestreit weiter. Die Treffen von Scholz im Kanzleramt mit Industrie- und Gewerkschaftsvertretern sollen bis "Anfang Dezember, Mitte Dezember" zu einem Abschluss kommen. Ergebnisse würden dann in der Regierung gemeinsam diskutiert, um zu sehen, "wohin das dann gemeinsam führt". Er sei da aber "sehr zuversichtlich". Dies gelte auch für die derzeit laufenden Verhandlungen über den Bundeshaushalt 2025.
Die Verhandlungen über den Haushalt sollen nach bisheriger Planung bei der Bereinigungssitzung im Bundestagsausschuss am 14. November abgeschlossen werden. Das Budget soll dann am 29. November im Plenum beschlossen werden. Noch gibt es aber angesichts eines Milliardenlochs und unterschiedlicher Vorstellungen in der Koalition erheblichen Verhandlungsbedarf.
Quelle: ntv.de, fzö/AFP